Zwangsrente für Hartz IV-Empfänger

Jobcenter dürfen Empfänger von Arbeitslosengeld II in Zwangsrente schicken, Abschläge bei der Altersrente müssen dabei hingenommen werden – so das Ergebnis des Grundsatzurteils des Bundessozialgerichts vom 19. August (Az. B 14 AS 1/15 R).

Ein Jobcenter hatte gegen den Willen eines 63 jährigen Hartz IV-Empfängers einen Antrag auf vorzeitigen Ruhestand beantragt und den Mann damit in Altersrente geschickt. Würde der Mann zwei Jahre später in Rente gehen, erhielte er eine Regelaltersrente von 924 Euro, weil er aber erst 63 Jahre alt ist, bekommt er jeden Monat 77 Euro weniger. Das wollte der Mann nicht hinnehmen und klagte.

Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die Revision des Klägers am 19. August 2015 entschieden, dass die angefochtene Aufforderung zur Rentenantragstellung rechtmäßig ist.

Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür seien erfüllt, so das Gericht. Danach kann der SGB II-Leistungsträger, kommt der Leistungsberechtigte seiner Verpflichtung zur Inanspruchnahme vorrangiger Leistungen eines anderen Trägers nicht nach, ihn zur Beantragung dieser Leistungen auffordern und bei unterbliebener Mitwirkung für den Leistungsberechtigten den Antrag stellen (§ 5 Absatz 3 Satz 1 SGB II).

Zu den vorrangigen Leistungen gehört grundsätzlich auch die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres (§ 12a SGB II) trotz der mit ihr verbundenen dauerhaften Rentenabschläge.

Nach Ansicht des BSG ist die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente durch den Kläger erforderlich, weil dies zur Beseitigung seiner Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II führt. Die vorzeitige Altersrente sei trotz der Abschläge erheblich höher als der Arbeitslosengeld II-Bedarf des Klägers, weshalb er durch deren Bezug nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB XII würde.

Der Verpflichtung des Klägers steht die „Verordnung zur Vermeidung unbilliger Härten (Unbilligkeitsverordnung)“ durch Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente nicht entgegen, weil keiner der in dieser Verordnung abschließend geregelten Ausnahmetatbestände eingreift. Im Rahmen seiner Ermessensausübung hinsichtlich des Ob einer Aufforderung zur Antragstellung habe sich das beklagte Jobcenter mit den vom Kläger gegen eine vorzeitige Renteninanspruchnahme vorgebrachten Argumenten auseinander gesetzt und andere Gründe für ein Abweichen vom gesetzlichen Regelfall der vorzeitigen Inanspruchnahme nicht erkennen können. Ermessensfehler seien insoweit nicht ersichtlich.