Das „Gesetz zur Regelung des Erscheinungsbildes von Beamtinnen und Beamten sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften“ stellt nun eine einheitliche Rechtsgrundlage dar.
Mit Gesetzblatt vom 6. Juli 2021 (BGBl. I S. 2550) wurde das Gesetz zur Regelung des Erscheinungsbilds von Beamtinnen und Beamten sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften verkündet, mit dem nun hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlagen zur Regelung des Erscheinungsbilds von Beamten und Soldaten geschaffen wurden.
Rechtlicher Hintergrund der Gesetzesänderung
Hintergrund der Regelung ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. November 2017 (2 C 25.17). Darin hatte es entschieden, dass eine Regelung des zulässigen Ausmaßes von Tätowierungen bei Beamten einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigung bedarf. Im konkreten Fall hatte das BVerwG die Entlassung eines Berliner Polizeibeamten wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur Verfassungstreue bestätigt. Der ehemalige Polizeibeamte hatte unter anderem mehrfach den Hitler-Gruß gezeigt und trug verfassungsfeindliche Tätowierungen. Das BVerwG hatte mit seiner Entscheidung auch darauf hingewiesen, dass eine Regelung des zulässigen Ausmaßes von Tätowierungen bei Beamtinnen und Beamten einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigung bedarf. Das Verbot des Tragens von Tätowierungen greife in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I i. V. m. Art. 1 I GG) ein, das auch Beamtinnen und Beamten zustehe. Zudem sei das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit betroffen (Art. 2 II 1 GG), da Tattoo-Verbote zwangläufig die private Lebensführung betreffen.
Richtlinien und Verwaltungsvorschriften sind keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage
Im Bereich des Bundes und in einigen Ländern wird zwar das äußere Erscheinungsbild von Beamten überwiegend durch Verwaltungsvorschriften oder Runderlasse geregelt, die sich auf die generelle Befugnis zur Regelung der Dienstkleidung stützen (für Bundesbeamtinnen und Beamte z.B. § 74 BBG). Diese allein erfülle jedoch - nach Auffassung des BVerwG - nicht die Anforderungen an eine hinreichend bestimmte gesetzliche Ermächtigungsgrundlage.
Zudem hat auch der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts mit Beschluss vom 31. Januar 2019 (1 WB 28.17) festgestellt, dass die Vorgaben für Haar- und Barttracht, Fingernägel, Kosmetik, Schmuck, Tätowierungen, Piercings oder andere Modifikationen des Erscheinungsbilds in der Zentralen Dienstvorschrift „Das äußere Erscheinungsbild der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr“ keine hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage haben. Die Regelungen, die bisher herangezogen wurden (§ 4 Absatz 3 Satz 2 SG) betreffen die „Uniform“, so dass die Regelungskompetenz des Erlassgebers auf Kleidungsfragen beschränkt sei.
§ 61 BBG, § 34 BeamtStG und § 4 SG neu gefasst
Die Neufassung des § 61 Absatz 2 BBG und des § 34 Absatz 2 BeamtStG sind nun hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlagen zur Regelung des Erscheinungsbilds von Beamtinnen und Beamten. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, Einzelheiten zum Erscheinungsbild durch Rechtsverordnungen zu regeln. Flankierend zu dieser Neuregelung werden in § 7 Absatz 1 Nummer 4 BBG und in § 7 Absatz 1 Nummer 4 BeamtStG Regelungen eingefügt, wonach es einer Berufung in das Beamtenverhältnis entgegensteht, wenn unveränderliche Merkmale des selbst gewählten Erscheinungsbilds der zu ernennenden Person gegen § 34 Absatz 2 BeamtStG oder § 61 Absatz 2 BBG verstoßen.
Ein neuer § 4 Absatz 4 SG stellt die Ermächtigungsgrundlage zur Regelung des Erscheinungsbilds der Soldatinnen und Soldaten dar. Parallel dazu erhält § 37 Absatz 1 SG eine Regelung, wonach in das Dienstverhältnis einer Berufssoldatin, eines Berufssoldaten, einer Soldatin auf Zeit oder eines Soldaten auf Zeit nur berufen werden darf, wer keine unveränderlichen Merkmale des selbst gewählten Erscheinungsbilds aufweist, die mit den Vorgaben der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 4 SG nicht zu vereinbaren sind.
Unveränderliche Merkmale des Erscheinungsbilds verhindern Berufung in Beamtenverhältnis
Künftig steht es einer Berufung in das Beamtenverhältnis entgegen, wenn bestimmte unveränderliche Merkmale des Erscheinungsbilds der zu ernennenden Person mit der Erfüllung der Pflichten nach § 61 Absatz 2 BBG nicht vereinbar sind. Darunter fallen solche Merkmale des Erscheinungsbilds, die auf Grund ihrer ungewöhnlich expressiven Gestaltung in Form, Farbe oder Größe das Gesamterscheinungsbild der oder des Betroffenen maßgeblich prägen. Unveränderlich sind dabei alle Merkmale des Erscheinungsbilds, die nicht ohne wesentlichen Aufwand derart verändert oder beseitigt werden können, dass sie die an das Erscheinungsbild von Beamtinnen und Beamten nach § 61 Absatz 2 gestellten Anforderungen bei Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug erfüllen.
