Coronatests in Betrieben – was zu beachten ist

Die Änderungen der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung treten in Kraft. Welche arbeitsrechtlichen Vorgaben sind bei der Durchführung von Coronatests in Betrieben zu beachten?

Am Dienstag, 13. April 2021, hat das Bundeskabinett die Testpflicht für Unternehmen beschlossen. Die Änderung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung wurde im Bundesanzeiger (BAnz AT 15.04.2021 V1) verkündet und tritt am 20. April 2021 in Kraft. So sollen Infektionen schnell erkannt und Corona-Ausbrüche verhindert werden.  

Wie viele Tests sind anzubieten?

Hintergrund dieser Regelung ist die Tatsache, dass voraussichtlich Zeit nicht ausreichend Impfstoff zur Verfügung stehen wird. Im Rahmen der nationalen Teststrategie sollen nun Unternehmen stärker in die Pflicht genommen werden.

Sofern Arbeitnehmer nicht ausnahmslos im Homeoffice arbeiten müssen ihnen die Arbeitgeber verpflichtend Coronatests anbieten. Und zwar muss es grundsätzlich ein Testangebot pro Woche sein. Ausnahmsweise umfasst diese Verpflichtung zwei Tests pro Woche, nämlich für Mitarbeiter, die regelmäßigen Kundenkontakt haben. 

Achtung: „Angebotspflicht“  

Bei der beschlossenen Verpflichtung handelt es sich allerdings nur um eine Angebotspflicht seitens der Arbeitgeber, eine Testpflicht für die Arbeitnehmer gibt es nicht.  

Ob Arbeitgeber ihre Mitarbeiter zur Durchführung solcher Tests verpflichten können, wird vom jeweiligen Einzelfall anhängig sein.  

Auch eine Dokumentationspflicht wurde nicht beschlossen. Es würde also prinzipiell ausreichen, den Beschäftigten die Selbsttests einfach nach Hause zu schicken oder die Tests frei im Büro zugänglich zu machen

Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums bieten inzwischen rund 70 Prozent der Unternehmen ihren Beschäftigten wöchentliche Testmöglichkeiten an, weitere Angebote kämen hinzu. Damit konnte das von der Bundesregierung erklärte Ziel, 90 Prozent aller Beschäftigten Testangebote durch ihre Arbeitgeber zu verschaffen, nicht erreicht werden. 

Änderung der Arbeitsschutzverordnung

Die Bundesregierung beschloss unter Berücksichtigung des Infektionsgeschehens nun, dass regulatorischer Handlungsbedarf in der Arbeitsschutzverordnung besteht und führte daher die Verpflichtung für Unternehmen ein, ihren Mitarbeitern einen beziehungsweise ausnahmsweise zwei Coronatests pro Woche anzubieten, soweit diese nicht im Homeoffice arbeiten. Die Kostentragung für die Tests liegt nach aktuellem Stand bei den Unternehmen.  

Das Testangebot wird als Fürsorgepflicht der Arbeitgeber für die Beschäftigten in der Pandemie angesehen. Insofern müsse der Arbeitgeber die Kosten für die Tests übernehmen. Man rechnet mit ca. 130 € pro Arbeitnehmer für den Geltungsbereich der Verordnung bis Ende Juni. Staatshilfen dafür stehen bisher noch nicht in Aussicht. 

Geltung für den öffentlichen Dienst?

Die Vorschrift gilt im Grundsatz für alle Arbeitgeber, öffentliche genauso wie private. Ob eine Kontrollbehörde im Ernstfall Bußgelder gegen eine andere Behörde verhängt, ist offen.

Laut Arbeitsschutzverordnung sind für Verstöße derselben Bußgelder bis zu 30.000 € möglich. Bei besonders schweren Verstößen sind auch Betriebsschließungen möglich. Hier handelt es sich um die Rechtsgrundlagen, die Arbeitgebern seit Anfang des Jahres verpflichten, ihren Beschäftigten das Homeoffice anzubieten. 

