Qualität, Transfer und Diskurs als Auftrag

Das Institut für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit (IBEB) stellt sich vor. Lesen Sie einen Gastbeitrag unseres Autors Dr. Armin Schneider.

1. Herausforderungen in Gegenwart und Zukunft als gemeinsame Aufgabe

Der stetige Wandel der Gesellschaft zeigt sich oft und gerade in den Kindertageseinrichtungen. Sowohl Entwicklungen auf der Makroebene der Gesellschaft, wie zum Beispiel Verschiebungen in der Zusammensetzung der Bevölkerung, als auch Veränderungen auf der Mikroebene in der Familie zeigen sich schnell und direkt in einer Kita. In einem „kompetenten System Kindertagesbetreuung“ gilt es diese zentrale Stellung der Kindertagesbetreuung wahrzunehmen und den Einrichtungen vor Ort die dafür erforderliche Unterstützung und die Verteilung der teilweise knappen Ressourcen zu gewährleisten.

So werden beispielsweise Kitas in den letzten Jahren sowohl in städtischen als auch in ländlichen Kontexten stärker als je zuvor Dreh- und Angelpunkte für alle Familienbelange. In Form von Familien- oder Nachbarschaftszentren übernehmen sie wichtige zusätzliche Aufgaben. Hierfür benötigen die Kitas zeitliche und finanzielle Ressourcen. Zudem muss der fachliche Austausch und Diskurs zwischen Fachpraxis, Fachpolitik und Wissenschaft stattfinden, um den veränderten Herausforderungen qualitätsorientiert zu begegnen.

Wichtig: Der Brückenschlag zwischen den Akteuren im System der Kindertagesbetreuung ist eine zentrale Aufgabe des Instituts für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit (IBEB) in Koblenz.

2. Das „kompetente System Kindertagesbetreuung“ als Ziel

Das Institut für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit | Rheinland-Pfalz (IBEB) wurde zum 1. Januar 2016 an der Hochschule Koblenz als wissenschaftliche Einrichtung der Hochschule im Fachbereich Sozialwissenschaften gegründet.

Das in der Grundausstattung aus Mitteln des Landes Rheinland-Pfalz und Eigenmitteln der Hochschule Koblenz finanzierte Institut hat die Zielsetzung der Darstellung, Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der Kindertagesbetreuung in Rheinland-Pfalz inklusive der Aus- und Fortbildungen in diesem Bereich. Dabei umfasst es die Altersspanne der gesamten Kindheit, hat demnach etwa auch die Betreuung in der Grundschule zum Gegenstand. Bildung, Erziehung und Betreuung werden hierbei als Einheit verstanden, die ihre je eigenen Besonderheiten haben und jeweils auf einem hohen qualitativen Niveau weiterentwickelt werden sollen.

Zusammenwirken von Praxis, Theorie und Politik

Das Institut arbeitet im Wesentlichen im Bereich des Transfers zwischen Wissenschaft, Politik, Praxis und Trägerverantwortung zur Unterstützung eines kompetenten Systems in diesem Feld und hat damit eine Aufgabe, die auch über Rheinland-Pfalz hinausgehend ein Alleinstellungsmerkmal des Instituts darstellt. Dabei wird der Transfer als wechselseitiger Transfer sowohl von der Praxis zur Wissenschaft als auch von den Trägern zur Politik oder von der Politik zur Praxis verstanden.

Die Ausrichtung auf das „kompetente System“ zum Wohle der Kinder lässt einen systemischen Auftrag des Instituts erkennen, der mehrere Verantwortliche und deren Zusammenwirken in den Blick nimmt. In Praxis, Theorie und der Politik hat sich, auch aufgrund entsprechender Forschungen, inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass nur das kontinuierliche Zusammenwirken verschiedener Professioneller aus unterschiedlichen Perspektiven auf einem hohen Niveau eine hohe Qualität von Bildung, Erziehung und Betreuung gewährleisten kann.

