Fast drei Jahre nach dem Inkrafttreten des Bundeswehr-Reformbegleitgesetzes folgt bald auch die zugehörige Änderung der Berufsförderungsverordnung. Was bringt die neue Verordnung wirklich?
Der eine oder andere Leser kann sich vielleicht noch daran erinnern: Mit dem Bundeswehr-Reformbegleitgesetz (BwRefBeglG) wurden am 26. Juli 2012 bei der Berufsförderung von Zeitsoldaten der Bundeswehr einige gravierende Neuerungen in Kraft gesetzt. So wurde unter anderem der Anspruch auf Freistellung vom militärischen Dienst zur Teilnahme an geförderten Maßnahmen zur beruflichen Aus- und Weiterbildung ersatzlos gestrichen. Was zunächst recht harmlos klingt, führt in der Folge dazu, dass Soldaten auf Zeit (SaZ) ihre Uniform nicht mehr bis zu maximal zwei Jahre vor dem regulären Dienstzeitende an den Nagel hängen und an Weiterbildungsmaßnahmen in Vollzeit teilnehmen können. Darüber hinaus wurden auch die beiden bisherigen finanziellen Fördertöpfe zusammengelegt sowie einige weitere kleinere und größere Änderungen vorgenommen.
Was lange währt, währt gut?
Über eintausend Tage sind vergangen, bis am 10. Juli 2015 die längst überfällige Änderung der Berufsförderungsverordnung (BföV) den Bundesrat passiert hat und jetzt endlich in Sicht ist. Denn bis dato waren zahlreiche Eckdaten der im Reformbegleitgesetz verankerten Bestimmungen für die Anwendung in der Praxis noch nicht ausreichend angepasst. So stammt die (noch) aktuelle Fassung der Berufsförderungsverordnung, in der die Durchführung der Berufsförderung von Zeitsoldaten detailliert geregelt ist, noch aus dem Jahr 2006. Insbesondere die finanziellen Höchstbeträge, also bis zu welchen maximalen Kostengrenzen Bildungsmaßnahmen gefördert werden dürfen, waren lange unklar. Daher wurden sie von vielen der „neuen“ SaZ - deren Ernennung ab dem Stichtag 26. Juli 2012 erfolgte - schon mit Spannung erwartet. Für alle „älteren“ Soldaten gelten hier jedoch nach wie vor die früheren Kostenhöchstgrenzen und Kostenrichtwerte.
Doch was bewirkt die neue Berufsförderungsverordnung in der Praxis genau? Neben zahlreichen redaktionellen Änderungen und Anpassungen wurden auch einige wichtige Neuerungen erzielt. So hat man in der Verordnung bestimmte Formulierungen ergänzt oder stärker konkretisiert, was natürlich vorhandene Interpretations- und Auslegungsspielräume vermindert. Zudem tauchen neben einer genaueren Definition für schulische und berufliche Bildung erstmals konkrete Mindestinhalte und Prozessabläufe für die Berufsberatung durch den Berufsförderungsdienst der Bundeswehr (BfD) auf. Auch werden die primären Beratungsziele und Möglichkeiten einer Evaluation verbindlich festgehalten.
Wichtige Änderungen
Das neue Förderrecht kommt - nach der noch zu erfolgenden Bekanntmachung durch das Bundesministerium der Verteidigung sowie dem anschließenden Inkrafttreten - grundsätzlich bei allen Soldaten der Bundeswehr zum Tragen. Allerdings bleiben für „alte“ Zeitsoldaten, also deren Ernennung vor dem 26. Juli 2012 erfolgte, in bestimmten Bereichen noch die ursprünglichen Regelungen bestehen. Das betrifft unter anderem die Höchstbeträge der Förderung oder die Ermessensfreistellung.
