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Ein Buch über den Alltag in der Heimerziehung

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beschäftigt sich mit

einem Gegenstand, um dessen Image es offenbar nicht zum Besten bestellt

ist: Gerne versucht man – die Assoziation an ein Gefängnis liegt nahe –

aus ihm zu entfliehen oder

auszubrechen

. Manchmal hat man ihn auch

‚satt‘ oder droht gar durch ihn ‚aufgefressen‘ zu werden. Und während

(manchem jedenfalls) die Zukunft

rosarot

strahlt, bleibt dem Alltag nur

eine deutlich weniger schmeichelhafte Farbe – grau. Diese kommt zwar

nie aus der Mode, der Glamour- und Aufmerksamkeits-Faktor bleibt

jedoch ziemlich gering. So scheint er zu sein, der Alltag: Stets präsent,

doch zugleich langweilig, unscheinbar, weder schwarz noch weiß. Viel-

leicht wirkt er sogar ein bisschen lästig, regelrecht unliebsam, wie seine

tierische Farben-Verwandte, die graue Maus. Doch es gibt auch die andere

Seite: Der Alltag verspricht Vertrautheit und Sicherheit, er lässt uns in

gewohnten Bahnen leben. So freut man sich bisweilen, wenn der vertraute

Alltag uns ‚wieder hat‘. „Alle die Handgriffe“, so notiert dazu die Schrift-

stellerin Christa Wolf, „die das Gewebe des Alltags ausmachen und, in

ihrer Summe, das Gewebe der Zeit; die mich jeden Tag aufs Neue stören,

das sie mich angeblich von der ‚eigentlichen‘ Arbeit abhalten, und die mich

doch, je älter ich werde, jeden Tag aufs Neue befriedigen: der kostbare

Alltag“ (zit. n. Hettlage 2014b: 58 f.).

Ob ein Alltag mit mir kostbar ist, möchte ich lieber nicht beurteilen müs-

sen. Allerdings mussten die Menschen, mit denen ich meinen Familienall-

tag teile, auf manche (ehrlich gesagt: viel) gemeinsame Zeit verzichten.

Meiner Familie danke ich daher für das Verständnis und die Unterstüt-

zung. Ferner bin ich meiner Kollegin Lotte Rose zu Dank verpflichtet.

Dass aus einer, von mir verfassten und ebenso langen wie sprachlich höl-

zernen Reihung von empirischen Ausschnitten ein spannend lesbares Nar-

rativ entstand (Kap. 3), ist vor allem ihr Verdienst. Nora Zimmermann hat

einen Großteil der dem Band zugrunde liegenden Empirie erhoben und

einige Texte für Kapitel 3 verfasst. Ohne die beiden Kolleginnen und das

gemeinsame Forschungsprojekt wäre dieses Buch nicht möglich gewesen.

Ferner danke ich Josef Koch, der das gesamte Manuskript gelesen hat und

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Innerhalb dieses Buches wird analog zum Begriff der Heimerziehung oftmals von

Wohn-

gruppe

gesprochen: Unsere Untersuchung, die diesem Band zugrunde liegt, bezieht sich auf

dieses Setting stationärer Jugendhilfe, während andere Profile stationärer Jugendhilfe (z. B.

Erziehungsstellen, betreutes Wohnen) keine Berücksichtigung finden (Kap. 3.1). Auch die

Begriffe ‚Kinder, Jugendliche, Heranwachsende, junge Menschen‘ werden synonym verwen-

det, wenn es der Kontext erlaubt. Das Gleiche gilt für die Begriffe ‚Fachkräfte, Mitarbeiter_

innen, Erwachsene‘.