Obwohl der Wehrbeauftragte in seinem aktuellen Jahresbericht auf eklatante Probleme bei der Bundeswehr hinweist, konnten in bestimmten Bereichen auch sichtbare Verbesserungen erzielt werden. So haben sich die Wartezeiten auf Beförderungen in den letzten Jahren spürbar reduziert - auch wenn immer noch tausende Soldatinnen und Soldaten im Beförderungsstau stecken.
Nicht erst seit gestern läuft bei der Bundeswehr einiges schief. In seinem jüngsten Jahresbericht vom 20. Februar 2018 geht auch der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages mit den Streitkräften und der militärischen Führung hart ins Gericht. Zahlreiche gravierende Mängel und Defizite werden thematisiert sowie ein in Teilen desaströses Urteil gefällt. Die Bundeswehr sei vielfach nicht in der Lage, die vorgegebenen Aufgaben und Verpflichtungen zu erfüllen. Dabei existieren etliche der im Bericht angesprochenen Probleme schon deutlich länger. Nur wurde in den letzten Jahren offensichtlich zu wenig getan, um die Situation der Truppe nachhaltig zu verbessern. Viele Defizite sind hausgemacht und ein Ergebnis der letzten Reformvorhaben, einer chronischen Unterfinanzierung sowie von Versäumnissen der verschiedensten Ebenen.
Als ehemaliger Offizier kann ich an dieser Stelle trotz regelmäßiger Wehrübungen natürlich nur bedingt über die aktuelle Einsatzlage von Großgeräten oder die Verfügbarkeit von Ausrüstungsgegenständen argumentieren. Daher möchte ich den Fokus stärker auf einen Aspekt lenken, der in der Bundeswehr schon zu meiner aktiven Dienstzeit immer wieder für große Frustration bei den Betroffenen geführt hat - der Beförderungsstau.
Dauerbrenner Beförderungsstau
Klagen über nicht erfolgte Beförderungen sind bereits seit Jahren ein leidiges Dauerthema. Eine Beförderung kann grundsätzlich dann erfolgen, wenn die laufbahntechnischen und zeitlichen Voraussetzungen im Rahmen der s.g. „Beförderungsreife“ erfüllt sind und die Person auf einem passend dotierten Dienstposten verwendet wird. Darüber hinaus muss auch eine offene Planstelle vorhanden sein, die über den Bundeshaushalt mit Geld unterfüttert ist. Gibt es mehr entsprechende Anwärter als Planstellen, dann ist die sofortige Beförderung nicht möglich und es werden Wartelisten geführt. Soldatinnen und Soldaten mit guten Beurteilungen oder vielen Auslandseinsätzen stehen in der Beförderungsreihenfolge aber stets weiter oben. Kompliziert wird das Ganze dadurch, weil die Wartelisten regelmäßig aktualisiert werden und jeden Monat neue Kandidaten hinzukommen. Das bedeutet, dass leistungsschwächere Soldaten auf den Rangplätzen kontinuierlich nach hinten rutschen und dadurch mitunter viele Monate oder gar Jahre auf eine Beförderung warten. Natürlich führt das bei den Betroffenen zu sehr viel Unmut.
Obwohl in der Bundeswehr derzeit rund 21.000 Dienstposten oberhalb der Ebene der Mannschaftsdienstgrade unbesetzt sind und in den letzten Jahren sehr viel Geld für zusätzliche Planstellen bereitgestellt wurde, ist die Beförderungssituation in einigen Bereichen noch nicht optimal. Welche Dienstgrade verstärkt von möglichen Wartezeiten betroffen sind, schwankt allerdings immer wieder. Vor ein paar Jahren mussten zum Beispiel noch Stabsgefreite, Stabsfeldwebel, Hauptleute oder Majore besonders lange auf die Beförderung warten. Deshalb wurde hier bei der Beschaffung von neuen Haushaltsstellen zuletzt auch ein Schwerpunkt gebildet - mit sichtbaren Verbesserungen. Da die Finanzdecke aber überall zu kurz ist, hat dies jetzt zu Verschiebungen an anderen Stellen geführt. Gemäß den Worten des Wehrbeauftragten warten aktuell rund 3.300 Oberfeldwebel auf die Beförderung zum Hauptfeldwebel. Etwa 10 Prozent aller Oberfeldwebel werden dabei erst mit mehr als 24 Monaten Verzug befördert. Bei der Beförderung zum Stabshauptmann ist die durchschnittliche Wartezeit von 27 auf 14 Monate gesunken. Bei den Offizieren des Truppendienstes stehen ab der Beförderung vom Major zum Oberstleutnant und den nachfolgenden Beförderungen ebenfalls Wartezeiten an.
Besserung der Beförderungssituation deutlich erkennbar
Trotz aller Kritik, mit der die Bundeswehr gerade zu kämpfen hat, lassen sich zumindest aus meiner Sicht beim Thema Beförderungsstau erste Erfolge erkennen. Zu den „Spitzenzeiten“ musste ein Stabsgefreiter im schlechtesten Fall fast zwei Jahre und ein Hauptmann teilweise rund 30 Monate auf die Beförderung warten. Für die Ernennung zum Oberstleutnant wurden zeitweise gar keine offiziellen Angaben mehr über die Wartezeiten bekannt gegeben - die Planstellensituation war einfach zu demotivierend. Inzwischen hat sich hier viel getan und die Masse der Soldatinnen und Soldaten kann heute halbwegs fristgerecht befördert werden. Natürlich kommt im Einzelfall immer noch Frust auf, aber die signifikante Anhebung der verfügbaren Planstellen hat sich ausgezahlt. Allerdings ging das nur zu Lasten anderer militärischer Projekte, weil hierfür Gelder im Verteidigungshaushalt umverteilt bzw. aus Budgeterhöhungen des Wehretats genutzt werden mussten.
Meiner Meinung nach ist die Bundeswehr zumindest beim Abbau der Wartezeiten den richtigen Weg gegangen und hat hierfür sehr viel Geld in die Hand genommen. Zwar mag das an anderer Stelle fehlen, aber ohne motivierte Soldaten nutzt auch die beste Ausrüstung nichts. Immerhin ist mit jedem neuen Dienstgrad eine ordentliche Erhöhung der Dienstbezüge verbunden. Damit wirkt sich jede Beförderung gleich doppelt positiv auf die Dienstzufriedenheit aus, wodurch am Ende vielleicht auch bestimmte Defizite in anderen Bereichen leichter erträglich werden. (sg)
Über den Autor: Stefan Geßner ist ehemaliger Offizier der Bundeswehr und Geschäftsführer der DZE GmbH. Über die Karriereplattform für Zeitsoldaten www.dienstzeitende.de können (ehemalige) Soldaten auf Zeit sowohl Jobs nach der Bundeswehr als auch passende Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten finden.