Wichtig: Weder gute pädagogische Fachkräfte, noch gute Leitungen, noch gute Träger, noch politische Überlegungen können isoliert eine für Kinder und ihre Familien gute Kindertagesbetreuung gewährleisten. Vielmehr ist dies nur zu ermöglichen, wenn die Beteiligten Hand in Hand mit den Familien in ihrem jeweiligen Lebens- und Sozialraum arbeiten.

Der oft zitierte afrikanische Spruch „Zur Erziehung eines Kindes bedarf es eines ganzen Dorfes“ kann hier sowohl lokal und horizontal (im Sinne des Einbezugs und der Aneignung im Sozialraum) als auch regional, überregional und vertikal (im Sinne von verschiedenen Verantwortungsebenen) verstanden und genutzt werden.

Der Standort des IBEB an der Hochschule Koblenz ist dabei insbesondere im Hinblick auf die fünf berufsbegleitenden Studiengänge entscheidend. An der Hochschule Koblenz werden vier Bachelorstudiengänge zum Bildungs- und Sozialmanagement, zur Frühpädagogik und zu Bildung und Erziehung [einmal in Koblenz, einmal in Wien] sowie ein Masterstudiengang Kindheits- und Sozialwissenschaften mit vier Vertiefungsschwerpunkten angeboten. Mehr Infos unter Hochschule Koblenz/sozialwissenschaften.

Dialog zwischen Hochschule und Praxis

Infolge der Möglichkeit, berufliche Tätigkeit und Studium zu verbinden, kommen im Feld der frühen Kindheit Praktiker*innen aus verschiedenen Einrichtungen und Trägerkonstellationen zusammen, womit ein Dialog zwischen Hochschule und Praxis fest „installiert“ ist. Schon vor der Einrichtung des Instituts gab es hier kleinere und größere Projekte, wie zum Beispiel Evaluationsstudien zu Trägerzusammenschlüssen, Studien zum Übergang Kita-Grundschule, Erhebungen zu Weiterbildungsbedarfen bei Trägern, die den Transfer mit Evaluationen, Forschungsvorhaben und Entwicklungen vorantrieben. Diese Ressourcen sollen verstärkt und systematisch vom Institut genutzt und erweitert werden.

Weiterhin ist eine enge Zusammenarbeit mit den „Spitzen“ der Kindertagesbetreuung in Rheinland-Pfalz, namentlich den Kirchen, Wohlfahrtsverbänden, kommunalen Spitzenverbänden, den Ministerien und Verwaltungen auf Landesebene und dem Landeselternbeirat vorgesehen. Eine inspirierende und konstruktive Begleitung erfährt die Arbeit des Instituts durch einen Beirat, dem neben einer Reihe von rheinland-pfälzischen Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Akteursperspektiven auch Vertretungen anderer Hochschulen, Institute und Gewerkschaften angehören.

Das IBEB ist zwar in Rheinland-Pfalz angesiedelt und hat dort seinen Auftrag. Allerdings werden die Effekte und Forschungsergebnisse dieses neuen Instituts bundesweit für die Kitas von Bedeutung sein, zumal das Institut von seiner Aufgabe heraus auf vielfältige Kontakte, Forschungsergebnisse und eigene Forschungsvorhaben in Bezug auf ein kompetentes System der Kindertagesbetreuung angewiesen ist.

Hierzu arbeitet das IBEB mit weiteren Instituten, wie etwa dem Niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe) oder dem Staatsinstitut für Frühpädagogik in Bayern (ifp) auf Landes-, Bundes- und internationaler Ebene zusammen und ist im Dialog mit Einrichtungen und Stiftungen, um einige der bislang wenig erforschten Felder des „kompetenten Systems“ zu erschließen. Zu erwarten ist daher, dass die Transfer- und Diskursphilosophie/-strategie des IBEB ihre Wirkung über Rheinland- Pfalz hinaus entfaltet.

