Promillegrenzen für E-Scooter-Fahrer wie für Autofahrer

Jüngst entschied das Landesgericht Osnabrück, dass E-Scooter als Kraftfahrzeuge einzustufen sind. Damit gilt für die Annahme der absoluten Fahruntüchtigkeit der Grenzwert von 1,1 Promille.

Im konkreten Verfahren war ein junger Mann beschuldigt, der im Juli 2020 in Osnabrück gegen zwei Uhr morgens von Polizeibeamten gestoppt wurde, als er mit einem sogenannten E-Scooter unterwegs war. Es bestand der Verdacht, dass er erheblich alkoholisiert war. Die Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,54 Promille. Daraufhin entzog das Amtsgericht dem Beschuldigten auf Antrag der Staatsanwaltschaft Anfang August 2020 im Rahmen des laufenden Ermittlungsverfahrens vorläufig die Fahrerlaubnis (§ 111a StPO). Als Begründung führte das Amtsgericht aus, es bestehe der dringende Tatverdacht der Trunkenheit im Straßenverkehr (§ 316 StGB). Wie bei Autofahrern auch sei bei E-Scootern ab einem Wert von 1,1 Promille von absoluter Fahruntüchtigkeit auszugehen. Diesen Wert habe der Beschuldigte klar überschritten. Es sei daher damit zu rechnen, dass er in einem künftigen Hauptsacheverfahren strafrechtlich verurteilt und dann endgültig seine Fahrerlaubnis verlieren werde. Das rechtfertige nach dem Gesetz die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis bereits im Ermittlungsverfahren.

Beschuldigter wendet sich gegen Anwendung der Kfz-Promillegrenze

Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts wandte sich der Beschuldigte einige Wochen später, Ende September, Beschwerde zum LG Osnabrück ein. Er vertrat die Ansicht, bei E-Scootern sei nicht die vom BGH für den motorisierten Verkehr definierte Grenze von 1,1 Promille maßgeblich. Sie gelte nur für stärker motorisierte Kraftfahrzeuge wie Pkw. Vielmehr sei bei E-Scootern der vom Bundesgerichtshof für Radfahrer definierte Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,6 Promille einschlägig. Denn das Gefahrenpotential von E-Scootern und Fahrrädern sei eher vergleichbar als das von E-Scootern und Pkw.

Das Landesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen

Nach Auffassung des Landgerichts ist auch bei Fahrern von E-Scootern auf die für den motorisierten Verkehr geltenden strafrechtlichen Promillegrenzen abzustellen (im Anschluss an BayObLG, Beschl. v. 24.07.2020 - 205 StRR 216/20). Aus den rechtlichen Sonderbestimmungen für elektrische Kleinfahrzeuge ergebe sich die Konsequenz, dass diese Kraftfahrzeuge darstellten – und gerade nicht Fahrrädern gleichgestellt seien. Damit müssten auch die strafrechtlich maßgeblichen Promillegrenzen für die Nutzung von Kraftfahrzeugen bei E-Scootern uneingeschränkt Anwendung finden. Eine Unterscheidung nach Gefährlichkeit zwischen unterschiedlichen Typen von Kraftfahrzeugen mit Blick auf die strafrechtlichen Promillegrenzen gebe es nicht. Zurecht sei das Amtsgericht deshalb hier bei einer Blutalkoholkonzentration von deutlich mehr als 1,1 Promille von absoluter Fahruntüchtigkeit ausgegangen.

Der Beschuldigte muss nun die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen. Zudem muss er mit einer strafrechtlichen Anklage wegen Trunkenheit im Straßenverkehr rechnen. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm dann eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Zudem muss er in diesem Fall mit der endgültigen Entziehung der Fahrerlaubnis rechnen.

Quelle: Pressemitteilung des LG Osnabrück Nr. 64/2020 v. 03.11.2020

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