Nachwuchskräfte in der KiTa - als Tandem zum Erfolg

Nachwuchskräfte in der KiTa – als Tandem zum Erfolg Melanie Göb · Carolin Rustemeier Ansätze des Mentorings nachhaltig nutzen und schon im Praktikum für den Beruf begeistern

Mentorenposition in der Praxis entwickeln, einführen, etablieren Um die Zukunft von Kindertageseinrichtungen erfolgreich zu gestalten, spielen die Anleitung und Begleitung der Menschen, die als Fachkräfte in das Arbeitsfeld hineinwachsen, eine bedeutende Rolle. Ihre Begeisterungsfähigkeit und Motivation sowie der Wissenstransfer von der Theorie zur Praxis bilden dafür die Grundlage. Dieses Handbuch unterstützt Praxismentorinnen und -mentoren mit hilfreichem Hintergrundwissen. Es gibt Anreize zum Überarbeiten der bisherigen Abläufe und Ausrichtungen, setzt Impulse für einen gelingenden Austausch und gibt Hilfestellung für eine motivierende, nachhaltige Anleitung der Auszubildenden: • VRIRUW HLQVHW]EDUH 7RROV XQG 0HWKRGHQ ]XU ,GHHQʳQGXQJ I¾U HLQH JHOLQJHQGH $XVbildungszeit • leicht umsetzbare Arbeitshilfen zu den Themen Qualität in der Ausbildung, Lernort KiTa sowie zur eigenen Haltung und Rolle als Praxisanleitung • fundiertes Hintergrundwissen zu Resilienz, Stressprävention und -reduktion sowie Steigerung von Selbstbewusstsein im Sinne einer guten Mitarbeiterbildung Melanie Göb LVW &RDFK XQG 6XSHUYLVRULQ ,$&& 40 $XGLWRULQ VRZLH IUHLEHUXʴLFKH Trainerin. Sie gilt als Expertin für Kommunikation, Führungs- und Organisationsentwicklung. Herausgeberin des Fachmagazins ZUKUNFTS-HANDBUCH Kindertageseinrichtungen. Carolin Rustemeier LVW 'LSORP 3¦GDJRJLQ XQG DUEHLWHW IUHLEHUXʴLFK DOV &RDFK 'R]HQtin und Trainerin für KiTas, Schulen und Fachkräfte. Zu Ihren Fachgebieten zählen Kommunikation, AD(H)S, Legasthenie, Dyskalkulie, Entspannung und Resilienz sowie Umgang mit herausfordernden Kindern/Jugendlichen. www.WALHALLA.de ISBN 978-3-8029-8409-9 € 34,95 [D] • AKTUELL • PRAXISGERECHT • VERSTÄNDLICH WISSEN FÜR DIE PRAXIS

Schnellübersicht 5 4 3 2 1 Vorwort 7 Führung und Leitung 9 Mentorenposition in der Praxis entwickeln – einführen – etablieren 59 Als Unternehmen begeistern 137 Literaturverzeichnis 183 Stichwortverzeichnis 189

