Bundesverfassungsgericht bestätigt Streikverbot für Beamte

In seinem Urteil hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts die gegen das Streikverbot für Beamte gerichtete Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen. Das Streikverbot für Beamtinnen und Beamte ist als eigenständiger hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums vom Gesetzgeber zu beachten und verstößt auch nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.

Zum Hintergrund des Verfahrens

Beamtete Lehrkräfte haben an Streikmaßnahmen teilgenommen, zu denen die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) aufgerufen hatte. Diese Teilnahmen wurden durch die zuständigen Disziplinarbehörden geahndet. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Streikteilnahme stelle einen Verstoß gegen grundlegende beamtenrechtliche Pflichten dar. Insbesondere dürfe ein Beamter nicht ohne Genehmigung vom Dienst fernbleiben.

Gegen diese Disziplinarmaßnahmen sind die beamteten Lehrkräfte vor den Fachgerichten erfolglos vorgegangen. Sie hatten sich erhofft, dass das Bundesverfassungsgericht eine Aufhebung des beamtenrechtlichen Streikverbots aussprechen würde und sich der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zur Aufhebung von Streikverboten anschließen würde.

Der EGMR hatte in einigen Urteilen deutlich gemacht, dass das Streikrecht und das Recht auf kollektive Vereinbarung der Arbeitsbedingungen Menschenrechte seien, die den Beschäftigten nicht einfach mit Verweis auf einen "Beamtenstatus" abgesprochen werden dürfen. Einschränkungen des Streikrechts seien im internationalen Recht nur auf gesetzlicher Grundlage zulässig und ausschließlich dort, wo die Beschäftigten im engen Sinne hoheitlich tätig sind (Polizei, Justizvollzug und Staatsverwaltung) - dort wiederum unabhängig von der rechtlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses.

Da Lehrkräfte nicht hoheitlich tätig seien, würde nach Ansicht der Beschwerdeführer zumindest für diese Beamtengruppe ein Streikrecht zulässig sein.

Beamtenrechtliches Streikverbot hat Vorrang vor Koalitionsfreiheit

Das BVerfG folgte nicht der Argumentation der Beschwerdeführer. Zwar hat es in seinem Urteil anerkannt, dass ein Unterstützungsstreit – Beamte nehmen an Tarifverhandlungen bezogene Aktionen teil – ein ergänzendes Element der Koalitionsfreiheit darstellt und der Schutzbereich von Art. 9 Abs. 3 GG eröffnet ist. Allerdings wird die Koalitionsfreiheit durch alle Verkürzungen des grundrechtlich Gewährleisteten beschränkt. Zu den Verkürzungen zählt auch das Streikverbot für Beamte, das einen eigenständigen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG darstellt. Das Spannungsverhältnis zwischen Koalitionsfreiheit und Art. 33 Abs. 5 ist zugunsten des für Beamtinnen und Beamten bestehenden Streikverbots aufzulösen.

Kein Streikrecht auch nur für Teile der Beamtenschaft

Nach dem Urteil kann auch kein Streikrecht nur für Teile der Beamtenschaft eingeräumt werden. Das greife in den grundgesetzlich gewährleisteten Kernbestand von Strukturprinzipien ein und gestalte das Verständnis vom und die Regelungen des Beamtenverhältnisses grundlegend um. Für „Randbereichsbeamte“, die keine hoheitlichen Tätigkeiten ausüben, dürfe keine Sonderkategorie „Beamte mit Streikrecht“ geschaffen werden. Während im Kernbereich hoheitlichen Handelns das Alimentationsprinzip weitergälte, würde den sonstigen Beamten die Möglichkeit eröffnet, Forderungen zur Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen bei fortbestehendem Beamtenstatus gegebenenfalls mit Arbeitskampfmaßnahmen durchzusetzen. Gegen eine solche funktionale Aufspaltung des Streikrechts sprechen die damit eingehenden Abgrenzungsschwierigkeiten.

Streikverbot mit Europäischer Menschenrechtskonvention vereinbar

Das BVerfG sieht die Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 2 EMRK als erfüllt an, wonach die Einschränkungen des Streikrechts für Berufsbeamte nach der Europäischen Menschenrechtskonvention erlaubt sind. Die EMRK setzt für die Zulässigkeit eines Streikverbots eine gesetzliche Grundlage voraus. Das BVerfG sieht diese in den Beamtengesetzen des Bundes und der Länder, die für alle Beamtinnen und Beamte konkrete Regelungen zum unerlaubten Fernbleiben vom Dienst beziehungsweise zur Weisungsgebundenheit vorsehen. Mit diesen Vorgaben ist eine nicht genehmigte Teilnahme an Streikmaßnahmen unvereinbar.

Im Übrigen fallen nach Auffassung des Senats verbeamtete Lehrer nach der EMRK in die Kategorie „Staatsverwaltung“, wonach auch hier eine Einschränkung des Streikrechts zulässig ist. Für den im entschiedenen Verfahren maßgeblichen Bereich der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen ist der staatliche Erziehungs- und Bildungsauftrag zu berücksichtigen, der im Grundgesetz (Art. 7 GG) und den Verfassungen der Länder einen hohen Stellenwert einnimmt.