Einführung
19
www.WALHALLA.deEinführung
Die Ziele des Sozialbereichs sind durch Nächstenliebe, gesellschaftliche Solidarität, die
Verwirklichung von Menschenrechten, gelingendem Leben und/oder die Steigerung
der gesellschaftlichen Lebensqualität beschrieben. Auf den ersten Blick besteht ein ver-
meintlicher Gegensatz zu den Zielen der Ökonomie, die den Umgang mit knappen Mit-
teln unter den Gesichtspunkten von Effizienz und Effektivität im Blick hat.
Doch haben Ökonomie und Soziales einen gemeinsamen Kern und sie bedingen sich an
vielen Stellen gegenseitig. Die Gegensätze sind bei genauerem Hinsehen hervorra-
gende Ergänzungen:
Das Soziale setzt sich inhaltliche Ziele, die sich an Bedürfnissen des Menschen aus-
richten. Doch die Verwirklichung dieser Ziele bedarf konkreten Handelns unter den
Rahmenbedingungen, die dem Sozialen eben nicht zugänglich sind, sondern exogen
vorgegeben sind: Finanzielle, rechtliche, technische, physikalische, gesellschaftliche Be-
dingungen. Die Rahmenbedingung, der sich die Ökonomie widmet, ist die Knappheit
und der Umgang mit ihr. So hat der Tag eben nur 24 Stunden und der Arbeitstag nur
acht (vielleicht manchmal auch zehn oder zwölf) – mit dieser Zeit müssen auch die Men-
schen, die im Sozialbereich arbeiten, auskommen. Und die öffentlichen Kassen haben
eben nur ein bestimmte Menge Steuereinnahmen und damit Geld zu verteilen. Dies
spürt der Sozialsektor in besonderer Weise, weshalb die Finanzknappheit oft als zentra-
ler Auslöser für die Einführung ökonomischer Denkweisen gesehen wird. Dies kann
normativ viel bedauert werden, doch real müssen die Akteure mit diesen Knappheiten
umgehen. Ökonomisches Handeln ist also eine Arbeitsweise realen sozialen Handelns.
Ein zweiter Aspekt ist die grundsätzliche Zielsetzung von Ökonomie und Sozialem:
Beide haben, wenn wir es fokussieren wollen, die Steigerung der Lebensqualität von
Menschen im Blick. Das Soziale versucht dies zu erreichen durch Unterstützung von
Bedürftigen, durch Selbstbefähigung und Integration. Die Ökonomie versucht dies zu
erreichen durch die Erstellung und Allokation (Verteilung) von Gütern und Leistungen.
Manchmal vergessen hier auch die Ökonomen zu schnell, dass es in der Ökonomie um
menschliches Wohlergehen geht und dies nicht immer mit Einkommenserzielung und
Wachstum erreicht werden kann. Auf der anderen Seite vergessen die Profis des Sozia-
len allzu leicht, dass es eben um den Menschen und seine Wünsche geht – und diese
sind nicht immer identisch mit Fachlichkeit und Professionalität.
Beide Bereiche, Ökonomie und Soziales, haben also einen gemeinsamen Zielkern –
wieso sollten sich da beide Disziplinen nicht um diesen gemeinsamen Kern bemühen
können? Die ökonomische Glücksforschung, der Social Return on Investment, die
Lebensqualitätsforschung oder die Überlegungen zu einer Sozialwirtschaft im Sinne
einer sozialen Wirtschaft sind solche Ansätze.
Ein weiterer Aspekt ist, dass „das Soziale“ organisiert ist: Es lassen sich hier konkret
handelnde Akteure finden, Personen, die soziale Leistungen benötigen (Leistungsemp-
fänger
1
, Klienten, „Kunden“), Organisationen, die diese Leistungen erstellen (Leistungs-
1
Die im Deutschen übliche verallgemeinernde männliche Sprachform schließt Frauen und Männer gleich-
berechtigt ein und ist keine Form der Diskriminierung
Gemeinsamkeiten
von Ökonomie
und Sozialem
Soziale Ziele,
ökonomische
Rahmenbedingungen
Ausrichtung
an Bedürfnissen
von Menschen
Organisation
des Sozialbereichs
erfordert ökono-
misches Handeln