Ein ehemaliger Oberfeldwebel der Bundeswehr erhält über 1.700 Euro für zusätzliche Gassigänge mit seinem Diensthund. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg wertete eine Lehrgangsbelehrung als verbindliche Anordnung von Mehrarbeit – trotz fehlender Zuständigkeit des Ausstellers und entgegen der offiziellen Vorgaben.
Im Rahmen eines Lehrgangs für Hundeführer der Bundeswehr wurde den Teilnehmenden eine Belehrung vorgelegt, die das tägliche Ausführen des Diensthundes auch an dienstfreien Tagen regelte: Vier Spaziergänge von jeweils mindestens 30 Minuten sollten absolviert werden. Ein Oberfeldwebel folgte dieser Vorgabe zwischen 2017 und 2018 und dokumentierte insgesamt 118 Stunden Mehraufwand. Die offizielle Vorschrift sah jedoch lediglich eine Stunde Hundeversorgung pro dienstfreiem Tag als anrechenbare Dienstzeit vor. Der Soldat beantragte daraufhin die Anerkennung der zusätzlichen Stunden als Mehrarbeit.
Ablehnung durch Vorgesetzte und Verwaltungsgericht
Die zuständige Abteilungsleitung lehnte den Antrag mit Verweis auf das „Konzept Diensthundewesen der Bundeswehr“ und einen „Schulbefehl“ ab. Diese Dokumente definierten klar, dass nur eine Stunde pro Tag als Dienstzeit gelte. Die zusätzliche Zeit sei nicht angeordnet und daher nicht vergütungspflichtig. Auch Beschwerden beim Kommandeur und beim Amtschef blieben erfolglos. Die Belehrung, auf die sich der Soldat berief, sei von einem Hörsaalleiter ausgestellt worden, der nicht befugt gewesen sei, Mehrarbeit anzuordnen. Das Verwaltungsgericht Oldenburg bestätigte diese Einschätzung und wies die Klage ab.
Berufung vor dem OVG Lüneburg erfolgreich
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg ließ die Berufung zu und kam zu einer abweichenden Bewertung. Zwar bestätigte es die grundsätzliche Regelung, dass laut Konzept und Schulbefehl nur eine Stunde Hundeversorgung als Dienstzeit gilt. Die Belehrung am Ende des Lehrgangs wurde jedoch als dienstliche Anordnung von Mehrarbeit gewertet. Ausschlaggebend war unter anderem die formale Gestaltung des Dokuments: Die ausstellende Abteilung war in der Kopfzeile genannt, und laut Verteiler sollte die Belehrung in die Personalakte aufgenommen werden. Auch der Lehrgangszweck – die Förderung der Bindung zwischen Soldat und Diensthund – sprach aus Sicht des Gerichts für eine verbindliche Anordnung.
Zuständigkeitsfragen nicht entscheidend
Das OVG stellte klar, dass die fehlende Zuständigkeit des Hörsaalleiters für die Anordnung von Mehrarbeit nicht ausschlaggebend sei. Entscheidend sei allein, ob eine dienstliche Anordnung vorliege – nicht, ob sie von einer formal befugten Person erlassen wurde. Zudem habe die zuständige Vorgesetzte frühzeitig von dem Widerspruch zwischen Belehrung und Vorschrift erfahren. Mehrere Lehrgangsteilnehmende hatten die Vertrauensperson informiert, die den Fall weiterleitete. Die Vorgesetzte reagierte jedoch nicht mit einer klaren Korrektur, sondern vertröstete den Soldaten mehrfach mit dem Hinweis auf eine interne Prüfung. Erst im späteren Ablehnungsbescheid wurde die Belehrung als fehlerhaft bezeichnet – aus Sicht des Gerichts zu spät und nicht ausreichend.
Vergütung statt Dienstzeitanrechnung
Da der Oberfeldwebel zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr im aktiven Dienst war, stellte er seinen Antrag auf eine finanzielle Vergütung um. Das OVG Lüneburg erkannte die geleistete Mehrarbeit an und sprach ihm eine Vergütung von über 1.700 Euro zu.
Quellen:
OVG Lüneburg, Urteil vom 11.03.2025 – 5 LB 110/23
https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/ovg-lueneburg-5-lb-110-23-geld-gassi-diensthund