Grundlegende Entscheidungen zum Elternunterhalt

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht die Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber den Eltern ebenso vor wie die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren Kindern.

In der Bevölkerung war lange weitgehend unbekannt, dass auch Kinder ihren Eltern gegenüber unterhaltspflichtig sind. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht jedoch die Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber den Eltern ebenso vor wie die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren Kindern.

Zu diesem Thema informiert Sie die aktuelle Auflage Elternunterhalt: Wann zahlen Kinder für ihre Eltern.

Im Folgenden stellen wir Ihnen ausgewählte Entscheidungen vor, ergänzt um den Leitsatz sowie den Verweis auf das Originalurteil. Denn gerade in jüngster Zeit sind einige für Kinder negative BGH-Entscheidungen ergangen. Die Urteile sind in folgende Themenbereiche untergliedert:


1. Taschengeld
2. Lohnsteuerklasse
3. Zusätzliche Altersversorgung als Schonvermögen
4. Berechnung des Elternunterhalts
5. Höhe der Pflegeheimkosten
6. Härtefallklausel

Um die Höhe des Elterunterhalts zu berechnen, wird unter anderem eventuell anfallender Kindesunterhalt von den Einkünften des Unterhaltsschuldners abgezogen (vgl. dazu Kapitel 5, Seite 30).

Düsseldorfer Tabelle

Die Höhe des Kindesunterhaltes ergibt sich aus der Düsseldorfer Tabelle. Diese finden Sie am Ende der Seite.

1. Taschengeld

Für den Elternunterhalt einzusetzendes Taschengeld – BGH, Urteil vom 15.10.2003 (Az. XII ZR 122/00)

In diesem Fall wurde eine Frau auf Elternunterhalt in Anspruch genommen, die selbst keine Einkünfte bzw. Einkünfte unter dem Mindestselbstbehalt hatte, gleichzeitig aber der Ehemann über ein sehr hohes Einkommen verfügte.

Der BGH hat entschieden, dass die Frau grundsätzlich das ihr gegen den Mann zustehende Taschengeld anteilig für Elternunterhalt einsetzen muss.

BGH, Urteil vom 15.10.2003 (Az. XII ZR 122/00); OLG Stuttgart (lexetius.com/2003, 3159; FamRZ 2004, 366)

Normenkette: §§ 1601, 1603 Abs. 1, 1360, 1360a BGB

Leitsatz des BGH

a) Zur Leistungsfähigkeit einer auf Zahlung von Elternunterhalt in Anspruch genommenen Ehefrau mit Einkünften unter dem Mindestselbstbehalt, wenn sie sich infolge eines erheblich höheren Einkommens ihres Ehemannes nur mit einem geringeren Anteil am Barbedarf der Familie beteiligen muß und ihr angemessener Unterhalt durch den Familienunterhalt gedeckt ist.

b) Zur Verpflichtung eines – im Übrigen einkommenslosen – Ehegatten, das ihm zustehende Taschengeld für den Elternunterhalt einzusetzen.

Das Urteil finden Sie im Volltext auf der Seite des Bundesgerichtshofs hier.

Höhe des heranzuziehenden Taschengelds – BGH, Urteil vom 12.12.2012 (Az. XII ZR 43/11)

 Ein Träger der Sozialhilfe machte gegenüber einer Frau, deren Mutter in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht war, Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Da die nicht erwerbstätige Beklagte die Kosten der Unterbringung nur teilweise aufbringen konnte, wurden ihr Leistungen der Sozialhilfe gewährt.

Der Träger der Sozialhilfe hat die Frau, die mit ihrem berufstätigen Ehemann und dem gemeinsamen volljährigen Sohn in einer lastenfreien Eigentumswohnung lebt, auf weitere Zahlungen in Anspruch genommen, da er die Auffassung vertrat, die Beklagte sei aufgrund des ihr zustehenden Taschengeldanspruchs in genannten Höhe leistungsfähig.