Vorwort 7 www.WALHALLA.de Vorwort „Man kann niemanden etwas lehren, man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu finden.“ Galileo Galilei Schon der italienische Gelehrte Galileo Galilei erkannte erste Ansätze der begleitenden Unterstützung durch einen erfahrenen Mentor. Der Vergleich zur heutigen Arbeitswelt klingt schon etwas weit hergeholt, dennoch hat sich seit Galileis Wirken im 16. und 17. Jahrhundert nichts an der Bedeutung des „Mentorings“ geändert. Was genau hat uns Autorinnen veranlasst, zu dieser Thematik ein Praxisbuch zu veröffentlichen? Dieses Buch soll eine gute Mischung aus Theorie und Praxis aufzeigen. Dabei legen wir großen sowie nachhaltigen Wert auf die sog. „Handhabbarkeit“ – oder auf den in der Fachwelt eher benutzten Begriff der „Manageability“. Wozu braucht es (noch) ein Buch zum Mentoring? Der steigende Mangel an gut qualifizierten Fachkräften und Zeitressourcen sowie die Zunahme von Krisen und der Wunsch nach einem „Weniger ist manchmal mehr“ müssen im KiTa-Alltag gemeistert werden. Das verlangt den Beschäftigten viel ab und die Bewältigung dieser Herausforderungen ist vielleicht ein utopisches Ziel. Häufig fehlt dabei die Zeit, sich mit dem Thema Praxisanleitung intensiver auseinanderzusetzen. Mag sein, dass das Ihre Gedankengänge sind und zugegebenermaßen müssen wir eingestehen: Wir dachten anfangs auch so. Nichtsdestotrotz haben unsere Erfahrungen aus Praxisbegleitungen unterschiedlichster Zielgruppen und Kunden lohnende Ideen aufgezeigt, welche wir Ihnen nicht vorenthalten möchten. Wir wissen, dass wir die Krisen nicht beseitigen können, wohl aber können wir sie positiver gestalten. Dazu möchten wir Sie gern ermutigen, im Buch nach eigenen, neuen Impulsen und Ideen für die Praxisanleitung zu suchen, diese anzuwenden und Ihre eigenen Erfahrungen zu sammeln. Schön, dass Sie sich für dieses Buch entschieden haben, denn wir haben es für all diejenigen geschrieben, die neue Wege und Impulse ausprobieren wollen, können und sollen. Hier finden Sie gleichermaßen theoretische Ansätze und Praxishilfen, damit Sie sofort mit der

Vorwort 8 www.WALHALLA.de Umsetzung starten können. Falls Sie sich hierdurch angesprochen fühlen, ist diese Lektüre genau die richtige. Wir wünschen Ihnen inspirierende Erkenntnisse und Ideen und vor allem viel Freude beim Ausprobieren. Möglicherweise verspüren Sie im Nachhinein Lust, uns ein Feedback oder Ihre Erfahrungen mitzuteilen. Fühlen Sie sich herzlich eingeladen, uns zu kontaktieren, denn bekanntermaßen ist keiner so schlau wie wir alle zusammen. In diesem Sinne: „Als Tandem zum Erfolg – Ansätze des Mentorings nachhaltig nutzen“ Ihre Melanie Göb und Carolin Rustemeier

Führung und Leitung 10 www.WALHALLA.de 1 Das erwartet Sie in diesem Kapitel In diesem Kapitel erfahren Sie, wie sich neue Ideen, mutig ausgestaltet, in die Praxis umsetzen lassen und nachhaltig etabliert werden können. Im Bereich der Führung und Leitung sind sowohl Trägerverantwortliche als auch Führungspersonen in der Einrichtung selbst gemeint. Letztendlich zählen der Output, das Ergebnis und die Leistung, um Tandems nachhaltig zum Erfolg zu führen. Im Buch sprechen die Autorinnen häufig vom Tandem und der somit einhergehenden Tandemfunktion. Die gemeinsame Aufteilung von Verantwortungsbereichen lässt sich zu zweit, im Folgenden als Tandem dargestellt, durchaus effektiver bewerkstelligen als allein. Zudem ist diese Ausrichtung mittlerweile in der Definition von Unternehmensführung ein gängiger Begriff. In den meisten Einrichtungen gibt es neben der Leitung eine Stellvertretung bzw. womöglich auch einen engeren Kontakt zur nächsten Leitung. Die Funktionen beschreiben: ▪▪ die Aufgaben, die an einem bestimmten Platz der Einrichtung zu bewältigen sind, bzw. den Beitrag, der als Aufgabe der gesamten Organisation zu leisten ist ▪▪ den Zweck und die inhaltlichen Aufgaben, die mit den Stellen (Positionen) verbunden sind Daraus bestimmt sich der Nutzen, den die Einrichtung (Organisation) durch sie hat. Meint hier also konkret: als Führungsduo die Unternehmenskultur und Ausrichtung als perfekte Stärkenergänzung zu nutzen. Als Beitrag zum Ganzen ist es gleichermaßen von hoher Bedeutung, die eigene Haltung und Einstellung zur Thematik immer wieder zu hinterfragen, zu reflektieren und anzupassen. Nur dann kann es gelingen, Probleme und Chancen aktiv anzugehen. Dieses Kapitel beleuchtet weniger die Defizite im Feld der Kindertageseinrichtungen, vielmehr ist es den Autorinnen ein großes Anliegen, die Fokussierung auf das Wesentliche – also auf den Menschen vor Ort, die Vertrauensbasis und die Kompetenzorientierung – darzustellen. Den Autorinnen ist dabei bewusst, dass diese Ausrichtung nicht alles verändern wird, der Fachkräftemangel trotz allem noch lange bestehen bleibt – und doch schöpfen sie voller Zuversicht neue Kraft und Ideenreichtum. Denn es ist längst an der Zeit, die Dinge vor Ort selbst in die Hand zu nehmen und eigene gute Strategien für das Mentoring zu nutzen. Fangen Sie gleich damit an.

