Energiekrise: Bundesregierung beschließt temporäre Anpassung des Sanierungs- und Insolvenzrechts

Die anhaltende Energiekrise ist eine große finanzielle Belastung für Unternehmen. Immer mehr Firmen droht wegen der schwachen Konjunktur und steigendem Kostendruck die Insolvenz.

Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigen an

Nach neuesten Zahlen des Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) stieg im September die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften im Vergleich zum Vorjahresmonat um 34 Prozent (ca. 760 Unternehmen) an.

Die derzeitige Situation erschwert es Unternehmen daher zusehends, ihre Unternehmensfinanzen nachhaltig und vorausschauend zu planen. Um Unternehmen in dieser Krisensituation – die unverschuldet in existenzieller Not geraten sind - zur Seite zu stehen, reagiert die Bundesregierung mit einer temporären Anpassung der sanierungs- und insolvenzrechtlichen Vorschriften.

Entwurf einer Formulierungshilfe durch das BMJ

Zu diesem Zweck wurde durch das Bundesministerium der Justiz eine Formulierungshilfe entworfen. Diese sieht vor, dass der Gesetzesentwurf zur Abschaffung des Güterrechtsregisters um eine insolvenz- und restrukturierungsrechtliche Regelung ergänzt wird.

Hintergrund: Für Formulierungshilfen gelten die allgemeinen Bestimmungen der GGO für Regierungsinitiativen nicht. Nach § 52 Absatz 2 GGO ist nur erforderlich, dass Formulierungshilfen, die inhaltlich von Beschlüssen der Bundesregierung abweichen oder über sie hinausgehen, den am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Ressorts und dem Bundeskanzleramt unverzüglich - möglichst noch vor Zuleitung an die Ausschüsse des Bundestages - zur Kenntnis zu geben sind. Sie haben damit grundsätzlich nur Informationscharakter. Da mithin sowohl die Kabinetts- und Ressortabstimmung wie auch die erste Beratung im Bundesrat entfallen, können dadurch Gesetzesänderungen schneller verabschiedet werden.

Umsetzung der insolvenzrechtlichen Vorgaben des 3. Entlastungspakets

Die Veränderungen im Insolvenzrecht sind Teil des von der Bundesregierung beschlossenen 3. Entlastungspakets. Anknüpfungspunkt ist eine Reform des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG), so dass diese Regelungen zukünftig Teil eines sogenannten Sanierungs- und insolvenzrechtlichem Krisenfolgenabmilderungsgesetz (SanInsKG) sein werden.

Folgende Änderungen sind vorgesehen:

  1. Anpassung der Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung nach § 15a InsO; Verkürzung des Prognosezeitraums für die Feststellung einer Überschuldung gemäß § 19 Absatz 2 InsO (insolvenzrechtliche Fortführungsprognose) auf vier Monate.

    Die Regelung soll ebenfalls für Unternehmen gelten, bei denen bereits vor dem Inkrafttreten eine Überschuldung vorlag, der für eine rechtzeitige Insolvenzantragstellung maßgebliche Zeitpunkt aber noch nicht verstrichen ist.

    Die Regelung ist bis zum 31. Dezember 2023 befristet. Wichtig ist, dass bereits ab dem 1. September 2023 der ursprüngliche Prognosezeitraum von 12 Monaten wieder relevant werden kann, wenn absehbar ist, dass auf Grundlage der ab dem 1. Januar 2024 wieder auf einen 12-monatigen Zeitraum zu beziehenden Prognose eine Überschuldung bestehen wird.

    Die Insolvenzantragspflicht wegen Zahlungsunfähigkeit bleibt von der Regelung unberührt.

  2. Verkürzung der Planungszeiträume für die Erstellung von Eigenverwaltungs- und Restrukturierungsplanungen befristet bis zum 31. Dezember 2023 auf vier Monate.

  3. Erhöhung der Höchstfrist für die Insolvenzantragstellung wegen Überschuldung befristet bis zum 31. Dezember 2023 auf acht Wochen. Insolvenzanträge sind jedoch weiterhin ohne schuldhaftes Zögern zu stellen (§ 15a Absatz 1 Satz 1 InsO). Die Höchstfrist darf nicht ausgeschöpft werden, wenn zu einem früheren Zeitpunkt feststeht, dass eine nachhaltige Beseitigung der Überschuldung nicht erwartet werden kann.

    Die Höchstfrist zur Antragstellung wegen Zahlungsunfähigkeit bleibt hingegen unberührt.

(Quelle: Bundesministerium der Justiz / IWH; Text redaktionell bearbeitet)