Union und SPD haben ihren Kompromiss zur Neuausrichtung des Wehrdienstes vorgestellt. Der Dienst soll weiterhin auf Freiwilligkeit beruhen, zugleich aber durch eine verpflichtende Musterung und die Möglichkeit einer Bedarfswehrpflicht ergänzt werden. Die Koalition sieht darin einen verlässlichen Rahmen für den künftigen Aufwuchs der Streitkräfte.
Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz zeigten sich Vertreterinnen und Vertreter beider Regierungsfraktionen zufrieden mit dem erzielten Ergebnis. Die neuen Regelungen sollen im Dezember verabschiedet werden und 2026 in Kraft treten.
Freiwilligkeit bleibt Grundprinzip
Unionsfraktionschef Jens Spahn erklärte, man schaffe “mehr Verbindlichkeit in der Freiwilligkeit”. Ein gesetzlich festgelegter Aufwuchspfad soll die Entwicklung der Personalzahlen transparent gestalten. Reiche das freiwillige Engagement nicht aus, könne eine gesetzliche Verpflichtung notwendig werden. Auch SPD-Fraktionsvorsitzender Matthias Miersch betonte den Vorrang der Freiwilligkeit und kündigte an, bei Bedarf müsse der Bundestag die Lage erneut bewerten.
Ab dem kommenden Jahr sollen alle 18-Jährigen einen Fragebogen erhalten, der Motivation und Eignung für den Dienst in der Bundeswehr abfragt. Für Männer ist die Beantwortung verpflichtend. Gleichzeitig beginnt mit Inkrafttreten des Gesetzes die schrittweise Einführung der flächendeckenden Musterung aller ab dem 1. Januar 2008 geborenen Männer.
Der Kompromiss sieht die Möglichkeit einer Bedarfswehrpflicht vor. Sie kann per Gesetz durch den Bundestag aktiviert werden, wenn sicherheitspolitische Entwicklungen oder die Personallage der Streitkräfte dies erfordern. Einen automatischen Mechanismus für die Einberufung soll es nicht geben. Übersteigt die Zahl möglicher Wehrpflichtiger den tatsächlichen Bedarf, kann als letztes Mittel ein Zufallsverfahren angewandt werden.
Anreize für längere Dienstzeiten
Der freiwillige Wehrdienst bleibt als besonderes staatsbürgerliches Engagement erhalten. Ab einer Verpflichtungsdauer von zwölf Monaten soll der Status “Soldat auf Zeit (SAZ 1)” gelten. Zudem wird die Bezahlung auf rund 2.600 Euro brutto monatlich erhöht. Nach einem Jahr Dienstzeit ist ein Zuschuss zu Pkw- oder Lkw-Führerscheinen vorgesehen, ergänzt durch zusätzliche Ausbildungsangebote z. B. im Bereich der IT.
Zustimmung in den Fraktionen
Die Einigung wurde am Mittwochabend in einem Gespräch zwischen Jens Spahn, Matthias Miersch und Verteidigungsminister Boris Pistorius erzielt. Pistorius zeigte sich sehr zufrieden mit dem Kompromiss. Auch in den Fraktionen stieß das Vorhaben auf breite Zustimmung, nachdem zuvor insbesondere Zielmarken für den Aufwuchs der Truppe und das Auswahlverfahren für den Fall unzureichender Freiwilligenzahlen strittig gewesen waren.
Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/wehrdienst-einigung-details-100.html