Erste Erfahrungen aus der Praxis finden Sie beispielsweise in:

  • Pohlmann, U. et al. (2016): Haltung entwickeln – Qualität zeigen
  • Schneider, A. et al. (2015): Kindertageseinrichtungen: Qualitätsentwicklung im Diskurs
  • Schneider, A. (Hrsg.) (2015): Die Kita als Türöffner – Wege zur Sozialraumorientierung

Verantwortet wird das Institut von einem Vorstand. Dieser setzt sich folgendermaßen zusammen: drei gewählte Professor*innen aus dem Fachbereich Sozialwissenschaften der Hochschule Koblenz (darunter der Direktor) und eine vom zuständigen Landesministerium entsandte Person. Der feste Personalstamm, bestehend aus einem Direktor, einer Geschäftsführung und zwei wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen, wird durch entsprechende Projekte aufgestockt. Damit sind sowohl eine kontinuierliche Arbeit an den genannten Themen als auch die adäquate Arbeit an aktuellen (Forschungs-)Fragestellungen möglich.

3. Diskurs heißt, andere in ihren Interessen und Absichten wahrzunehmen

Diskursive Prozesse im Kontext der Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit zeigen die grundlegende Bedeutung von Partizipation und Demokratie sowohl in der Kindheit selbst als auch in der Organisation, Verantwortung und Durchführung in den einzelnen Einrichtungen. Mit der zentralen Aufgabe eines Diskurses verschiedener Akteure vertritt das Institut einen Qualitätsbegriff, der eher dynamisch und vielfältig ist als statisch und eindimensional.

„Anders ausgedrückt: Es gibt immer Alternativen und es gibt viele Geschichten über die frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung. Anstatt aber über die ‚Qualität‘ der frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung zu reden, anstatt ‚gute Qualität‘ unter der Fassade einer scheinbar objektiven Wahrheit definieren zu wollen, sollten wir stattdessen reden (dialogisch, konfrontativ, argumentativ) über Alternativen und Wahlmöglichkeiten.“
(Moss 2015, S. 37)

Dieser diskursive Begriff von Qualität entspricht in Rheinland-Pfalz einer Tradition, aus der heraus auch die hiesigen Bildungs- und Erziehungsempfehlungen sowie die Qualitätsempfehlungen entstanden sind (vgl. Ministerium 2014). Die damals noch als Vorschulerziehung bezeichnete Arbeit wurde in Rheinland-Pfalz bereits vor dem (bundesweit ersten) Kindergartengesetz 1970, das den eigenständigen Bildungsauftrag des Kindergartens gegenüber der Schule beschreibt, in Form von Modellversuchen wissenschaftlich begleitet und später zum Situationsansatz weiterentwickelt (vgl. Roth 2015, S. 19).

Infolge des sogenannten PISA-Schocks entstehen seit 2002 im Diskurs der Kita-Spitzen die Bildungs- und Erziehungsempfehlungen, die auf die frühere Tradition Bezug nehmen. In diesem Diskursprozess gab es Befragungen für alle Kindertageseinrichtungen in Rheinland-Pfalz. Damit wurde der Fachpraxis ein aktiver Teil des Diskursprozesses nicht nur zugestanden, sondern in ihr auch tief verankert, sodass er heute aktiv zum Einsatz kommt.

Dies zeigt sich im institutionalisierten halbjährlichen „Kita-Tag der Spitzen“ als permanente Diskursplattform der Verantwortungsträger sowie in den Qualitätsempfehlungen, in denen der Diskurs ebenfalls benannt ist: „Qualitätssicherung wird verstanden als fortwährender Prozess einer Qualitätsentwicklung, dem diskursive und dialogische Verfahren und Instrumente zugrunde liegen. Einer Haltung der Partizipation wird Rechnung getragen. Respekt und Wertschätzung gegenüber der Fachpraxis sind Voraussetzungen für das Interesse, die Qualität in Kindertagesstätten zu sichern und weiterzuentwickeln“ (Ministerium 2014, S. 160).

