Instandsetzung der Gorch Fock: Staatsanwaltschaft hat Anklage erhoben

65-mal durchsucht, rund 14 Terabyte Daten und 1.450 Aktenordner sichergestellt, gegen 98 Beschuldigte ermittelt und Vermögensarreste über 14,5 Millionen Euro erwirkt: Eine SoKo aus Oldenburg hatte in Sachen Instandsetzung der Gorch Fock jede Menge zu tun.

Bestechung, Untreue, Betrug und vieles mehr

In den Fokus geraten waren die im Auftrag der Deutschen Marine mit der Gorch-Fock-Überholung betraute Elsflether Werft AG (EW AG), deren Unterauftragnehmer sowie das Marinearsenal Wilhelmshaven. Es geht um Bestechung im geschäftlichen Verkehr, Beihilfe zum Betrug, gewerbsmäßigen Betrug, Untreue im besonders schweren Fall, vorsätzlich unerlaubtes Betreiben von Bankgeschäften, Insolvenzverschleppung und vieles mehr.

Nur die Spitze des Eisberges

Was zunächst relativ unspektakulär aussah, entpuppte sich später als Spitze eines Eisberges und komplexes Mammutverfahren mit einem Marathon von insgesamt 142 Vernehmungen: Einst erstattete das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) im Advent 2018 gegen einen technischen Kostenprüfer des Marinearsenals Wilhelmshaven und zwei Verantwortliche der EW AG in Elsfleth Anzeige – die zwei Vorstandsmitglieder sollen den technischen Kostenprüfer bestochen haben. Dieser war, während die EW AG die Gorch Fock wieder flottmachte, dafür verantwortlich, die Reparaturkosten zu überprüfen, indem er die Angebote und Abrechnungen der Firma und deren Unterauftragnehmer immer sichtete.

Instandsetzung über vierzehnmal teurer als geplant

Eigentlich war die gründliche Überholung des Segelschulschiffes der Deutschen Marine auf nur rund 17 Wochen angelegt, beginnend im Jahr 2016. Ende 2018 lag die Gorch Fock immer noch kaputt in der Werft, als sich der Kostenprüfer zunächst selbst beim Ansprechpartner für Korruptionsprävention des Marinearsenals Wilhelmshaven anzeigte: Da hatten sich die ursprünglich vereinbarten Kosten für das Flottmachen des Marine-Segelschiffes von 9,6 Millionen Euro bereits auf 135 Millionen Euro vervierzehnfacht. Und: Der Kostenprüfer hatte schon zweimal 400.000 Euro auf sein Bankkonto überwiesen bekommen und außerdem Werkzeuge, Dienstleistungen und weitere Zahlungen quasi als Geschenke erhalten.

Die Staatsanwaltschaft Osnabrück veranlasste noch im Dezember 2018 einige Durchsuchungs-Beschlüsse für zunächst sechs Geschäfts- und Wohnräume in Elsfleth, Brake, Bremen und Hamburg. Zudem kam es zu einem Vermögensarrest der durch die EW AG an den Kostenprüfer überwiesenen Summe von 800.000 Euro. Bei der Aktion waren bereits über 30 Kripo-Beamte und ein Staatsanwalt im Einsatz.

SoKo „Wasser”: Ermittlungs-Odyssee

Dies war aber nur der Beginn einer veritablen Ermittlungs-Odyssee: Die Zentrale Kriminalinspektion Oldenburg (ZKI) musste sogar eine Sonderkommission (SoKo) mit dem Decknamen „Wasser“ einrichten! Dabei wurden immer mehr Straftaten entdeckt – mit fast 100 Beschuldigten –, sodass die Ermittler das Ganze dann in vier Themenkomplexe einteilten: Amtsträgerkorruption um den technischen Kostenprüfer des Marinearsenals Wilhelmshaven herum, Ermittlungen gegen die Elsflether Werft AG und deren Sub-Auftragnehmer im Rahmen weiterer Aufträge des geschädigten Kunden Deutsche Marine, Ermittlungen gegen Mitarbeiter und zwei Vorstandsmitglieder der EW AG wegen z.B. Untreue sowie weitere Delikte von Beteiligten.

Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück mit seiner Zentralstelle für Korruptionsstrafsachen einige Verfahren abschließend entschieden und erste Anklagen erhoben. Zum Teil dauern die Ermittlungen (Stand Januar 2022) aber noch an. Ein endgültiger Abschluss des Verfahrens ist somit erst in einigen Monaten zu erwarten.

Quelle: Gemeinsame Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Osnabrück und der Polizeidirektion Oldenburg vom Januar 2022