Oberst André Wüstner, der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes (DBwV), fordert, das Vergabe- und Haushaltsrecht für die Bundeswehr umfassender zu verändern.
In einem Interview mit dem Fernsehsender Phoenix sieht er die Bundeswehr für Kernaufgaben in landeseigenen Pflichten und in Sachen verbündeter NATO-Staaten kaum gewappnet: „Wir kommen ja aus einer Zeit kleiner Ertüchtigungseinsätze einer Reform 2010/11(…) wo es um Zentralisierung, um Sparmaßnahmen und vieles andere“ gegangen sei, „aber nicht mehr um das, was Militär tatsächlich ausmacht, insbesondere die Kernaufgabe Landes- und Bündnisverteidigung.“
Persönliche Ausstattung und Großprojekte
Erst vor Kurzem hatte Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigt, 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr investieren zu wollen. Dazu sagt Oberst André Wüstner nun: „Es geht um eine strukturelle Anpassung, es geht darum, jetzt schnell ein Sofort-Programm aufzulegen, das dringend benötigt“ werde, wobei der Vorsitzende des DBwV sowohl die persönliche Ausstattung der Soldatinnen und Soldaten meint als auch die langfristigen Großprojekte.
Das Vergaberecht sowie das Beschaffungswesen der Bundeswehr müsse dringend verbessert werden, um die angekündigten 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr umzusetzen: „Da geht es nicht nur um ein Einzelprojekt Tornado-Nachfolge oder um einen neuen schweren Hubschrauber, sondern insbesondere um das, was uns ausmacht.“ Im Verbund müsse nun Material zulaufen, um Truppenteile wieder geordnet zur Verfügung zu stellen „und nicht wie in den letzten Jahren, so waren wir ausgerichtet, nur kleine Gebinde, einzelne Einheiten für Mali, Nord-Irak oder vergleichbar.“
Verändertes Aufgabenrepertoire
Die aufziehende, für Zentral- und Westeuropa immer bedrohlicher werdende Situation an der östlichen Peripherie der Europäischen Union und des NATO-Bündnisses machen es notwendig, strukturelle Veränderungen in der Bundeswehr herbeizuführen: „Ohne eine Anpassung des Vergabe- und Haushaltsrechts, der Beschaffungsorganisation, werden diese 100 Milliarden nicht geordnet abfließen“, sagt Oberst André Wüstner. „Wir bieten hier ein Puzzle-Stück, das wir im Bündnis (…) einpassen. Das neue Verteidigungsbild muss nochmal beschrieben werden, und daraus muss abgeleitet werden.“
Erstmals kann Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel der NATO voraussichtlich einhalten. Und dies ist auch sinnvoll, haben sich doch die in den letzten Jahrzehnten herausgebildeten Bundeswehr-Aufgaben nahezu schlagartig verändert. Die Bundeswehr kämpft jedoch mit eigenen Material-Problemen, wie Oberst André Wüstner bemängelt: „Wir haben teilweise Funkgeräte, die sind über 40 Jahre alt, wir können mit Verbündeten kaum kommunizieren.“ Und: „Ob das die Bekleidung ist, die Schutzweste, der Helm, das Nachtsichtgerät: Da muss jetzt schnell etwas passieren.“
Quelle: ots/Phoenix