Dieser Annahme widersprach die Beklagte, da ihr im Hinblick auf die Unterhaltspflicht ihres Ehemannes für den arbeitslosen volljährigen Sohn nur ein solches Taschengeld zugestanden habe, das ihr für die Befriedigung ihrer persönlichen Bedürfnisse habe verbleiben müssen

Der BGH hat entschieden, dass das Taschengeld eines Ehegatten grundsätzlich auch für den Elternunterhalt einzusetzen ist. Das gilt jedoch nicht in Höhe eines Betrags von 5 bis 7 Prozent des Mindestselbstbehalts des Unterhaltspflichtigen sowie in Höhe etwa der Hälfte des darüber hinausgehenden Taschengelds.

BGH, Urteil vom 12.12.2012 (Az. XII ZR 43/11), DNotZ 2013,385

Schlagworte: Heranziehung des einem Ehegatten zustehenden Taschengeldes für den Elternunterhalt

Normenkette: §§ 1603, 1360, 1360a BGB

Leitsatz des BGH

Das Taschengeld eines Ehegatten ist grundsätzlich auch für den Elternunterhalt einzusetzen. Dies gilt allerdings nicht in Höhe eines Betrages von 5 Prozent bis 7 Prozent des Mindestselbstbehalts des Unterhaltspflichtigen sowie in Höhe etwa der Hälfte des darüber hinausgehenden Taschengeldes.

Das Urteil finden Sie im Volltext auf der Seite des Bundesgerichtshofs hier.

2. Lohnsteuerklasse

Korrektur der Lohnsteuerklasse – BGH, Urteil vom 14.01.2004 (Az. XII ZR 69/01)

Bezüglich der Lohnsteuerklassen wählen verheiratete Ehegatten regelmäßig die Lohnsteuerklasse V für den schlechter Verdienenden und die Lohnsteuerklasse III für den besser Verdienenden.

Das führt dazu, dass der schlechter Verdienende relativ wenig Nettogehalt erhält und der besser verdienende Ehegatte mehr, was zu mehr Liquidität bei den Eheleuten führt. Für die Elternunterhaltspflicht hätte dies grundsätzlich die Folge, dass derjenige, der die ungünstige Lohnsteuerklasse V hat, auch weniger Elternunterhalt bezahlen müsste, weil er weniger Einkommen hat.

Der BGH hat entschieden, dass der Steuervorteil mit den Steuerklassen beim Elternunterhalt nicht gilt und mit einem zu schätzenden Abschlag zu korrigieren sei, mit der Folge, dass das für den Elternunterhalt dann einzusetzende Einkommen höher ausfällt.

BGH, Urteil vom 14.01.2004 (Az. XII ZR 69/01) (lexetius.com/2004, 177; FamRZ 2004, 443)

Normenkette: § 1601, § 1603 Abs. 1 BGB

Leitsatz des BGH

a) Hat ein seinem Elternteil Unterhaltspflichtiger im Verhältnis zu seinem Ehegatten die ungünstigere Steuerklasse (hier: V) gewählt, ist diese Verschiebung der Steuerbelastung durch einen tatrichterlich zu schätzenden Abschlag zu korrigieren (im Anschluss an Senatsurteil vom 25.06.1980, IVb ZR 530/80, FamRZ 1980, 984, 985).

b) Zur Leistungsfähigkeit eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen verheirateten Unterhaltspflichtigen, dessen Einkommen die in den Unterhaltstabellen ausgewiesenen Mindestselbstbehaltssätze übersteigt.

Das Urteil finden Sie im Volltext auf der Seite des Bundesgerichtshofs hier.

3. Zusätzliche Altersversorgung als Schonvermögen

Abzugsfähigkeit einer über die primäre Altersversorgung hinausgehende zusätzliche Altersversorgung – BGH, Urteil vom 14.01.2004 (Az. XII ZR 149/01)

Dieses Urteil behandelt die Frage, wie weit ein unterhaltspflichtiges Kind, das bereits eine primäre Altersversorgung hat (z. B. die gesetzliche Rentenversicherung), abzugsfähige zusätzliche Altersversorgung betreiben kann.

