Arbeitszeitgesetz, Nebentätigkeit, Höchstgrenzen

Zahlreiche Arbeitnehmer haben eine Nebentätigkeiten und überschreiten dabei die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes.

Das Arbeitszeitgesetz sieht eine Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche vor (§ 3 ArbZG). Zahlreiche Arbeitnehmer haben eine Nebentätigkeiten und überschreiten dabei die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes.

Welche Rechtsfolgen sich ergeben, wenn zwei Arbeitsverhältnisse zusammengenommen die höchstzulässige Arbeitszeit überschreiten, dazu hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 19.05.2020 (Az.: 7 Sa 11/19) Stellung genommen.

Es ging um einen Arbeitnehmer, der zuletzt 40 Stunden pro Woche für eine Firma in der Metall- und Elektroindustrie arbeitete. Parallel war er seit dem Jahr 2000 für einen kommunalen Wasserversorger als Wasserwart tätig und hatte dort zusätzlich rund 60 Arbeitsstunden pro Monat zu erbringen. Letzterer hatte die Arbeitsleistung beanstandet, es kam zu Unstimmigkeiten mit dem Kommunalen Prüfungsverband in deren Folge der Wasserversorger das Arbeitsverhältnis 2018 auflöste und kündigte. Er berief sich darauf, dass das Arbeitsverhältnis trotz einer Laufzeit von 18 Jahren nichtig sei, da der Beschäftigte mit seinen beiden Tätigkeiten die zulässige Höchstarbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz überschreiten würde.

Der Arbeitnehmer wehrte sich dagegen mit der Begründung, er halte die Regeln zur täglichen Höchstarbeitszeit und zu den gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten ein. Die werktäglich erlaubte Arbeitszeit beziehe sich nur auf die Werktage, die Sonn- und Feiertagsarbeit könnte noch hinzugerechnet werden.

§ 3 ArbzG bestimmt:

 "Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden."

Unter Werktagen versteht das Arbeitszeitgesetz die Tage Montag bis Samstag. Insofern folgt daraus, dass Arbeitnehmer von Montag bis Samstag arbeiten 8 Stunden arbeiten dürfen (6 x 8 = 48 Stunden.

Wird die werktägliche Arbeitszeit auf bis zu 10 Stunden verlängert, können diese 48 Stunden auch auf die Tage Montag bis Freitag verteilt werden (z. B. indem von Montag bis Donnerstag jeweils 10 Stunden und freitags 8 Stunden gearbeitet wird).

Die Regelung in § 3 des Arbeitszeitgesetzes gilt auch für (ausnahmsweise zulässige) Sonn- und/oder Feiertagsarbeit. Auch Sonn- und Feiertagsarbeit ist also grundsätzlich auf 8 Stunden/Tag begrenzt und darf nur dann auf 10 Stunden/Tag verlängert werden, wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

Hat ein Arbeitnehmer – wie im entschiedenen Fall - zwei Arbeitsverhältnisse, mit denen er die zulässige Wochenarbeitszeit von durchschnittlich 48 Stunden innerhalb des 6-monatigen bzw. 24-wöchigen Ausgleichszeitraums dauerhaft überschreitet, so hat die gemäß Landesarbeitsgericht Nürnberg folgenden Konsequenzen:

  • Nach § 2 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz des Arbeitszeitgesetzes müssen die Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern zusammengerechnet werden.
  • Ein Arbeitsvertrag, der gegen das Arbeitszeitgesetz verstößt, ist nichtig.
  • Verstoßen die Arbeitsverhältnisse zusammengenommen gegen das Arbeitszeitgesetz, sind nicht beide Arbeitsverträge nichtig. Nichtig ist vielmehr nur der Arbeitsvertrag, der später abgeschlossen wurde. Hier gilt das Prioritätsprinzip.
  • Für das später abgeschlossene, nichtige Arbeitsverhältnis gelten die Grundsätze zum sogenannten fehlerhaften Arbeitsverhältnis: das heißt, das nichtige und zuletzt abgeschlossene Arbeitsverhältnis endet spätestens mit der Erklärung einer der Parteien, den Arbeitsvertrag nicht fortzusetzen.
    Es besteht kein Kündigungsschutz und das fehlerhafte Arbeitsverhältnis kann ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist durch einfache "Lossagung" beendet werden.
  • Besonders bemerkenswert ist, was das LAG zum Abzug von Urlaubstagen bei der Berechnung entschieden hat: bei der Frage, ob ein oder zwei Arbeitsverhältnisse gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen, sind genommene Urlaubstage nicht mit Nullstunden in die Berechnung einzubeziehen. Es ist entweder der gesetzliche Ausgleichszeitraum um Urlaubs- und auch Krankheitstage zu verlängern oder Urlaubs- bzw. Krankheitstage werden mit der vertraglich vereinbarten durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit in die Berechnung eingestellt.

Insgesamt ist also bei Neueinstellungen und bei beantragtem Zweitarbeitsverhältnis darauf zu achten die Nebentätigkeitserlaubnis nur zu erteilen, wenn die Arbeitszeiten insgesamt im Rahmen des § 3 des Arbeitszeitgesetzes liegen.


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