Eine Einbeziehung eines wissenschaftlichen Instituts in Form der HS Koblenz ist daher sowohl logische Konsequenz der Entwicklung im Land als auch eine weitere Form der Festigung des diskursiven Ansatzes, der diesen zur Grundlage des Handelns in Transfer und Qualitätsentwicklung macht. Das Institut fördert mit wissenschaftlicher Perspektive den landesweiten Diskurs und öffnet darüber hinaus nationale und internationale wissenschaftliche Perspektiven letztlich von und für Kindertageseinrichtungen in Rheinland-Pfalz.

Das Institut wird jährlich einen Kita-Kongress in Form eines landesweiten Diskursforums anbieten, zu dem von allen Seiten Vertreter*innen eingeladen werden, sich über unterschiedliche Themenstellungen auszutauschen. So erhält der Diskurs auch in einer größeren Form einen verlässlichen Ort.

4. Transfer findet vor Ort statt und bedarf der Beteiligung

Aus dieser diskursiven Haltung heraus versteht das IBEB den wechselseitigen Transfer von Wissen und Erfahrungen als Dienstleistung zwischen den verschiedenen Akteuren und Partnern im System der Kindertagesbetreuung.

Wichtig: Ein Transfer kann nur unter zwei wesentlichen Voraussetzungen gelingen: Der jeweilige Gegenstand muss „anschlussfähig“ zu den einzelnen Systemen sein. Zudem bedarf es einer Offenheit aller Akteure für das Gesamtsystem. Ersteres kann nur dann erfolgen, wenn die Sprachen und Interessen der jeweils anderen verstanden und gesprochen werden, letzteres nur, wenn der eigene Anteil als Teil eines größeren Ganzen wahrgenommen wird. Transfer ist demnach keineswegs voraussetzungslos.

Eine weitere Grundlage für einen konstruktiven Austausch ist die Beteiligung aller Akteure in den laufenden Prozessen. Im Wissenschafts- und Bildungskontext kann davon ausgegangen werden, dass eine Einbindung von betroffenen Personen wie zum Beispiel den pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kitas bereits bei der Entwicklung neuer Modelle und Konzepte wesentlich zu einer gelingenden Implementation und einem Transfer beiträgt.

Wichtige Einflussfaktoren zur Umsetzung neuer Ideen im Bereich der Bildung sind, neben der Innovation selbst, auch die Merkmale der einzelnen Akteure, der Organisation sowie deren Umfeld und Unterstützung (vgl. Gräsel 2010). So spielen der Sozialraum, die Vernetzungsmöglichkeiten und die strukturellen Rahmenbedingungen einer Kita eine entscheidende Rolle für die Umsetzung neuer Konzepte. Gerade aus einer systemischen Perspektive heraus kann nicht länger davon ausgegangen werden, dass in anderen Systemen „nur noch angewendet“ oder „nur noch übertragen“ werden kann. Die jeweils eigene Systemlogik muss diese Anforderungen, Ideen oder Konzepte von außen integrieren, Neues muss für das System einen Sinn ergeben.

So sollte beispielsweise die Qualitätsentwicklung und -sicherung eine direkt fassbare Bedeutung für die Kita haben und darf nicht nur um ihrer selbst willen betrieben werden. Partizipation ist hierfür ein wichtiger Erfolgsgarant. „Gute Strategieumsetzung beginnt […] weit vor der eigentlichen Umsetzung. Sie beginnt mit einem partizipativen Strategieentwicklungsprozess und einer realistischen, faktenbasierten Planungsphase, in der potenzielle Interessenkonflikte und Ressourcenengpässe früh adressiert werden“ (Eppler 2009, S. 43).

Transfer braucht Orte und Räume. Das Koblenzer Institut will hierzu neben dem Dialog mit den einzelnen Akteuren sogenannte Diskursforen anbieten, in denen aus jeweils einer Akteursperspektive Themen aufgenommen und für den weiteren Diskurs gemeinsam erarbeitet werden. Weiter zu entwickeln sind auch digitale und andere Kommunikationsformen, um Informationen, Forschungsergebnisse und Praxiserkenntnisse jeweils adressatenspezifisch aufzubereiten und für Transfer- und Implementationsprozesse nutzbar zu machen.

