In Deutschland gibt es noch immer zu wenig Betreuungsplätze vor allem für Kinder unter drei Jahren. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung.
Laut der Studie "Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme" fehlten 2022 bundesweit fast 430.000 Kitaplätze. Besonders schlecht sieht es demnach in den alten Bundesländern aus, wo 385.900 Plätze fehlten. Bayern etwa hatte 2022 eine Lücke von rund 70.000 Plätzen. Damit kann der Freistaat den 2013 eingeführten Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung nicht voll erfüllen. Nur etwa 30 Prozent der unter Dreijährigen wurden 2022 im Freistaat in einer Kita betreut, Bedarf bestand laut der Studie aber für 42 Prozent. Auch bei den älteren Kindern klaffte eine Lücke. Insbesondere in Ballungsräumen und Großstädten gab es zu wenig Kita- und Hortplätze.
Die Lücke beim Betreuungsangebot schaffe Probleme für Familien bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, so die Studie. Noch schwerer wiegt für die Experten aber der mangelnde Zugang für Kinder zu frühkindlicher Bildung. Der Umfang der Betreuungsangebote und damit der Zugang zu Bildung hänge insbesondere in Westdeutschland stark vom Wohnort ab. Nicht nur Kinder, die armutsgefährdet seien, würden dadurch in ihrem Bildungsweg benachteiligt.
Stellenschlüssel im Alltag nicht gegeben
Doch auch in den bestehenden Einrichtungen werden nach Einschätzungen der Stiftung viele Kinder wegen des Personalmangels derzeit nicht kindgerecht betreut. Der Betreuungsschlüssel sei oft nicht ausreichend. Die Empfehlung von Experten für den Betreuungsschlüssel in Kinderkrippen lautet eins zu drei. Im Kindergarten soll eine Fachkraft 7,5 Kinder betreuen. Tatsächlich sei der Schlüssel im Alltag, verstärkt durch Urlaubs- und Krankheitstage oder Teamgespräche, oft nicht gegeben, so das Ergebnis der Studie. Zahlreiche Kitas könnten ihren Bildungsauftrag somit nicht erfüllen. Das sei ein „untragbarer Zustand“ für die Kinder wie auch das Personal.
Neben dem Ausbau der Kinderbetreuung brauche es deshalb in allen Bundesländern langfristige Strategien für die Gewinnung und Qualifizierung von neuen Fachkräften sowie attraktive Beschäftigungsbedingungen, damit das Personal im Berufsfeld bleibe, mahnen die Experten. Dafür sei eine abgestimmte und verbindliche Kooperation von Bund, Ländern, Kommunen und Trägern nötig. Zudem sollte sich der Bund über die Leistungen des Kita-Qualitätsgesetzes hinaus an der Finanzierung der frühkindlichen Bildung verlässlich beteiligen.
Große Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern
Für die westdeutschen Bundesländer ist laut Bertelsmann-Studie insbesondere der hohe Bedarf an Kita-Plätzen eine enorme Herausforderung. Lediglich Hamburg kann laut Prognose bis 2030 sowohl die aktuellen Elternbedarfe als auch kindgerechte Personalschlüssel erfüllen. Auch für Niedersachsen wären beide Ziele realistisch, mit etwas mehr Anstrengungen ebenso für Schleswig-Holstein. Die meisten West-Bundesländer könnten bis 2030 die aktuellen Elternbedarfe decken und bei der Personalausstattung zumindest den West-Durchschnitt erreichen. Allerdings müssten dazu mehr Fachkräfte gewonnen werden, als der Prognose zufolge zur Verfügung stehen. Quelle: www.bertelsmann-stiftung.de , Fachkräfte-Radar für Kita und Grundschule 2023