Per Los zum Wehrdienst?

Die Bundeswehr steht vor der Herausforderung, mehr Personal zu gewinnen. Ein neues Wehrdienstgesetz soll Abhilfe schaffen und wird in dieser Woche im Bundestag beraten. Dabei wird auch über ein mögliches Losverfahren diskutiert – doch bislang ist vieles offen.

Um den Personalbedarf zu decken, wird derzeit über verschiedene Ansätze gesprochen. Ein Vorschlag sieht vor, bei zu geringer Zahl freiwilliger Bewerber ein Losverfahren einzuführen. Nach diesem Konzept könnte per Zufall entschieden werden, wer zum Wehrdienst eingezogen wird. Medienberichte haben diese Idee aufgegriffen, doch bislang handelt es sich lediglich um eine Überlegung einzelner Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker von CDU/CSU und SPD.

Unklar ist insbesondere, an welcher Stelle ein solches Verfahren im Wehrdienstgesetz verankert werden könnte. Denkbar wäre etwa, dass zunächst ausgelost wird, wer nach einer ersten Freiwilligenphase erneut kontaktiert wird. Sollten dann weiterhin nicht genügend Wehrdienstleistende zur Verfügung stehen, könnte eine zweite Auslosung unter den gemusterten, als wehrfähig eingestuften Personen erfolgen.

Musterungspflicht ab 2027 geplant

Die Pläne von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius sehen vor, dass ab Mitte 2027 alle 18-Jährigen eines Jahrgangs verpflichtend zur Musterung antreten müssen. Ziel ist es, die körperliche Tauglichkeit eines gesamten Jahrgangs zu erfassen und dadurch die Grundlage für eine mögliche Dienstverpflichtung zu schaffen.

Pistorius betont jedoch, dass er zunächst auf Freiwilligkeit setzt. Der SPD-Politiker rechnet damit, jährlich rund 5.000 zusätzliche junge Menschen für den Dienst in der Bundeswehr zu gewinnen.

Unterschiedliche Positionen von SPD und Union

Während die SPD das Prinzip der Freiwilligkeit hervorhebt, fordert die Union eine verbindlichere Regelung. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch erklärte, man wolle zunächst ausschließlich auf ein freiwilliges Modell setzen. Zudem solle der Wehrdienst attraktiver gestaltet werden – etwa durch bessere Vergütung oder Zusatzangebote wie den Erwerb des Führerscheins bei der Bundeswehr.

Die CDU/CSU hingegen hält Freiwilligkeit allein für unzureichend. Ihre Vertreterinnen und Vertreter drängen darauf, dass im Gesetz eine klare Schwelle festgelegt wird: Bleibt die Zahl der Freiwilligen unter einem bestimmten Wert, soll automatisch die Wehrpflicht wieder in Kraft treten. Verteidigungsminister Pistorius hat sich bislang nicht auf eine solche Regelung eingelassen.

Bundestagsberatung über Wehrdienstgesetz

Das neue Wehrdienstgesetz wird voraussichtlich am Donnerstag im Bundestag erstmals beraten. Der Gesetzentwurf, dem das Bundeskabinett bereits zugestimmt hat, könnte in späteren Phasen noch um weitere Elemente – etwa ein Losverfahren – ergänzt werden.

Ziel der Reform ist es, die Personalstärke der Bundeswehr deutlich zu erhöhen. Damit sollen auch die NATO-Vorgaben erfüllt werden, die für einen möglichen Konfliktfall rund 460.000 deutsche Soldatinnen und Soldaten vorsehen. Derzeit verfügt die Bundeswehr über etwa 182.000 aktive Kräfte und rund 50.000 Reservistinnen und Reservisten.

Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/losverfahren-wehrdienst-debatte-100.html