1.1 Follow-up als Praxisanleitung 11 www.WALHALLA.de 1 1.1 Follow-up als Praxisanleitung – Wirksamkeit als Mentorin oder Mentor in der Praxis In diesem Abschnitt werden die Wirksamkeitsfaktoren und Stolpersteine der Mentorenfunktion in der alltäglichen Praxis beleuchtet. Der steigende Fachkräftemangel, die hohen Belastungen in der Praxis und die Qualitätsansprüche einer pädagogischen Fachkraft werden hier ebenso wie die Gelingenheitsfaktoren aufgezeigt. 1.1.1 Ein kurzer Blick zurück „Für den weiteren qualitativen und quantitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung und begleitende Umsetzung des Gute-KiTaGesetzes ist eine ausreichende Zahl qualifizierter und motivierter Fachkräfte in der frühen Bildung notwendig. Eine gute Erzieherausbildung sowie die Bindung von pädagogischen Fachkräften ist die Voraussetzung dafür, dass eine bundesweit hochwertige Kindertagesbetreuung sichergestellt und allen Kindern unabhängig von ihrem Wohnort eine gute Teilhabechance an einem solchen Angebot ermöglicht werden kann.“ (BMFSFJ 2019) Für die Erzieherausbildung ist der Lernort KiTa in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus gerückt. Schon immer wurde auch in der KiTa praktisch ausgebildet, jedoch geschah dies i. d. R. ohne spezifische Fach- oder Hintergrundkenntnisse. Um eine Praxisanleitung zu übernehmen, reichte es grundsätzlich aus, eine abgeschlossene Ausbildung als Erzieherin/Erzieher zu haben. Erfahrene oder auch weniger erfahrene Fachkräfte begleiteten Auszubildende im besten Fall motiviert und gewissenhaft. Es sind junge Menschen, die ihre erste Ausbildung absolvieren, oder Quereinsteiger, die bereits über Berufs- und Lebenserfahrung verfügen, und alle wollen qualifiziert angeleitet werden. Die Praxisanleitung ist das Medium für den Lerntransfer zwischen Theorie und Praxis. Sie ist Begleiterin/Begleiter, Beraterin/Berater und Vorbild. Erzieherinnen und Erzieher in dieser Funktion müssen über fachliche Qualität und sollten über eine persönliche Reife verfügen, um diese Rolle gut ausfüllen zu können. Seit dem Inkrafttreten der Förderrichtlinie „Fachkräfteoffensive für Erzieherinnen und Erzieher (Förderperiode 2019 bis 2023)“ vom 6.5.2019 sind viele qualifizierte Praxismentorinnen und Praxismentoren in den Einrichtungen vor Ort tätig. Die attraktive Möglich-

