Gesetzliche Grundlage für Kopftuchverbot für Rechtsreferendarin erforderlich

Für einen Eingriff in die Religionsfreiheit ist eine gesetzliche Grundlage erforderlich. Diese hat bei dem Kopftuchverbot gefehlt. Auch ein Feststellungsinteresse ist gegeben.

Eine Auflage, die das Tragen eines Kopftuchs bei hoheitlichen Tätigkeiten im Referendariat verbietet, kann von der betroffenen Rechtsreferendarin auch dann noch in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren angegriffen werden, wenn die Auflage nach acht Monaten mangels Bedeutung für die weiteren Ausbildungsstationen aufgehoben worden ist. Darüber hinaus kann die Auflage mittels einer Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffen werden. Diese Entscheidung wurde mit Urteil vom 12. November 2020 (Az. 2 V 5.19) durch das Bundesverwaltungsgericht getroffen.

Auflage nicht mehr erforderlich

Die Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst in Bayern wurde der Klägerin nur unter der Auflage erteilt, dass „bei Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung (z. B. Wahrnehmung des staatsanwaltlichen Sitzungsdienstes, Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen in der Zivilstation) keine Kleidungsstücke, Symbole und andere Merkmale getragen werden dürfen, die objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die religiöse-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung zu beeinträchtigen“. Der eingelegte Widerspruch war erfolglos. Die Referendarin erhob daraufhin Klage. Das Gericht hob die Auflage auf. Acht Monate nach Beginn des Referendariats war die Strafrechtsstation beendet. Begründet wurde die Aufhebung damit, dass die Auflage nicht mehr erforderlich sei.

Feststellungsinteresse

Die Klägerin beantragte daraufhin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Auflage. In den vorherigen Instanzen gab das Verwaltungsgericht Augsburg (Urt. v. 30.06.2016 – Au 2 K 15.457) der Klägerin Recht, mangels Feststellungsinteresse erklärte dagegen der Bayrische Verwaltungsgerichtshof (Urt. v. 07.03.2018 – 3 BV 16.2040) die Klage für unzulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hob das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts auf und stellte das erstinstanzliche Urteil wieder her. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig. Die Auflage stelle einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff dar. Die Auflage erledige sich typischerweise zu kurzfristig, um Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren zu gelangen.

Religionsfreiheit

Gleichzeitig hielt das Bundesverwaltungsgericht die Klage auch für begründet. Im angegriffenen Zeitraum von Oktober 2014 bis Mai 2015 habe eine gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in die Religionsfreiheit in Bayern gefehlt. Diese sei erst im Jahr 2018 mit Art. 11 Abs. 2 Bayerisches Richter- und Staatsanwaltsgesetz geschaffen worden.

 

Quelle: Bundesveraltungsgericht, Pressemitteilung: Nr. 65/2020 vom 12. November 2020