Eine echte Überraschung ist indes, dass an den „internen“ Maßnahmen des BfD künftig auch Soldaten auf Zeit, die bereits aus der Bundeswehr entlassen sind, kostenfrei teilnehmen können - und zwar bis zu 6 Jahre nach dem Dienstzeitende sowie im Rahmen von freien Kapazitäten. Zudem werden für die „neuen“ SaZ die Zeiträume der Ermessensfreistellung reduziert, in deren Rahmen sie unter ganz bestimmten Auflagen schon vor ihrer Entlassung an einer Vollzeit-Bildungsmaßnahme teilnehmen dürfen. Darüber hinaus können vom BfD bald auch Maßnahmen anteilig gefördert werden, wenn der entsprechende Förderantrag vom Teilnehmer erst nach dem Start seines Kurses gestellt wird. Ferner werden bestimmte Meldeverpflichtungen für Soldaten verschärft, die Widerrufsmöglichkeit des BfD für Förderzusagen erleichtert, die zeitlichen Anforderungen für eine Bildungsmaßnahme in Vollzeitform leicht modifiziert und Kostenpauschalen für Lernmittel sowie Verbrauchsmaterial eingeführt.
Neue Fördersätze
Bei den Höchstgrenzen der finanziellen Förderung für die „neuen“ SaZ gibt es im Grunde keine großartigen Abweichungen zu den bisherigen Kostengrenzen der „alten“ SaZ. Zwar lassen sich die Summen nur bedingt miteinander vergleichen, doch liegen die Gesamtbeträge in ähnlichen Größenordnungen. Parallel dazu wurden die Sätze linear an die Verpflichtungszeiten angepasst, was vor allem SaZ mit 5, 7 oder 11 Dienstjahren freuen wird. Einzig die Offiziere mit erfolgreich abgeschlossenem Studium haben ein deutlich kleineres Förderbudget als früher.
Ein Aspekt ist in diesem Zusammenhang überaus wichtig und wird schnell übersehen: Für Soldaten auf Zeit besteht neuerdings ein Rechtsanspruch auf die gesamte Höhe der Fördersätze. Das war bisher nämlich nicht der Fall, da das BfD-Budget für Maßnahmen während der Dienstzeit nicht zwingend zur Verfügung stand. Eine Förderung konnte im Rahmen der Kostenrichtwerte erfolgen - musste es aber nicht. Nur die BfD-Gelder am Ende und nach der Dienstzeit durften vom Soldaten verbindlich genutzt werden.
Fazit
Die Anpassung der Berufsförderungsverordnung war natürlich längst überfällig. Aber auch wenn der Gesetzgeber nicht alles grundlegend überarbeitet hat, sind doch einige sinnvolle Verbesserungen und Ergänzungen eingearbeitet worden. Gerade die verbindlichen Anforderungen an die Berufsberatung oder die Öffnung der internen BfD-Maßnahmen auch für bereits entlassene SaZ sind ein großer Sprung nach vorn. Mit der Zusammenlegung der Fördergelder in nur noch ein Budget - auf das der Soldat zudem in voller Höhe einen Rechtsanspruch bekommt - wird der Planungshorizont für größere Bildungsmaßnahmen nicht unerheblich gesteigert.
Als kleiner Wehrmutstropfen bleibt vielleicht, dass die Regelungen zur Erstattung von Kosten nicht weiter konkretisiert oder vereinfacht wurden. Immerhin ist das erfahrungsgemäß ein Bereich, in dem es in der Praxis häufig unterschiedliche Auslegungen und dadurch je nach Standort variierende Rückzahlungsmodalitäten der Kursgebühren gibt. Dies ist aber nicht nur für die Soldaten, sondern auch für die Bildungsunternehmen verwirrend. Trotzdem ist die Änderung der Berufsförderungsverordnung insgesamt gelungen und sollte den BfD fit für die Zukunft machen - zumindest aber für die nächsten Jahre.
Über den Autor: Stefan Geßner ist ehemaliger Offizier der Bundeswehr und Geschäftsführer der DZE GmbH. Über die Karriereplattform für Zeitsoldaten www.dienstzeitende.de können (ehemalige) Soldaten auf Zeit sowohl Jobs nach der Bundeswehr als auch passende Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten finden.