Ex-Soldat verliert Ruhegehalt wegen unerlaubter Nebentätigkeit

Ein ehemaliger Soldat verliert sein Ruhegehalt, weil er über Jahre eine nicht genehmigte Nebentätigkeit im Versicherungsvertrieb ausgeübt hat. Ausschlaggebend waren der Umfang der Tätigkeit, deren Fortsetzung trotz disziplinarer Ermittlungen und dass er die Tätigkeit selbst während seiner Krankschreibung fortsetzte.

Der Senat erkannte dem früheren Soldaten das Ruhegehalt ab und legte ihm die Kosten des gesamten Verfahrens auf. Nach den Feststellungen arbeitete der Betroffene von März 2015 bis Juni 2017 ohne Genehmigung im Bereich der Vermittlung von Finanzdienstleistungsprodukten für zwei Unternehmen und erzielte Provisionszahlungen in Höhe von insgesamt 141.459,96 Euro. Er setzte die Tätigkeit fort, obwohl er am 16. Dezember 2016 auf die Rechtswidrigkeit hingewiesen worden war.

Verfahrensgang und Ausgangslage

Das Truppendienstgericht Süd hatte zunächst eine Kürzung des Ruhegehalts um zwei Fünftel ausgesprochen (Az. S 2 VL 20/21). Dagegen legte die Wehrdisziplinaranwaltschaft Berufung ein – mit Erfolg. Der 2. Wehrdienstsenat entschied in nichtöffentlicher Hauptverhandlung am 19. Juni 2025 und stellte eigene Tat- und Schuldfeststellungen an. Maßgeblich waren Vertragsunterlagen, Provisionsabrechnungen sowie Aussagen der damaligen Disziplinarvorgesetzten und eines Kameraden.

Nicht genehmigungsfähige Nebentätigkeit

Die Richter werteten die Tätigkeit als Nebentätigkeit im Ausmaß eines Zweitberufs (§ 20 Abs. 2 SG) und damit als nicht genehmigungsfähig. Bereits die Vergütung überschritt die 40-Prozent-Grenze des jährlichen Endgrundgehalts (§ 20 Abs. 2 Satz 5 SG) um ein Vielfaches. Auf eine spätere (teilweise) Rückzahlung von Provisionen komme es disziplinarisch nicht an; sie mindere nicht den Umfang der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit.

Der frühere Soldat verletzte somit vorsätzlich die Pflicht zur Einholung einer Genehmigung für entgeltliche Nebentätigkeiten (§ 20 Abs. 1 SG) sowie die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten im dienstlichen Bereich (§ 17 Abs. 2 SG). Zusätzlich sah der Senat einen Verstoß gegen die Kameradschaftspflicht (§ 12 SG) als erwiesen an: Der Betroffene veranlasste einen rangniedrigeren Kameraden, Tippgeberverträge einzugehen, und stellte diese Tätigkeit als mit dem Soldatenberuf vereinbar dar, was ein disziplinarisches Vorgehen gegen den Kameraden nach sich zog.

Besonders ins Gewicht fielen die Fortsetzung der Nebentätigkeit nach der disziplinarrechtlichen Vernehmung am 16. Dezember 2016, also trotz Kenntnis laufender Ermittlungen, die Ausübung während Krankschreibung und attestierter Dienstunfähigkeit sowie die Dauer und Intensität der Tätigkeit über mehr als zwei Jahre mit zahlreichen Vertragsabschlüssen. Vom Senat angeführte persönliche Belastungen und finanzielle Motive wirkten nicht maßnahmemildernd, da sie für die Aufnahme der Nebentätigkeit nicht ursächlich waren und eine Anpassung des Lebensstandards zumutbar gewesen wäre.

Höchstmaßnahme begründet

Für die Fallgruppe der ungenehmigten Nebentätigkeit reicht das Sanktionsspektrum bis zur Dienstgradherabsetzung. Angesichts des außergewöhnlichen Umfangs und der erschwerenden Umstände sah der Senat die Voraussetzungen für die Höchstmaßnahme als erfüllt: Wäre der Betroffene noch im Dienst, wäre seine Entfernung aus dem Dienstverhältnis geboten. Bei Soldaten im Ruhestand führt dies zur Aberkennung des Ruhegehalts (§ 60 Abs. 2 Nr. 4, § 67 Abs. 1 WDO). Unter der Aberkennung des Ruhegehalts, fällt nach § 1 Abs. 3 WDO die Übergangsbeihilfe. Eine behauptete Überlänge des Verfahrens vermochte die Maßnahme nicht zu mildern.

Quelle: BVerwG, Urteil vom 19.06.2025 ‒ 2 WD 25.24 

https://www.bverwg.de/de/190625U2WD25.24.0