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Internationales Recruiting als Baustein der Personalstrategie

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Berechtigte Vorbehalte?

Die Befürchtung, dass die finanziellen und personellen Ressourcen

und auch das Know-how im Hause nicht ausreichen, um ein interna-

tionales Recruiting-Projekt zu stemmen, hält viele Arbeitgeber ab.

Es wird vermutet, dass junge Menschen, die für eine Sozial- oder

Pflegeausbildung nach Deutschland kommen, keine echte Berufung

dafür in sich spüren, sondern lediglich die Chance ergreifen, der Per-

spektivlosigkeit in ihrer Heimat zu entfliehen. Auch Berichte über

schwarze Schafe unter den privaten, gewinnorientierten Arbeits-

vermittlern, die an der Grenze zum Menschenhandel Fachkräfte

mit Knebelverträgen an sich binden, als Leiharbeiter ausnutzen und

ihnen nur einen Bruchteil ihres Gehalts auszahlen, sorgen für Un-

sicherheit. Die illegale Beschäftigung ausländischer Frauen in der

häuslichen Pflege ist ein großes Problem – damit möchte man als

Arbeitgeber nicht in Verbindung gebracht werden. Presseberichte

über gescheiterte Massenrekrutierungen vor allem aus Spanien be-

stimmen das Meinungsbild, obwohl die Bertelsmann-Studie „Inter-

nationale Fachkräfterekrutierung in der deutschen Pflegebranche“

dagegenhält, dass 73 Prozent der aus dem Ausland angeworbe-

nen Pflegefachkräfte drei Jahre nach der Anwerbung noch in den

befragten Unternehmen beschäftigt seien. Kritiker meinen, die Dis-

kussion über internationale Personalgewinnung sei bloß ein Manö-

ver, um von den Problemen in deutschen Krankenhäusern und Pfle-

geheimen abzulenken, die die ausländischen Fachkräfte auch nicht

lösen würden. Die Zweifel haben zudem eine entwicklungspoliti-

sche Dimension: Dürfen wir anderen Ländern ihre Krankenpflege-

rinnen abwerben mit der Folge, dass sich der Fachkräftemangel

dann in diese Länder verlagert? Dass die jungen, gut ausgebildeten,

arbeitsfähigen Menschen auswandern und nur Senioren zurückblei-

ben? Brain Drain nennen Experten das Phänomen.

Moralische Orientierung bietet im Bereich der Pflege der „Globale

Verhaltenskodex der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die

internationale Anwerbung von Gesundheitsfachkräften“ von 2010,

den die Bundesregierung unterstützt. Er empfiehlt, „von der aktiven

internationalen Abwerbung von Gesundheitsfachkräften aus Ent-

wicklungsländern mit einem kritischen Mangel an Gesundheitsfach-

kräften abzusehen“. 57 Länder mit einem kritischen Mangel wer-

den gelistet. Wer sich nicht daran hält, riskiert eine Strafe. Doch der

Kodex erfährt Kritik von verschiedenen Seiten. Die Stiftung Wissen-

schaft und Politik hält ihn für widersprüchlich. Auf ihrer Webseite