

Vorwort von DJ Damian
Ich habe wirklich einige Bedenkzeit gebraucht, als mich Carola Orszulik fragte, ob
wir uns treffen können, um über Macht zu reden – darüber hatte ich mir zuvor tat-
sächlich noch nie Gedanken gemacht! Also ging ich mit dem Macht-Gedanken-
karussell im Kopf zu meinen nächsten Gigs: ,Habe ich Macht? Wenn ja, welche? Ist
das positive Macht?‘
Freitagabend, Belgrad, ich bin als Haupt-Act bei einer Veranstaltung mit 2000 Gäs-
ten gebucht. Das Warm-up übernimmt ein junger Kollege, ich höre vom abgesperrten
VIP-Bereich aus die ersten Songs aus den gigantischen Bassboxen wummern. Meine
„Joker“ habe ich demYoungster imVoraus genannt – die darf er nicht spielen, ich bin
schließlich der Haupt-Act. Gut drei Stunden später übernehme ich das Pult. Mit einer
machtvollen Lightshow und meinem coolen, lässigen Einstieg ist auch dem letzten
Gast mit einem Schlag klar, dass ich nun an den Reglern bin. Im Vorfeld habe ich mir
nur überlegt, in welche Richtung die Musik heute Abend gehe soll – mehr nicht. Ich
nehme die Vibrations der Menge auf und weiß oft zwei Minuten vor dem nächsten
Song noch nicht, was ich als Nächstes auflege. Meine Intuition lässt mich die richtige
Entscheidung finden. Eine Welle nach der anderen erreicht mein Publikum, ich bin
mitten in einem Meer von feiernden Gästen. Ich steuere auf den nächsten musikali-
schen Höhepunkt zu, immer so, dass ich die Stimmung hochhalte. Ich beobachte die
Gäste, vor allem die, die nicht tanzen. Ich kommuniziere still mit ihnen, nehme ihre
Schwingungen auf und mache es mir zur Aufgabe, sie auf die Tanzfläche zu bringen –
dabei bleibe ich immer in Kontakt mit den Tanzenden, die mir nicht verloren gehen
dürfen. Ich bin ununterbrochen hellwach und absolut präsent. Innerhalb meines
kompletten Sets den ganzen Laden zu bewegen – das ist mein Ziel, in das ich alle
meine Energie setze. Ja, ich habe die Macht über die Stimmung und das Miteinander.
Ich kann mit meiner Musik und meiner Show bewirken, dass Menschen ausgelassen
miteinander feiern oder auch dass sie aggressiv werden – es ist meine Entscheidung.
Mittlerweile erkenne ich innerhalb einiger Minuten, ob junge aufstrebende DJs in
der Szene dauerhaft Fuß fassen werden oder nicht. Wenn ein junger DJ technisch
zwar einen sehr guten Job macht, sich aber lediglich sein Studium mit dem Auflegen
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