5. Aktuelle Herausforderungen als Aufgabe des IBEB

Gesellschaftlich relevante Themen machen auch vor Kindertageseinrichtungen nicht halt. In gewisser Weise scheint eine Kindertageseinrichtung ein „geschützter Raum“ für Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern zu sein, jedoch nicht im Sinn einer „anderen Welt“ oder einer Parallelwelt.

Beispiel: Digitalisierung: In dem Maße, wie etwa Eltern, pädagogische Fachkräfte und ältere Geschwister selbstverständlich in der digitalen Welt agieren, wird dies auch früher oder später die Lebenswirklichkeit der Kinder berühren und beeinflussen. Jedes Verhalten hierzu, von völliger Abschottung bis hin zu aktiver Nutzung, trägt zur Erziehung bei. Hier wie auch in anderen Feldern und bei anderen gesellschaftlichen Themen müssen nicht nur Kosten und vermeintlicher Nutzen realistisch und datenbasiert abgewogen werden, sondern auch Formen und Konzepte entwickelt werden, wie diese Querschnittsthemen im Alltag einer Kindertageseinrichtung angemessen zum Wohl der Kinder genutzt werden können.

Derzeit ist eine Entwicklung von Kindertageseinrichtungen in Richtung Familienzentren und sozialraumgestaltende Einrichtungen zu beobachten. Die Folge: Eine Einrichtung agiert verstärkt in diesem Sozialraum, die Kinder eignen sich diesen an und Eltern sind in diesen eingebunden. Für die pädagogische Praxis bedeutet die Sozialraumorientierung eine verstärkte Arbeit im und mit dem Bezugssystem der Kinder in Familie und Sozialraum (vgl. dazu Schneider 2015a). Bezogen auf die Digitalisierung der (Kinder-)Welt bedeutet eine Hinwendung zum Sozialraum auch die Einbeziehung dieses Themas in die Arbeit mit den Eltern und im Sozialraum, u.a. auch in der Zusammenarbeit mit der Grundschule (Übergang Kita – Grundschule).

Qualität in Kindertageseinrichtungen wird vielfach noch von einer einseitig positivistischen Perspektive aus gesehen und in allen Bereichen als mess- und steuerbar beschrieben (vgl. Moss 2015, S. 33). Dabei muss in den Blick genommen werden, dass gerade bei der Anwendung unterschiedlicher Qualitätskonzepte in den letzten beiden Jahrzehnten in den Kindertageseinrichtungen inzwischen oft ein neues Denken von Qualität anzutreffen ist (vgl. Schneider 2015b). Dieses „neue Denken“ ist teils aus der Ernüchterung über aus anderen Bereichen adaptierte Systeme, teils aus neuen Herangehensweisen entstanden. Es ist wesentlich dadurch gekennzeichnet, dass es von einem eher dynamischen, partizipativen und diskursiven Begriff ausgeht, der dem pädagogischen Geschehen vor Ort wesentlich gerechter wird.

So wird der Qualitätsbegriff nicht mehr nur als Leitbegriff diskutiert, sondern gemeinsame Qualitätsstandards werden verhandelt und formuliert. Einen Beitrag dazu leistet der vom Institut entwickelte Ansatz der „Qualitätsentwicklung im Diskurs“, der vor allem auch die individuelle und kollektive Haltung thematisiert. Qualität in der Kita ist nicht nur abhängig vom „methodischen Geschick“ der Mitarbeiter*innen. Von großer Bedeutung ist hier insbesondere die hinter dem pädagogischen Handeln stehende Haltung. Diese ist wirkmächtiger als allgemein angenommen, daher muss die eigene Haltung der Fachkräfte und des Teams „besprechbar gemacht“ und reflektiert werden (vgl. Pohlmann et al. 2016; Schneider et al. 2015).

Ein weiterer wichtiger Bereich, der auch von den pädagogischen Fachkräften vor Ort als Bedarf gesehen wird, ist die Nutzung von unterschiedlichen Professionen in einer Einrichtung (Stichwort: multiprofessionelle Teams). Auch hierzu bedarf es Ressourcen und gemeinsamer Lernprozesse.

