Die „Verantwortungsgemeinschaft“ soll kommen

Menschen, die jenseits von Ehe, Familie und Partnerschaft Verantwortung füreinander übernehmen, sollen sich künftig über eine Verantwortungsgemeinschaft rechtlich absichern können. Das sieht ein Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums vor.

In Deutschland gibt es viele Lebensmodelle – die traditionelle Familie ist eines davon. Damit auch Menschen, die abseits dieses Modells – beispielsweise in Wohngemeinschaften, Mehrgenerationenhäusern oder in Freundesbeziehungen leben, füreinander sorgen können und dabei rechtlich abgesichert sind, will Bundesjustizminister Marco Buschmann nun die so genannte Verantwortungsgemeinschaft einführen.

„Sie soll es Menschen ermöglichen, ihre Verantwortungsbeziehungen so abzusichern, wie sie es möchten – mit passgenauen Lösungen zum Beispiel für Auskunftsrechte im Krankenhaus oder die gemeinsame Führung des Haushalts“, sagt Buschmann bei der Vorstellung des Papiers, das nach seinem Willen schon 2025 über ein Gesetz zur Verantwortungsgemeinschaft Realität werden soll. Am besonderen Schutz von Ehe und Familie werde die Verantwortungsgemeinschaft nichts ändern. „Sie wird Menschen das Leben etwas leichter machen – aber niemandem etwas wegnehmen", so der Bundesjustizminister.

Nach dem Eckpunktepapier sollen für eine Verantwortungsgemeinschaft folgende Regeln gelten:

  • Eine Verantwortungsgemeinschaft soll voraussetzen, dass die Beteiligten einen notariell beurkundeten Vertrag schließen.
  • Eine Verantwortungsgemeinschaft soll maximal sechs Vertragspartner haben können.
  • Nur volljährige Personen sollen eine Verantwortungsgemeinschaft begründen können.
  • Ein Vertrag über eine Verantwortungsgemeinschaft soll voraussetzen, dass zwischen den Beteiligten ein persönliches Näheverhältnis besteht.

Eine Verantwortungsgemeinschaft soll keine Auswirkungen auf das Verhältnis von Eltern zu Kindern haben. Sie soll auch keine steuer-, erb- oder aufenthaltsrechtlichen Folgen haben. Für die Rechtsfolgen ist ein Stufenmodell geplant. In der Grundstufe soll die Verantwortungsgemeinschaft nur einige wenige Rechtsfolgen haben. Wenn die Parteien mehr Verantwortung füreinander übernehmen wollen, dann können sie – in der Aufbaustufe – zwischen verschiedenen Modulen auswählen und diese frei miteinander kombinieren.

Zwischen den Vertragspartnern sollen alle Rechtsvorschriften zur Anwendung gelangen, die konkret an das Bestehen einer persönlichen Nähebeziehung anknüpfen. Vertragspartner einer Verantwortungsgemeinschaft sollen deshalb zum Beispiel bei der Auswahl eines rechtlichen Betreuers Berücksichtigung finden können (vgl. § 1816 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)). Das Bestehen einer Verantwortungsgemeinschaft soll außerdem Berücksichtigung finden, wenn die Möglichkeit einer Organspende geprüft wird (vgl. § 8 des Transplantationsgesetzes).

In einer gesundheitlichen Notsituation soll jeder Partner Auskunft von behandelnden Ärzten verlangen und den anderen Partner in Gesundheitsangelegenheiten vertreten können, wenn dieser nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen; insoweit sollen ähnliche

Regeln gelten wie beim Ehegattennotvertretungsrecht aus § 1358 BGB. Die Partner sollen sich im Falle des räumlichen Zusammenlebens auch eine gegenseitige Verpflichtungsermächtigung im Hinblick auf die Haushaltsführung einräumen können. Außerdem soll eine Regelung zur vorübergehenden Wohnungsüberlassung bei Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft getroffen werden.

Im Zuge der Erarbeitung des Gesetzentwurfs soll zudem geprüft werden, inwieweit die Regeln des Pflegezeitgesetzes und des Familienpflegezeitgesetzes über die Pflege von nahen Angehörigen auch auf die Pflege von Partnern einer Verantwortungsgemeinschaft erstreckt werden können.

Er glaube, der Gesellschaft tue eine solche rechtliche Absicherung gut, sagte Buschmann bei der Vorstellung des Eckpunktepapiers. Es stehe jedem frei, von der neuen Möglichkeit Gebrauch zu machen. Derzeit würden die Menschen in solchen Lebenskonzepten vom Recht wie Fremde behandelt - dies solle geändert werden.

Das Bundesministerium der Justiz wird auf Grundlage des Eckpunktepapiers in den nächsten Monaten einen Gesetzentwurf erarbeiten – und dabei auch öffentliche Rückmeldungen zu dem Papier berücksichtigen.

Das Eckpunktepapier zur Verantwortungsgemeinschaft ist hier abrufbar.

Quelle: PM vom 5.2.2024, Bundesministerium der Justiz