Vergaberecht aussetzen?

Das Beschaffungswesen der Bundeswehr kommt nicht zur Ruhe. Die Rüstungsbeschaffung ist schwerfällig, Zeitpläne und Budgets werden häufig nicht eingehalten. Beschleunigung verspricht man sich unter anderem von einer Umstrukturierung des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) in Koblenz.

Kurz vor ihrem Ausscheiden aus dem Bundesministerium der Verteidigung BMVg sorgte Rüstungsstaatssekretärin Katrin Suder mit einem weiteren Vorschlag für Aufsehen: Ein in ihrem Auftrag erarbeitetes Konzept („Projekt Pfeil") sieht vor, das Vergaberecht für Rüstungsbeschaffungen zeitweise auszusetzen. Möglich machen soll das ein „Gesetz zur vorübergehenden Erleichterung der Rüstungsbeschaffung“. Der SPIEGEL zitiert aus dem Konzept, wonach lediglich „die Zielerfüllung“ gelte. Das hieße: „Alle Mittel sind erlaubt!“.

Das ist bemerkenswert. Schließlich erfüllt das Vergaberecht keinen Selbstzweck, sondern sichert die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Beschaffung durch die öffentliche Hand. Diese Vorschriften hat sich der Staat selbst verordnet. Wenn er seine eigenen Regeln nicht mehr einhalten kann, müssen diese sicher hinterfragt und bestenfalls vereinfacht werden. Einfach aussetzen lassen sie sich aber nicht.

Art. 346 AEUV erlaubt einem Mitgliedstaat zwar „die Maßnahmen [zu] ergreifen, die seines Erachtens für die Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich sind, soweit sie die Erzeugung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial oder den Handel damit betreffen“. Das Absehen von Vergabeverfahren bei Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr ist aber an hohe Voraussetzungen geknüpft. Dass der Staat vor dem eigenen Vergaberecht kapituliert, reicht hierfür nicht aus.

Über den Autor:  Dr. Daniel Soudry, LL.M. ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Vergaberecht und Partner der Sozietät SOUDRY & SOUDRY Rechtsanwälte, Berlin. Er berät öffentliche Auftraggeber und Unternehmen der Verteidigungs- und Sicherheitswirtschaft bei der Konzeption bzw. Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen und in Nachprüfungsverfahren. Herr Dr. Soudry tritt regelmäßig als Referent auf und publiziert laufend zu vergaberechtlichen Themen. SOUDRY & SOUDRY Rechtsanwälte werden von Who´s Who Legal und JUVE als Kanzlei für Vergaberecht empfohlen. Dr. Soudry bloggt laufend zum VS-Vergaberecht.