6. Trägerqualität stärkt pädagogische Arbeit vor Ort

Stärker als bisher sind Träger gefordert, zum einen ihrer Verantwortung gerecht zu werden, zum anderen aber auch Unterstützungssysteme zu bieten, um die vielfältigen Aufgaben vor Ort bewältigen zu können.

In den vergangenen Jahren wurde sehr viel Energie in die Aus- und Fortbildung von Leitungen investiert. Dies kann sich jedoch nur dauerhaft lohnen, wenn auch andere Teile des kompetenten Systems hier „mithalten“. Dazu werden teilweise noch verschiedene Modelle erprobt, teilweise haben sich auch schon Trägerverbünde, Koordinatoren und Regionalleitungen und dergleichen etabliert. Das IBEB wird die Trägerqualität als Teil des kompetenten Systems in den Fokus nehmen und beispielsweise in Diskursforen mit den Trägern bereits vorhandene Ideen und bewährte Arbeitsweisen weiterentwickeln.

In einem Bundesland wie Rheinland-Pfalz, das in vielen Bereichen ländlich strukturiert ist, ist eine Vielzahl kleinerer Träger vorhanden (Orts- und Kirchengemeinden, Elterninitiativen).

Wichtig: Vor dem Hintergrund des Kindeswohls und eines qualitativ vergleichbar hohen Angebots darf die Qualität einer Kita nicht von der Größe des Trägers oder dessen Ausrichtung abhängig sein.

Dennoch verfügt ein kleiner Träger nicht über die Unterstützungssysteme großer Träger, obwohl diese nicht weniger erforderlich sind. Hier sind aus heutiger Sicht vor allem zwei Dinge wichtig:

  • Zunächst einmal die Diskussion um „intelligente“ Trägerzusammenschlüsse, die einen Ausgleich zwischen der Nutzung von Größeneffekten und den Vorteilen der Nähe, der oft ausgeprägten Identität und der Verflochtenheit mit dem Sozialraum nutzen.
  • Zudem ist es erforderlich, das Unterstützungssystem für kleinere Träger u.a. durch klare Rollen und Kompetenzen von Fachberatungen zu stärken. In diesem Feld sind in der Praxis noch sehr unterschiedliche und weit auseinandergehende Konzepte vorhanden.

7. Das Logo des IBEB als Symbol für Austausch und Diskurs

Das Logo als Programm

Das Logo des neuen Instituts symbolisiert in der Form der Pyramide die Systematik der Wissenschaft.

  • Als Spitze der Pyramide steht die Kompetenz, die sich sowohl auf das System als auch die einzelnen Akteure und die Arbeit der Hochschule Koblenz bezieht.
  • Im Mittelpunkt stehen die Kernaufgaben des Diskurses und des Transfers.
  • Basis der Pyramide ist die Verantwortung der jeweiligen Akteure und die geteilte Verantwortung in einer Verantwortungsgemeinschaft.
  • Komplettiert wird das Logo von den zwei Dreiecken Qualität im Sinne einer Qualitätsentwicklung und Sicherung und Forschung.

In den Verben „… INITIIEREN, GESTALTEN, FÖRDERN, ORGANISIEREN, ENTWICKELN …“ werden die Tätigkeiten des Instituts erkennbar, die auf ein kompetentes System ausgerichtet sind.