Der BGH hat entschieden, dass zur primären Altersversorgung ein Kind berücksichtigungsfähige zusätzliche Altersversorgung bis zu ca. 5 Prozent seines Bruttoeinkommens abziehen kann.

Hat beispielsweise ein unterhaltpflichtiges Kind Bruttoeinnahmen in Höhe von 100.000 Euro, kann es zusätzlich neben der primären Altersversorgung, beispielsweise zu den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung oder zur berufsständischen Versorgungsträgern, eine zusätzliche Altersversorgung in Höhe von ca. 5 Prozent, das heißt ca 5.000 Euro betreiben. Das hat zur Folge, dass die Leistungsfähigkeit des Kindes vermindert wird und die Unterhaltspflicht sinkt.

BGH, Urteil vom 14.01.2004 (Az. XII ZR 149/01); OLG Hamm (lexetius.com/2004, 731; FamRZ 2004,792)

Normenkette: §§ 1601, 1603 Abs. 1 BGB

Leitsatz des BGH

a) Einem Unterhaltspflichtigen ist bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt grundsätzlich zuzubilligen, etwa 5 Prozent seines Bruttoeinkommens für eine – über die primäre Altersversicherung hinaus betriebene – zusätzliche Altersvorsorge einzusetzen.

b) Zur Berücksichtigung der durch die gemeinsame Haushaltsführung von Ehegatten erfahrungsgemäß eintretenden Ersparnis.

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Frage des einzusetzenden Vermögens – BGH, Urteil vom 30.08.2006 (Az. XII ZR 98/04)

Auch im Rahmen des Elternunterhalts muss der Unterhaltsschuldner, das heißt das unterhaltspflichtige Kind, grundsätzlich den Stamm seines Vermögens einsetzen. Einschränkungen ergeben sich entsprechend dem BGH jedoch unter anderem daraus, dass das unterhaltspflichtige Kind seine angemessene Altersversorgung nicht zu gefährden braucht.

Zum Schonvermögen rechnen danach Vermögenswerte zur Absicherung der Altersversorgung, welche über die zulässigen 5 Prozent der abzugsfähigen Bruttoeinnahmen angehäuft wurden.

Der BGH hat in diesem Urteil weiter entschieden, dass es dem Unterhaltsschuldner grundsätzlich freistehe, in welcher Weise er neben der gesetzlichen Rentenversicherung Vorsorge für sein Alter trifft. Sichert er den Fortbestand seiner gegenwärtigen Lebensverhältnisse durch Sparvermögen oder ähnliche Kapitalanlagen ab, ist das auch zulässig – eben in Höhe von bis zu 5 Prozent des Bruttoeinkommens.

BGH, Urteil vom 30.08.2006 (Az. XII ZR 98/04); OLG München (lexetius.com/2006, 2223; FamRZ 2006, 1511)

Normenkette: §§ 1601, 1603 Abs. 1 BGB; §§ 2 Abs. 2, 41, 61, 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII; § 2 Abs. 1 GSiG; §§ 2 Abs. 2, 68, 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG

Leitsatz des BGH

a) Auch im Rahmen des Elternunterhalts muss der Unterhaltsschuldner grundsätzlich den Stamm seines Vermögens einsetzen. Einschränkungen ergeben sich aber daraus, dass nach § 1603 Abs. 1 BGB sonstige Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt einschließlich einer angemessenen Altersvorsorge nicht zu gefährden braucht (im Anschluss an das Senatsurteil vom 21.04.2004, XII ZR 326/01, FamRZ 2004, 1184).

b) Dem Unterhaltsschuldner steht es grundsätzlich frei, in welcher Weise er neben der gesetzlichen Rentenversicherung Vorsorge für sein Alter trifft. Sichert er den Fortbestand seiner gegenwärtigen Lebensverhältnisse durch Sparvermögen oder ähnliche Kapitalanlagen, muss ihm davon jedenfalls der Betrag verbleiben, der sich aus der Anlage der ihm unterhaltsrechtlich zuzubilligenden zusätzlichen Altersvorsorge (bis zu 5 Prozent des Bruttoeinkommens beim Elternunterhalt) bis zum Renteneintritt ergäbe (Fortführung der Senatsurteile vom 19.02.2003, XII ZR 67/00, FamRZ 2003, 860 und vom 14.01.2004, XII ZR 149/01, FamRZ 2004, 792).