Führung und Leitung 12 www.WALHALLA.de 1 keit, sich hier mit finanzieller Unterstützung weiterzuqualifizieren, wurde von vielen pädagogischen Fachkräften genutzt. Um die Zukunft der KiTa erfolgreich zu gestalten, spielen die Anleitung und Begleitung der Menschen, die als Fachkräfte in das Arbeitsfeld hineinwachsen, eine bedeutende Rolle. Ihre Begeisterungsfähigkeit und Motivation sowie der Transfer von der Theorie in die Praxis bilden für die (zukünftigen) Fachkräfte die Grundlage, in ihr Aufgabengebiet gut hineinzuwachsen und dieses weiterzuentwickeln. Bedingt durch den steigenden Fachkräftebedarf werden in den Bundesländern verschiedene Zugänge zur Ausbildung und zum Quereinstieg geschaffen. Allen gemeinsam ist jedoch, dass die verantwortungsvolle Aufgabe der Begleitung und Anleitung der Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger an Bedeutung gewinnt. Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter bzw. Mentorinnen und Mentoren haben eine zentrale Funktion in der KiTa: Es gilt, den Uberblick über die Hintergründe und gesetzlichen Rahmenbedingungen der Auszubildenden herzustellen sowie die Beobachtung und Feinfühligkeit weiterzuentwickeln, um fachliche und persönliche Unterstützung zu geben. Theorie- und Praxisbezüge herzustellen, zu motivieren und die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Leitung zu stärken zählt ebenfalls zu den Aufgaben. Die KiTa wird mehr denn je zum Lernort, in dem Praxis reflektiert und weiterentwickelt wird, Lernprozesse gefördert und Feedbacks und Beurteilungen gegeben werden. Innerhalb der einzelnen Qualifizierungsangebote wurde sehr schnell deutlich: Praktikantinnen und Praktikanten im Rahmen ihrer Ausbildung zur pädagogischen Fachkraft zu begleiten und anzuleiten, ist nicht einfach mal eben so gemacht. Viele Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter und angehende Praxismentorinnen und Praxismentoren stehen vor der Herausforderung, ▪▪ wie sie diese zusätzliche Aufgabe in den Arbeitsalltag integrieren sollen, ▪▪ woher sie die Zeit für zusätzliche Gespräche finden sollen, ▪▪ wie sie Unterstützung aus dem eigenen Team erhalten, ▪▪ wie sie sich – nachdem die eigene Ausbildung vielleicht 10– 15 Jahre her ist – mit den neuen Ausbildungsformaten auseinandersetzen sollen,

1.1 Follow-up als Praxisanleitung 13 www.WALHALLA.de 1 ▪▪ wie sie die Anforderungen aus der Fachschule mit den Möglichkeiten in der KiTa verbinden können, ▪▪ wie sie Aufgaben, Pflichten und definierte Ziele und Grenzen ihrer Mentorentätigkeit formulieren können, ▪▪ wichtige Kommunikations- und Konfliktlösungsmethoden für eine professionelle Gesprächsführung auf Augenhöhe anzuwenden und ▪▪ sich mit der Frage auseinanderzusetzen: Was heißt es, ein Ausbildungsbetrieb zu sein? In allen Facetten der oben stehenden Fragen ist großes Fingerspitzengefühl gefragt. Zum einen, da Praktikantinnen und Praktikanten und Anzuleitende grundsätzlich unterschiedliche Persönlichkeiten, Ressourcen und Interessen aufweisen, zum anderen, weil auch die Rolle der Praxisbegleitung durch eine kompetente Mentorin/einen kompetenten Mentor durch ihre/seine eigenen Erfahrungswerte der Ausbildung und Persönlichkeit geprägt worden sind. Die Tätigkeit in der Praxis als begleitende Mentorin/begleitender Mentor ist dem stetigen Spannungsfeld von inneren und äußeren Einflüssen ausgesetzt. Stetige, kontinuierliche Selbstreflexion und die Bereitschaft, sich auf den gemeinsamen Lernprozess einzulassen, bietet den beteiligten Akteuren eine wichtige Grundlage zum erfolgreichen Anleitungsprozess. Doch welche Aspekte des Erlernten lassen sich nachhaltig in der Praxis etablieren? 1.1.2 Ein gutes Jahr nach der Qualifizierung – gewinnbringende Lernerfahrung oder Krisenmanagement? „Anleitung in der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern wird endlich strukturiert und professionalisiert. Es konnte ja sonst jede Kollegin/jeder Kollege so machen, wie sie/er wollte.“ Diese Originalaussage einer pädagogischen Fachkraft bringt es auf den Punkt. Doch sind die Anleitung sowie Etablierung des Lernorts tatsächlich so einfach? Die Antwort darauf ist komplex, da sie von vielen Faktoren abhängt, wie nachfolgende Ausführungen zeigen: Die/Der Auszubildende soll im Mittelpunkt stehen. Mentorinnen und Mentoren sehen sich als Entwicklungsbegleiterinnen und Entwicklungsbegleiter ihrer/seiner beruflichen Identität. Sie sind in ihrer Vorbildfunktion gefragt. Eine gute, offene Kommunikation