Manche Bundesländer hatten bereits Testpflicht

Einige Bundesländer – darunter Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen – haben in ihren Coronaschutzverordnungen bereits eine Testpflicht für Pflegepersonal in Heimen oder für Mitarbeiter ambulanter Pflegedienste geregelt. Ob ein PCR-Test bzw. Antigen-Schnelltest erforderlich ist oder ob ein Selbsttest ausreicht, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. In Sachsen beispielsweise müssen sich seit Mitte März Verkäufer und andere Beschäftigte mit direktem Kundenkontakt einmal pro Woche testen lassen (§ 3a Abs. 2 SächsCoronaSchVO). Für die Kosten muss der Arbeitgeber aufkommen. 

Arbeitgeber darf im Einzelfall Coronatest anordnen

Berücksichtigt werden muss, dass der Coronatest einen Eingriff in die körperliche Integrität und das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt. Außerdem werden sensible Gesundheitsdaten des Arbeitnehmers verarbeitet. Unter den Gesichtspunkten des Arbeits- und Datenschutzrechts ist eine verpflichtende Testanordnung nur angezeigt, wenn das Interesse des Arbeitgebers an der Durchführung eines Tests die arbeitnehmerseits betroffenen Grundrechte überwiegt. Dies ist dann gegeben, wenn Arbeitnehmer coronatypische Symptome wie Husten oder Fieber haben. Auch in Bezug auf Mitarbeiter, die in Kontakt mit einer Verdachtsperson gekommen sind, wäre ein verpflichtender Test wohl möglich.  

Andere Fälle wären, dass Mindestabstände nicht eingehalten werden können oder Kontakt zu Risikogruppen besteht. Allerdings ist diese Abwägung immer vom konkreten Einzelfall abhängig.  

Was sagen die Gerichte?

Man darf davon ausgehen, dass die Arbeitsgerichte sich demnächst mit den hier aufgeworfenen Fragen beschäftigen müssen.  

Bisher gab es eine (mittelbare) Entscheidung des Arbeitsgerichts Offenbach. Ein Arbeitnehmer machte im Eilverfahren geltend, dass der Arbeitgeber die Beschäftigung nicht von der Durchführung eines PCR-Tests abhängig. Dabei ist zu beachten, dass ein Coronatest einen Eingriff in die körperliche Integrität und das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt. Zugleich werden sensible Gesundheitsdaten des Arbeitnehmers verarbeitet. Unter arbeits- und datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten ist eine verpflichtende Testanordnung daher nur möglich, wenn das Interesse des Arbeitgebers an der Durchführung eines Tests die arbeitnehmerseits betroffenen Grundrechte überwiegt machen dürfe. Im Rahmen einer Betriebsvereinbarung hatten Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbart, dass Arbeitnehmern ohne negativen Coronatest der Zutritt zum Werksgelände verweigert werden kann. Da das Gericht keine Eilbedürftigkeit erkennen konnte, wurde das Verfahren – ohne Entscheidung in der Sache – abgewiesen.

Aber bereits die Tatsache, dass das Gericht den Antrag nicht zur Entscheidung angenommen hat, zeigt, dass maßgebliche Bedenken aus Sicht der Richter nicht bestehen.  

Konsequenzen für „Verweigerer“

Es ist anzunehmen, dass Arbeitnehmer, die einen Test ablehnen, obwohl der Arbeitgeber einen solchen anordnen durfte, mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen haben. Im Falle einer (unberechtigten) Testverweigerung bietet der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß an. Der Arbeitgeber darf dann die Arbeitsleistung ablehnen und den Arbeitnehmer unbezahlt freistellen.  

Da der Arbeitnehmer überdies seine arbeitsvertraglichen Nebenpflichten verletzt, kann der Arbeitgeber das Verhalten abmahnen und das Arbeitsverhältnis im einschlägigen Wiederholungsfall gegebenenfalls kündigen.