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Stellung der selbstgenutzten Immobilie als Schonvermögen – BGH, Urteil vom 07.08.2013 (Az. XII ZB 269/12)

In dieser Entscheidung hat der BGH festgestellt, dass der Wert einer selbstgenutzten Immobilie bei der Bemessung des Altersvorsorgevermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich unberücksichtigt bleibt. Das bedeutet, dass ein auf Elternunterhalt in Anspruch genommenes Kind auch dann zusätzliche Altersversorgung in Höhe von 5 Prozent dieses Bruttoeinkommens betreiben kann, wenn es über eine selbstgenutzte Immobilie verfügt.

Das auf Elternunterhalt in Anspruch genommene Kind kann somit eine selbstgenutzte Immobilie haben, die unangetastet bleibt, zusätzlich primäre Altersvorsorge (z. B. über die gesetzliche Rentenversicherung) sowie weiter 5 Prozent vom Bruttogehalt zusätzliche Altersvorsorge betreiben.

BGH, Urteil vom 07.08.2013 (Az.: XII ZB 269/12), NJW 2013, 3024

Schlagworte: Urteil präzisiert Schonvermögen der Kinder bei Immobilienbesitz, Einsatz des Vermögens des pflichtigen Kindes im Rahmen des Elternunterhalts

Normenkette: § 1603 BGB

Leitsatz des BGH

a) Der Wert einer selbstgenutzten Immobilie bleibt bei der Bemessung des Altersvorsorgevermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich unberücksichtigt.

b) Sonstiges Vermögen in einer Höhe, wie sich aus der Anlage von 5 Prozent des Jahresbruttoeinkommens ergibt, braucht vor dem Bezug der Altersversorgung regelmäßig nicht zur Zahlung von Elternunterhalt eingesetzt zu werden.

c) Zum so genannten Notgroschen, der einem Unterhaltspflichtigen gegenüber der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt zusätzlich zusteht.

Das Urteil finden Sie im Volltext auf der Seite des Bundesgerichtshofs hier.

4. Berechnung des Elternunterhalts

Berechnung des Elternunterhalts, wenn der Unterhaltspflichtige über höhere Einkünfte als sein Ehegatte verfügt – BGH, Urteil vom 28.07.2010 (Az. XII ZR 140/07)

Verfügt der Unterhaltspflichtige über höhere Einkünfte als sein Ehegatte, wird der Elternunterhalt wie folgt ermittelt:

Von dem Familieneinkommen wird der Familienselbstbehalt in Abzug gebracht.

Das verbleibende Einkommen wird um die Haushaltsersparnisse vermindert.

Die Hälfte des sich ergebenden Betrags kommt zuzüglich des Familienselbstbehalts dem Familienunterhalt zugute. Zu dem so bemessenen individuellen Familienbedarf hat der Unterhaltspflichtige entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten beizutragen. Für den Elternunterhalt kann der Unterhaltspflichtige die Differenz zwischen seinem Einkommen und seinen Anteil am Familienunterhalt einsetzen.

Die Haushaltsersparnis, die bezogen auf das den Familienselbstbehalt übersteigende Familieneinkommen eintritt, ist regelmäßig mit 10 Prozent dieses Mehreinkommens zu bemessen.

BGH, Urteil vom 28.07.2010 (Az. XII ZR 140/07); OLG Düsseldorf (lexetius.com/2010,2703; FamRZ 2010, 1535)

Normenkette: §§ 1601, 1602 Abs. 1, 1603 Abs. 1 BGB; §§ 35 Abs. 2 Satz 1, 133 a SGB XII