Im Logo des Instituts kommt der Diskurs, der auch zum „Querdenken“ einlädt, dadurch zum Ausdruck, dass in der systematischen Struktur eines der Dreiecke „auf den Kopf“ gestellt ist und dieses Dreieck „Diskurs“ neben durchgehend farbigen Dreiecken in graugehalten wird. Dies ist nicht mit der Intention eines „bedeutungslosen Mausgrau“ konzipiert. Vielmehr ist die Farbe Grau die Summe aller Farben, in der sich sowohl in der additiven als auch in der subtraktiven Mischung alle Farben einbringen, wenn der Anteil der jeweiligen Grundfarben (also entweder rot-gelb-blau oder cyan-magenta-gelb) gleich ist. (Im Original ist das Logo des IBEB in unterschiedlichen Farben dargestellt. Die dabei gewählten Farben stellen zum einen in den Blautönen den Bezug zum Logo der Hochschule Koblenz her, in den Farben „schwarz-rot-gold“ den Bezug zum Land Rheinland-Pfalz. Gerade diese Farben wurden beim Hambacher Fest 1832 im vorderpfälzischen Hambach als Zeichen der Republik und damit als Symbol von Freiheit, bürgerschaftlichen Rechten und Bildung getragen. Das graue umgedrehte Dreieck steht für den Diskurs. Das Logo im Original finden Sie auf der Website des Instituts unter www.ibeb-rlp.de.

Damit wird der Diskurs sowohl als Wahrnehmung der Interessen anderer als auch als eine Aushandlung in einer Balance symbolisiert. Hier geht es jedoch nicht um eine Beliebigkeit, sondern um eine Ausrichtung an dem gesetzlichen und gesellschaftlichen Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe zum „Wohl des Kindes“, der in § 1 SGB VIII beschrieben wird: „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.“

Fazit

Das IBEB bietet den Kitas unterschiedliche Anknüpfungspunkte. Einerseits können die Teams und auch die Träger sich über aktuelle Entwicklungen, Forschungsergebnisse und Literatur informieren, andererseits können die pädagogischen Fachkräfte in den Veranstaltungen, Diskussionen und Foren des IBEB ihre Erkenntnisse aus der Praxis und ihr Erfahrungswissen einbringen. Dadurch bereichern die Mitarbeiter*innen der Kitas die Qualitätsentwicklung im Diskurs mit ihrem fachpraktischen Expertenwissen. Die Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität in den Kitas orientiert sich somit an der praktischen Arbeit und den Rahmenbedingungen vor Ort. Ein Schritt, den sich pädagogische Fachkräfte schon lange wünschen.

Literaturhinweise und Links

Eppler, M. J. (2009): Die Wissenschaft der Strategieausführung: Implikationen für die Praxis. In: Organisationsentwicklung 1/2009. S. 41 ff.

Gräsel, C. (2010): Transfer und Transferforschung im Bildungsbereich. ZfE 3/2010. S. 7–20.

Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Rheinland-Pfalz (2014): Bildungsund Erziehungsempfehlungen für Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz. Cornelsen, Berlin.

Moss, P. (2015): Über Qualität hinaus zu einer ethischen und politischen Frühpädagogik. In: Kalicki, B./Wolff-Marting, C. (Hrsg.): Qualität in aller Mund. Herder, Freiburg im Breisgau. S. 31–40.

Pohlmann, U./Kaiser-Hylla, C./Herzog, S./Schneider, A. (2016): Haltung entwickeln – Qualität zeigen. Ein Kompass zur Eltern-, Familien- und Sozialraumorientierung. verlag das netz, Weimar.

Roth, X. (2015): Frühe Bildung weiterentwickeln – Fachpolitische Entwicklungen pädagogischer Qualität. In: KiTa aktuell spezial 1/2015. S. 19 ff.

Schneider, A./Herzog, S./Kaiser-Hylla, C./Pohlmann, U. (2015): Kindertageseinrichtungen – Qualitätsentwicklung im Diskurs. Verlag Barbara Budrich, Opladen.

Schneider, A. (Hrsg.) (2015a): Die Kita als Türöffner – Wege zur Sozialraumorientierung. Cornelsen, Berlin.

Schneider, A. (2015b): Qualität neu denken. In: KiTa aktuell spezial 1/2015. S. 9–12.

Zum Autor

Prof. Dr. Armin Schneider studierte Sozialarbeit, Erziehungswissenschaften, Psychologie und Katholische Theologie. Seit 2007 Professur für Sozialmanagement und Forschung an der Hochschule Koblenz. Von 2010 bis 2015 Leiter des Instituts für Forschung und Weiterbildung (IFW). Seit 2016 Direktor des Instituts für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit | Rheinland-Pfalz (IBEB).