Führung und Leitung 14 www.WALHALLA.de 1 zwischen Mentorin oder Mentor und der/dem Auszubildenden ist genauso wie die Wertschätzung der Biografie der/des Auszubildenden besonders wichtig. Eine gute Ausbildungsstätte zeichnet sich durch Flexibilität und Individualität in den einzelnen Ausbildungsphasen, die die/der Auszubildende erlebt, aus. Ein grundsätzlicher Verlaufs- und Strukturrahmen kann von Trägerseite vorgegeben werden. Die Hauptaufgabe der Mentorin/des Mentors liegt in der individuellen Anpassung und Gestaltung dieser Vorgaben, orientiert an der Haltung und den Vorerfahrungen bzw. dem Wissensstand der/des Auszubildenden. In den jeweiligen Fachschulen und auf der fachpolitischen Ebene wird die Praxisbedeutung einer qualifizierten Ausbildung hervorgehoben. Nicht zuletzt auch die neuen Änderungsförderrichtlinien des Bundesprogramms Bundesfachkräfteoffensive, das Gute-KiTa-Gesetz und die jeweiligen bundesländerspezifischen Gesetze der Betreuung, Bildung und Erziehung von Kindern heben diese Wichtigkeit mehr in den gesellschaftlichen und frühpädagogischen Fokus. Das Bewusstsein der hohen Verantwortung des sozialpädagogischen Umfelds wächst. Daher ist es mehr denn je von Bedeutung, Auszubildende intensiv und qualifiziert im Lernort Praxis und in der Ausbildungsstätte vorzubereiten und zu begleiten. 1.1.3 Stolpersteine auf dem Weg zur professionellen Ausbildungsstätte und zum Lernort Oft ist zu wenig Zeit im Alltag für gezielte Anleitung. Anleitung bzw. gemeinsame Reflexion geschieht „zwischen Tür und Angel“, dabei gehen häufig viele Informationen verloren und es entstehen Missverständnisse. Kommunikationsstörungen sind nicht selten der Anfang einer kritischen und/oder konfliktbehafteten Zusammenarbeit von Auszubildenden und der Mentorin/dem Mentor. Mentorinnen und Mentoren nehmen sich häufig zu wenig Zeit für einen wichtigen Bestandteil der Begleitung von Auszubildenden. Die Reflexionsgespräche werden oft nur in sog. „Bedarfsfällen“, d. h. nach Angeboten zur Reflexion genutzt. Für längere Reflexionsgespräche fehlt oft die Zeit. Diese werden oft im Vormittagsbereich gemacht und sind im Dienstplan nicht fest verankert. „Ausbilden“ von angehenden Kolleginnen und Kollegen hat in der Praxis noch nicht die so dringend nötige Wertschätzung erfahren. Aufgrund des Personalmangels in den Gruppen und dem Fach-