Leitsatz des BGH

a) Verfügt der Unterhaltspflichtige über höhere Einkünfte als sein Ehegatte, ist die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt in der Regel wie folgt zu ermitteln: Von dem Familieneinkommen wird der Familienselbstbehalt in Abzug gebracht. Das verbleibende Einkommen wird um die Haushaltsersparnis vermindert. Die Hälfte des sich ergebenden Betrages kommt zuzüglich des Familienselbstbehalts dem Familienunterhalt zugute. Zu dem so bemessenen individuellen Familienbedarf hat der Unterhaltspflichtige entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten beizutragen. Für den Elternunterhalt kann der Unterhaltspflichtige die Differenz zwischen seinem Einkommen und seinem Anteil am Familienunterhalt einsetzen.

b) Die Haushaltsersparnis, die bezogen auf das den Familienselbstbehalt übersteigende Familieneinkommen eintritt, ist regelmäßig mit 10 Prozent dieses Mehreinkommens zu bemessen.

c) Aufwendungen für eine Hausrats- und Haftpflichtversicherung sind auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt nicht als vorweg abziehbare Verbindlichkeiten zu behandeln.

d) Ist der Unterhaltspflichtige vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand getreten, können Aufwendungen für eine zusätzliche Altersversorgung weiterhin abzugsfähig sein.

e) In Höhe des dem Unterhaltsberechtigten sozialrechtlich gewährten angemessenen Barbetrags (§ 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) sowie des Zusatzbarbetrags (§ SGB 133a XII) ist auch unterhaltsrechtlich ein Bedarf anzuerkennen.

Das Urteil finden Sie im Volltext auf der Seite des Bundesgerichtshofs hier.

Berechnung des Elternunterhalts, wenn der Unterhaltspflichtige über geringere Einkünfte als sein Ehegatte verfügt – BGH, Urteil vom 05.02.2014 (Az. XII ZB 25/13)

Die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt ist auch dann auf der Grundlage eines individuellen Familienbedarfs zu ermitteln, wenn der Unterhaltspflichtige über geringere Einkünfte als sein Ehegatte verfügt.

BGH, Urteil vom 05.02.2014 (Az. XII ZB 25/13), DNotZ 2014, 529

Schlagworte: Leistungsfähigkeit bei Elternunterhalt geringere Einkünfte als Ehegatte Berücksichtigung des Wohnvorteils

Normenkette: § 1603 BGB

Leitsatz des BGH

a) Die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt ist auch dann auf der Grundlage eines individuellen Familienbedarfs zu ermitteln, wenn der Unterhaltspflichtige über geringere Einkünfte als sein Ehegatte verfügt (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 186, 350, NJW 2010, 3161, FamRZ 2010, 1535).

b) Der Wohnvorteil eines Unterhaltspflichtigen ist auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt dem Einkommen hinzuzurechnen und nicht lediglich im Rahmen der vom Selbstbehalt umfassten Wohnkosten zu berücksichtigen.

Das Urteil finden Sie im Volltext auf der Seite des Bundesgerichtshofs hier.

5. Höhe der Pflegeheimkosten

Kosten für das Pflegeheim – BGH, Urteil vom 21.11.2012 (Az. XII ZR 150/10)

Der Unterhaltsbedarf eines im Pflegeheim untergebrachten Elternteils richtet sich regelmäßig nach den notwendigen Heimkosten, zuzüglich eines Barbetrags für die Bedürfnisse des täglichen Lebens.

Ist der Elternteil im Alter sozialhilfebedürftig geworden, beschränkt sich sein angemessener Lebensbedarf in der Regel auf das Existenzminimum und damit verbunden auf eine – dem Unterhaltsberechtigten zumutbare – einfache und kostengünstige Heimunterbringung. Das bedeutet, dass selbst wenn der unterhaltsbedürftige Elternteil zuvor im Luxus lebte, er diesen Luxus im Fall der Unterhaltsbedürftigkeit nicht mehr einfordern kann, sondern sich auf das Existenzminimum reduzieren muss. Dementsprechend steht ihm auch nur eine kostengünstige Heimunterbringung zu, zuzüglich einem angemessenen, aber bescheidenen Taschengeld.

Nur ausnahmsweise können auch höhere als die notwendigen Heimkosten als Unterhaltsbedarf geltend gemacht werden, wenn dem Elternteil die Wahl einer kostengünstigeren Heimunterbringung im Einzelfall nicht zumutbar war.

