Trunkenheit als Anscheinsbeweis für Unfallverursachung

Bei einem Verkehrsunfall unter Alkoholeinfluss spricht ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Trunkenheit für den Verkehrsunfall ursächlich war, wenn der Verkehrsunfall durch einen nüchternen Fahrer möglicherweise verhindert werden hätte können.

Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld

Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld infolge eines Verkehrsunfalls, den der Beklagte unter den Einfluss von Alkohol (0,96 Promille) verursacht hatte.

Der Kläger fuhr mit seinem Fahrzeug stadtauswärts. Zum gleichen Zeitpunkt überquerte die Beklagte in einer Gruppe mit weiteren Personen die betreffende Fahrbahn. Noch vor Erreichen der in der Mitte befindliche Verkehrsinsel erfasste der Beklagte die Klägerin, wobei sich die Klägerin diverse schwere Verletzungen zuzog. Die Vorinstanz nahm eine Haftungsquote von 50 Prozent an.

Auf die von der Klägerin eingelegte Berufung gab das OLG Frankfurt dieser teilweise statt und nahm bei dem vorliegenden Sachverhalt einen Haftungsanteil von 75 Prozent zuungunsten des Beklagten an. Nach Ansicht des Gerichts verstoß der Beklagte gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot. Zum einen habe er trotz des erkennbaren Betretens der Fahrbahn durch die Klägerin nicht wie erforderlich gebremst, zum anderen habe er sein Fahrzeug unter erheblichen Alkoholeinfluss gesteuert.

Anscheinsbeweis spricht für Trunkenheit als Ursache

Auch wenn die Klägerin selbst ihrer Verpflichtung den Fahrzeugverkehr zu beachten nicht nachkam und daher ein Mitverschulden in Höhe von 25 Prozent anzulegen ist, habe der Beklagte nicht auf ein verkehrsgerechtes Verhalten dieser vertrauen dürfen. Aufgrund seiner regelwidrigen Trunkenheit ist das Abstellen auf diesen Grundsatz dem Beklagten verwehrt.

Durch das Führen seines Fahrzeugs in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand habe der Beklagte in grober Weise gegen die Grundsätze der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verstoßen und durch sein Verhalten die entscheidende Ursache für den Unfall gesetzt. Nach Auffassung des Gerichts hätte ein nüchterner Fahrzeugführer die Verkehrssituation bewusst wahrgenommen und rechtzeitig den Bremsvorgang eingeleitet. Insoweit „spreche ein Anscheinsbeweis für die Ursächlichkeit der Trunkenheit bei einem Unfall.“

Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision begehrt werden, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 25. 1. 2024 – Az. 26 U 11/23