1.1 Follow-up als Praxisanleitung 15 www.WALHALLA.de 1 kräftemangel auf dem Arbeitsmarkt sind die Berufspraktikantinnen und Berufspraktikanten im Anerkennungsjahr häufig die Alternative, um das fehlende Personal in der Gruppe zu ersetzen. Das führt wiederum dazu, dass die zugeteilte Mentorin/der zugeteilte Mentor zwar die Motivation mitbringt, ausbilden zu wollen, allerdings durch äußere Umstände nicht den nötigen Raum und die Zeit dazu hat. Die individuelle Gestaltung der Ausbildungsphasen und kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit der/ des Auszubildenden können so nicht in der Tiefe bearbeitet werden (natürlich werden die geforderten Aufgaben der Schule umgesetzt und besprochen). Oftmals funktioniert die Kommunikation zwischen Schule und Praxisort nicht gut. Anleitertreffen und die schriftlichen Aufgaben der Schule sind die einzigen Kommunikationswege. Telefonische Verabredungen werden häufig (zeitlich bedingt) zügig vollzogen. Grundlagen für eine qualitative Ausbildungsstätte Erwartungen an Auszubildende resultieren aus den eigenen beruflichen Erlebnissen. Diese wiederum werden als Maßstab genommen, um eine gute Ausbildung oder eine gute Auszubildende/einen guten Auszubildenden messbar darzustellen. Doch gibt es hierzu ein Messinstrument? Zurzeit kann die Antwort darauf nur lauten: bedingt. Das Themenfeld der qualifizierten Praxisanleitung hängt noch stark von den jeweiligen Rahmenbedingungen der einzelnen Träger ab. Im Prozess dieser verantwortungsvollen Aufgabe des Lernorts Praxis dienen folgende Punkte als erste Grundlage zur Qualitätssicherung: ▪▪ Bewusstseinsentwicklung und Verständnis des gesamten pädagogischen Teams als gemeinsamer Lernort, ▪▪ Anleitung in der Ausbildung als fester Bestandteil in der pädagogischen Konzeption, ▪▪ Grundlage zur Ausbildung bildet der gemeinsam erstellte Ausbildungsplan, ▪▪ regelmäßige Reflexions- und Informationsgespräche zwischen Anzuleitenden und Mentoren. Der Lernort Praxis hat im Laufe der Jahre einen immer höheren Stellenwert in der Ausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher bekommen. Daher ist es wichtig, dass die Träger, Einrichtungen, Leitungen und

Führung und Leitung 16 www.WALHALLA.de 1 Fachkräfte sich mit dem Thema „Ausbildung in der KiTa“ konkret auseinandersetzen und den Lernort KiTa zu einer professionellen Lernstätte für Auszubildende formen. Es ist wichtig, dass Anleitungen gut ausgebildet sind und die Ausbildungszeit der Auszubildenden mit Fachwissen, Methoden, Professionalität und Erfahrungen bereichern, unterstützen und begleiten. In vielen Ausbildungsberufen ist die Voraussetzung für eine Anleitung ein Meistertitel, um eine Ausbildungsstätte sein zu dürfen. Im Lernort Praxis reicht die zweijährige Berufserfahrung der Erzieherinnen und Erzieher. Die schulische Ausbildung wurde in den letzten Jahren reformiert, neu strukturiert und mit zahlreichen Inhalten gefüllt. Der Lernort KiTa hingegen hat sich nicht verändert. Jedoch hat er vor allem im letzten Jahr der Ausbildung, dem Anerkennungsjahr, eine sehr hohe Bedeutung, da dort die zuvor gelernte Fachtheorie in die praktische Arbeit umgesetzt werden muss. In vielen Bundesländern gibt es keine genauen Vorgaben für den Umgang mit den Berufspraktikantinnen und Berufspraktikanten am Lernort Praxis. Die Vorgaben sind meist träger- oder einrichtungsintern entwickelt und werden nicht den eigentlichen Standards der verschiedenen Ausbildungsformen gerecht. Daher ist es umso bedeutsamer, dass Mentorinnen und Mentoren geschult und qualifiziert werden und der Lernort Praxis als qualitative Ausbildungsstätte angehende Erzieherinnen und Erzieher ausbildet. 1.1.4 Meilensteine auf dem Weg zum Lernort Praxis und zur Ausbildungsstätte Praxisstelle/Träger Die Praxisanleitung sollte durch die Praxisstelle bzw. Ausbildungsstätte vom Träger Zeit und Raum zur Verfügung gestellt bekommen, um den Ausbildungsprozess durch Beobachtung, Beratung und Begleitung gut durchführen zu können. Eine Vorgabe zur Einarbeitung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann förderlich sein. Begleitend dazu können Aufgaben, Ansprechpartner, Konzept etc. in einem Praktikanten- und Ausbildungsvertrag vermerkt und aufgeführt werden. Als besonders hilfreiche Struktur sowie Rahmenvorgabe hat sich die gemeinsame Erstellung des Ausbildungs-