BGH, Urteil vom 21.11.2012 (Az. XII ZR 150/10), RNotZ 2013, 317

Schlagworte: Familienrecht – Zum Unterhaltsbedarf eines im Pflegeheim untergebrachten Elternteils und zum Einsatz verwertbaren Vermögens des Elternunterhaltspflichtigen

Normenkette: §§ 1603; 1610 BGB; § 94 SGB XII

Leitsatz des BGH

a) Der Unterhaltsbedarf eines im Pflegeheim untergebrachten Elternteils richtet sich regelmäßig nach den notwendigen Heimkosten zuzüglich eines Barbetrags für die Bedürfnisse des täglichen Lebens. Ist der Elternteil im Alter sozialhilfebedürftig geworden, beschränkt sich sein angemessener Lebensbedarf in der Regel auf das Existenzminimum und damit verbunden auf eine – dem Unterhaltsberechtigten zumutbare – einfache und kostengünstige Heimunterbringung (im Anschluss an Senatsurteil vom 19.02.2003, BGH XII 67/00, FamRZ 2003, 860).

b) Dem Unterhaltspflichtigen obliegt es in der Regel, die Notwendigkeit der Heimkosten substantiiert zu bestreiten (im Anschluss an Senatsurteil vom 23.10.2002, BGH XII ZR 266/09, BGHZ 152, 217, FamRZ 2002, 1698). Kommt er dem nach, trifft die Beweislast den Unterhaltsberechtigten und im Fall des sozialhilferechtlichen Anspruchsübergangs den Sozialhilfeträger (im Anschluss an Senatsurteil vom 27.11.2002, BGH XII ZR 295/00, NJW 2003, 969, FamRZ 2003, 444).

c) Ausnahmsweise können auch höhere als die notwendigen Kosten als Unterhaltsbedarf geltend gemacht werden, wenn dem Elternteil die Wahl einer kostengünstigeren Heimunterbringung im Einzelfall nicht zumutbar war. Zudem kann sich der Einwand des Unterhaltspflichtigen, es habe eine kostengünstigere Unterbringungsmöglichkeit bestanden, im Einzelfall als treuwidrig erweisen.

d) Verwertbares Vermögen eines Unterhaltspflichtigen, der selbst bereits die Regelaltersgrenze erreicht hat, kann in der Weise für den Elternunterhalt eingesetzt werden, als dieses in eine an der statistischen Lebenserwartung des Unterhaltspflichtigen orientierte Monatsrente umgerechnet und dessen Leistungsfähigkeit aufgrund des so ermittelten (Gesamt-)Einkommens nach den für den Einkommenseinsatz geltenden Grundsätzen bemessen wird.

Das Urteil finden Sie im Volltext auf der Seite des Bundesgerichtshofs hier.

6. Härtefallklausel

Frage der Härtefallklausel bei Kontaktabbruch – BGH, Beschluss vom 12.02.2014 (Az. XII ZB 607/12)

Im dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Kindsvater den Kontakt zum unterhaltspflichtigen Kind abgebrochen.

Der BGH hatte entschieden, dass dies für einen Härtefall nach § 1611 BGB nicht ausreicht, da eine für die Härtefallklausel notwendige schwerwiegende Verfehlung regelmäßig nur bei einer tiefgreifenden Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher Interessen oder persönlicher Belange des Pflichtigen angenommen werden kann. Ein vom unterhaltsberechtigten Elternteil ausgehender Kontaktabbruch stelle regelmäßig eine Verfehlung dar. Sie führe aber nur ausnahmsweise bei Vorliegen weiterer Umstände, die das Verhalten des Unterhaltsberechtigten auch als schwere Verfehlung erscheinen lassen, zur Verwirkung des Elternunterhalts.

Zum Kontaktabbruch müssen somit noch deutlichere, schwerwiegendere Verfehlungen hinzukommen.

