Erstmals seit dem Kalten Krieg sollen auch zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Beamte der Bundeswehr mit robuster persönlicher Schutzausrüstung ausgestattet werden. Ziel ist es, die Einsatzfähigkeit der gesamten Organisation im Krisen- und Verteidigungsfall zu erhöhen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius plant sämtliche rund 80.000 zivilen Angestellten und Beamten der Bundeswehr sowie seines Ministeriums mit schusssicheren Westen und Gefechtshelmen auszustatten. Die Maßnahme ist Teil einer umfassenden Ausrichtung der Bundeswehr auf die Anforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung.
Vorbereitung auf den Ernstfall
In der Vorlage aus dem Verteidigungsressort wird die Ausstattung des zivilen Personals als notwendig bezeichnet, um die „Einsatzfähigkeit im Ernstfall“ zu gewährleisten. Die Versorgung soll schrittweise in den kommenden Jahren erfolgen. Konkrete Kosten für die Anschaffung der 80.000 Schutzwesten und Helme werden sind nicht bekannt.
Zum Kreis der zivilen Beschäftigten zählen unter anderem Beamte des Bundesministeriums der Verteidigung, Mitarbeiter des Beschaffungsamtes und der wehrtechnischen Dienststellen sowie zahlreiche Technikerinnen, Techniker und Verwaltungsangestellte. Bislang verfügten nur kleinere Teile dieses Personals über eine entsprechende Schutzausrüstung.
Teil eines milliardenschweren Ausstattungspakets
Die geplante Ausstattung der zivilen Mitarbeiter ist eingebettet in ein umfangreiches Rüstungs- und Bekleidungsvorhaben. Insgesamt beantragte das Verteidigungsministerium zusätzliche 21 Milliarden Euro beim Haushaltsausschuss des Bundestages. Damit sollen Soldatinnen und Soldaten, neue Wehrdienstleistende sowie Reservisten eingekleidet werden. Bisher waren für die kommenden Jahre rund zehn Milliarden Euro für die persönliche Ausstattung der Truppe vorgesehen.
Hintergrund ist der geplante personelle Aufwuchs der Bundeswehr. Angesichts der aktuellen Bedrohungslage soll die Zahl der aktiven Soldaten bis 2035 auf 265.000 steigen. Zusätzlich müssen etwa 200.000 Angehörige einer stehenden Reserve ausgestattet werden. Intern firmiert die Bekleidungsoffensive unter dem Projektnamen „Faser“, kurz für „Feldausstattung Soldat / Erweiterte Reserve“.
Mehr Neueinkleidungen durch Wehrdienst
Teil des Vorhabens ist auch die Ausstattung neuer Wehrdienstleistender. Ab dem kommenden Jahr rechnet die Bundeswehr mit etwa 20.000 Männern, die den neuen Wehrdienst beginnen sollen. In den vergangenen Jahren hatten sich rund 13.000 Rekruten gemeldet. Nach Angaben des Wehrressorts führen die kurzen Stehzeiten zu einer erheblich steigenden Zahl an Neueinkleidungen. Gleichzeitig werde bei der Ausstattung neuer Rekruten ein hoher Qualitätsstandard angestrebt, was zusätzliche Mittel erforderlich mache.
Kritik vom Bundesrechnungshof
Der Bundesrechnungshof äußerte deutliche Kritik an den Plänen des Verteidigungsministeriums. In einem Prüfbericht bemängeln die Experten, dass bislang keine konkreten und belastbaren Planungen für den personellen Aufwuchs der Bundeswehr vorlägen. Dennoch beabsichtige das Ministerium, vollständige Ausrüstungssets für bis zu 460.000 Soldatinnen und Soldaten zu beschaffen.
Nach Einschätzung der Prüfer bestehe das Risiko, dass Bekleidung über den tatsächlichen Bedarf hinaus angeschafft werde. Zudem kritisieren sie, dass das milliardenschwere Projekt an eine Inhouse-Gesellschaft der Bundeswehr vergeben werden soll. Dies berge sowohl vergaberechtliche Risiken durch mögliche Klagen von Wettbewerbern als auch die Gefahr einer sogenannten „Rüstungsinflation“. In dem Bericht wird gewarnt, dass die Beschaffung überteuert sowie wenig innovativ und resilient ausfallen könnte.
Quelle: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/zivile-bundeswehr-mitarbeiter-und-beamte-bekommen-schussweste-und-helm-a-3d2da47d-6f77-4bff-bba9-456536fc5ab0