Ein unveränderliches Merkmal des Erscheinungsbilds liegt beispielsweise nicht vor, wenn die Bewerberin oder der Bewerber zum Zeitpunkt der Berufung in das Beamtenverhältnis ein sichtbares Piercing trägt, das für die Ausübung des Dienstes oder für Tätigkeiten mit unmittelbaren Dienstbezug ohne wesentlichen Aufwand und ohne medizinischen Eingriff entfernt werden kann.
Beispiele für Merkmale des Erscheinungsbildes nicht abschließend in § 61 BBG
Im neuen § 61 Absatz 2 Satz 2 werden beispielhaft Merkmale des Erscheinungsbilds genannt, deren Zeigen eingeschränkt oder deren Tragen vollständig untersagt werden kann, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordern. Neben Arten und Erscheinungsformen bestimmter Kleidung, Symbolen, Formen der Haar- und Barttracht und Schmuck, worunter auch Piercings fallen, kann auch das Tragen bzw. Zeigen von Tätowierungen eingeschränkt oder ganz untersagt werden. Weitere Merkmale, welche unter die Vorschrift fallen, sind weitere – bei Ausübung des Dienstes sichtbare – Formen des Körperschmucks wie beispielsweise Brandings, Mehndis, Bodypaintings, Dermal Implants, Cuttings oder Scars.
Durch diese Formen des Erscheinungsbilds könne je nach deren Ausgestaltung die Selbstdarstellung seiner Trägerin oder ihres Trägers in einem solchen Ausmaß betont werden, dass die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Augen des jeweiligen Gegenübers zwangsläufig in den Hintergrund tritt und vom individuellen Ausdruck der Person unverhältnismäßig überlagert wird. Zum sichtbaren Körperbereich gehört der Bereich des Körpers, der von der Kleidung nicht abgedeckt wird. Beispielsweise ist für Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte hierbei die zu tragende Uniform als Maßstab anzusetzen. Sofern man dabei die Sommeruniform zum Maßstab nimmt, handelt es sich beim sichtbaren Körperbereich um den Kopf, den Hals, die Hände und die Unterarme (so auch BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2020 – 2 C 13.19 – Rn. 13).
Verbot grundsätzlich nur bei Tätigkeit mit Außenkontakt zu Bürgern
Eine Untersagung kommt generell nur bei Tätigkeiten mit Außenkontakt zu Bürgerinnen und Bürgern in Betracht. Jedoch kann die Funktionsfähigkeit der Verwaltung im Einzelfall auch dann tangiert sein, wenn der Betroffene gegenwärtig eine Tätigkeit ohne Außenkontakt ausübt, eine solche aber in der jeweiligen Laufbahn zu einem späteren Zeitpunkt ansteht oder in Betracht kommt.
Weitere Änderungen
Auch die laufbahnrechtlichen Vorschriften des BBG und des Bundespolizeibeamtengesetzes (BPolBG) bedurften der Änderungen oder Ergänzungen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner neueren Rechtsprechung die Anforderungen an die Bestimmtheit von Rechtsverordnungsermächtigungen weiter konkretisiert. Insofern wurden die Rechtsverordnungsermächtigungen in den §§ 11, 16 bis 26 und 119 BBG sowie in § 3 BPolBG den Vorgaben angepasst.
Im Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) erfolgen für Waisen zwischen dem 18. und dem 27. Lebensjahr systemgerechte Übertragungen der Regelungen des § 304 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (Sozialschutz-Paket II vom 20. Mai 2020). Danach soll auch dann ein Anspruch auf Waisengeld bestehen, wenn eine Schul- oder Berufsausbildung wegen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nicht angetreten werden kann oder hierdurch die Übergangszeit länger als vier Monate andauert.
Im Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) waren Folgeänderungen zum Besoldungsstrukturenmodernisierungsgesetz (BesStMG) notwendig.
Das Bundesreisekostengesetz (BRKG) erfuhr die Aufnahme der Aspekte „Umweltverträglichkeit“ und „Nachhaltigkeit“. Mit den Änderungen kommt man der Verpflichtung aus dem Klimaschutzprogramm nach, Emissionen aus Dienstreisen zu mindern. Neben dem bisherigen „Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit“ sind nun auch umweltbezogene Kriterien bei der Durchführung der Dienstreisen zu berücksichtigen.
Quelle: Deutscher Bundestag, Drucksache 19/26839