1.2 Auszubildende in der pädagogischen Praxis professionell anleiten 25 www.WALHALLA.de 1 1.2 Auszubildende in der pädagogischen Praxis professionell anleiten Im Folgenden werden erste Schritte und Handlungsoptionen zur Praxisanleitung von pädagogischen Fachkräften aufgezeigt. Dabei orientieren sich die Inhalte an einem Pilotmodell zur Praxisanleiterausbildung für das Kolping Bildungswerk. Dabei erhalten Sie einen kurzen und übersichtlichen Einblick in das Themenfeld Praxisanleitung und bekommen praxisorientierte Hinweise für die Umsetzung, um diese genauer verstehen und anwenden zu können und zukünftigen Fachkräften auf dem Weg der Praxisanleitung zur Seite zu stehen. 1.2.1 V on Beginn an gut aufgestellt Die Anleitung bzw. Unterweisung von Praktikantinnen und Praktikanten (hier als Anzuleitende bezeichnet) zählt zu den Basisaufgaben einer pädagogischen Fachkraft und sollte auch Teil der Einrichtungskonzeption sein. Jede sozialpädagogische Einrichtung stellt eine Bildungsstätte sowohl für Kinder wie auch für Praktikantinnen und Praktikanten dar. Aus diesem Grund ist Bildung immer untrennbar mit Leistung verbunden. Aufgabe einer anleitenden Fachkraft ist es deshalb, die Praktikantinnen und Praktikanten gut auszubilden. Dies bedeutet, den Ausbildungsprozess bewusst zu gestalten und die Praktikantin oder den Praktikanten an jedem Wissen teilhaben zu lassen. Die Leistung der jeweiligen Praktikantin oder des Praktikanten muss eingefordert, anerkannt, begleitet und bewertet werden. Für Ausbildungsberufe gibt es festgelegte Ausbildungsziele. Diese sind im Bildungsplan der jeweiligen Ausbildungen zu finden. Einige Bundesländer haben sog. Bildungsempfehlungen herausgegeben, jedoch liegt keine Anleitung von Praktikantinnen und Praktikanten vor bzw. wurde nicht angesprochen. Jede qualifizierte Fachkraft, welche Praktikantinnen und Praktikanten ausbildet oder sie anweist, muss sich der Verantwortung bewusst sein, dass es sich um Fachkräfte von morgen und somit auch um Qualitätssicherung handelt. Dieser Abschnitt geht hierbei auf die alltäglichen und praktischen Aufgaben einer Praxisanleitung ein. Dabei richtet sich der Blick auf die vorhandenen Kompetenzen und versucht, eine Qualitätssicherung aufzuzeigen. Im beschriebenen Text wird häufig Bezug zu einem „Pilotprojekt Modulqualifizierung Praxisanleitung der