BGH, Beschluss vom 12.02.2014 (Az. XII ZB 607/12); OLG Oldenburg, NZFam 2014, 259

Schlagworte: Elternunterhalt bei Kontaktabbruch

Normenkette: §§ 1611 Abs. 1 BGB

Leitsatz des BGH

a) Eine schwere Verfehlung gem. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Var. 3 BGB kann regelmäßig nur bei einer tiefgreifenden Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher Interessen oder persönlicher Belange des Pflichtigen angenommen werden (im Anschluss an Senat, NJW 2004, 3109, FamRZ 2004,1559).

b) Ein vom unterhaltsberechtigten Elternteil ausgehender Kontaktabbruch stellt regelmäßig eine Verfehlung dar. Sie führt indes nur ausnahmsweise bei Vorliegen weiterer Umstände, die das Verhalten des Unterhaltsberechtigten auch als schwere Verfehlung im Sinne des § 1611 Abs. 1 Satz 1 Var. 3 BGB erscheinen lassen, zur Verwirkung des Elternunterhalts. (Leitsätze des Gerichts).

Das Urteil finden Sie im Volltext auf der Seite des Bundesgerichtshofs hier.

Düsseldorfer Tabelle

Bei der Berechnung des Elternunterhalts muss nach Ermittlung der durch die berufsbedingten Aufwendungen bereinigten Nettoeinkünfte zunächst der Kindesunterhalt abgezogen werden.

Eltern sind ihren Kindern gegenüber grundsätzlich zum Unterhalt verpflichtet, sofern sie leistungsfähig sind, das heißt ihnen nach Abzug der Unterhaltsleistungen für das Kind das Existenzminimum verbleibt. Derjenige, der das Kind aufzieht und bei dem es wohnt, leistet für das Kind Naturalunterhalt (z. B. Kochen, Waschen). Der andere Unterhaltspflichtige leistet monatlich im Voraus Unterhalt in Geld nach der sogenannten Düsseldorfer Tabelle.

Nachfolgend finden Sie die aktuellen Zahlen zum Kindesunterhalt vom 01. Januar 2022.

Die gesamte Düsseldorfer Tabelle können Sie auf den Seiten des OLG Düsseldorf abrufen: Zur Düsseldorfer Tabelle

 
  Nettoeinkommen des Barunterhaltspflichtigen  Altersstufen in Jahren (§ 1612a Abs. 1 BGB) Prozentsatz  Bedarfskontrollbetrag 
    0 - 5 6 - 11 12 - 17 ab 18    
Alle Beträge in Euro            
1. bis 1.900 EUR 396 455 533 569  100 960/1.160
2. 1.901 - 2.300 416 478 560 598  105 1.400
3. 2.301 - 2.700 436 501 587 626  110 1.500 
4. 2.701 - 3.100 456 524 613 655  115 1.600 
5. 3.101 - 3.500 476 546 640 683  120 1.700 
6. 3.501 - 3.900 507 583 683 729  128 1.800 
7. 3.501 - 3.900 539 619 725 774  136 1.900 
8. 3.901 - 4.300 571 656 768 820  144 2.000 
9. 4.701 - 5.100 602 692 811 865  152 2.100 
10. 5.100 - 5.500 634 692 853 911  160 2.200
11. 5.501 - 6.200 666 765 896 956 168 2.500
12. 6.201 - 7.000 697 801 939 1.002 176 2.900
13. 7.001 - 8.000 729 838 981 1.047 184 3.400
14. 8.001 - 9.500 761 874 1.024 1.093 192 4.000
15. 9.501 - 11.000 792 910 1.066 1.138 200 4.700

 

Hinsichtlich des Kindesunterhalts ist die Düsseldorfer Tabelle sowohl nach Alter als auch nach der Höhe der Einkünfte nach oben hin gestaffelt. Das gilt auch, wenn an das Kind kein Barunterhalt gezahlt wird, sondern dieses Naturalunterhalt erhält.

Die Tabelle weist angemessene Unterhaltsbeträge unter Berücksichtigung von zwei Unterhaltsberechtigten aus. Eine niedrigere oder höhere Stufe ist anzuwenden bei weniger oder mehr Unterhaltsberechtigten.