Führung und Leitung 26 www.WALHALLA.de 1 Kath. KiTa gGmbH Hellweg und HSK in der Kooperation mit dem Kolping Bildungswerk Paderborn“ hergestellt. Dieses Pilotprojekt entstand im Rahmen der Diskussion und Auseinandersetzung des Fachkräftemangels. 1.2.2 Gelingensfaktoren guter Praxisanleitung „Die Kindertagesstätte ist nicht nur der Ort, an dem Kinder betreut und gebildet werden. Sie ist auch Ausbildungsbetrieb für angehende Erzieherinnen, denn hier findet das fachpraktische Lernen statt. Der Lernort KiTa mit seinem fachpraktischen Ausbildungsteil ist genauso bedeutsam für die berufliche Entwicklung wie das theoretische Wissen, das in der Fachschule vermittelt wird. Die Kindertagesstätte trägt wesentlich zur Qualifizierung und Professionalisierung der künftigen Fachkräfte bei und sichert so die Qualität der eigenen Arbeit“ (Stamer-Brandt 2015). Profi-Tipp: Bevor Sie sich als Team einer KiTa dazu entscheiden, sich in der fachpraktischen Ausbildung von Nachwuchskräften zu engagieren, einzubringen und diese zu übernehmen, ist es ratsam, zunächst einmal auf Ihre eigene Berufs- und Lebensbiografien sowie die eigenen Erfahrungen und Motive der Berufswahl zurückzublicken. Das erleichtert und kann helfen, sich in die Situation der Nachwuchskräfte (Praktikantinnen und Praktikanten etc.) hineinzuversetzen und das Praktikum so zu planen, dass alle beteiligten Akteure zufrieden sind. Beispielfragen für die Ist-Soll-Analyse können sein und wie folgt in eine Tabelle übertragen werden: ▪▪ Welche guten und schlechten Erfahrungen haben wir mit Nachwuchskräften, schulischen Begleitkräften, Kolleginnen und Kollegen im Praktikum gemacht? Woran lag dies? Was möchten wir zukünftig ändern? ▪▪ Welche Rückmeldungen haben wir aus der Schule, von den Praktikantinnen und Praktikanten selbst und den Nachwuchskräften bisher erhalten? Was davon ist hilfreich für die zukünftige Praktikumsgestaltung?

1.2 Auszubildende in der pädagogischen Praxis professionell anleiten 27 www.WALHALLA.de 1 ▪▪ Wie war für mich die Anfangssituation, mein erster Tag in der Einrichtung? Welche Schlüsse lassen sich hieraus ziehen? ▪▪ Gibt es genügend Ressourcen für die Begleitung und Anleitung (Zeit, Personal, Know-how)? ▪▪ Wo liegen unsere Stärken als KiTa und was können Nachwuchskräfte von uns lernen? Das gelingt uns gut … Da könnten wir nachbessern … Da gibt es Versäumnisse … Da wollen wir hin … Bis wann … Wer kümmert sich …?

Führung und Leitung 28 www.WALHALLA.de 1 Denn die zentrale Stellung des Lernortes Praxis KiTa oder Kindergarten bei der Professionalisierung von pädagogischen Fachkräften gewinnt in Zeiten des Personalmangels an zentraler Bedeutung. Kinder gestalten die Zukunft der Gesellschaft und haben ein Anrecht darauf, von gut ausgebildeten sozialpädagogischen Fachkräften (gemeint sind Erzieherinnen und Erzieher sowie Fachkräfte mit höheren Abschlüssen) betreut zu werden. Die Gesellschaft von morgen wird entscheidend davon abhängen. 1.2.3 Theorie-Praxis-Transfer Qualifizierungsanspruch Im Pilotprojekt der beiden Durchläufe „Qualifizierung zur Praxisanleiterin“ nahm diese These einen hohen Stellenwert ein. Einerseits ging es darum, verstehen zu lernen, wie die theoretische Ausbildung in den Schulen abläuft, welche Aspekte neu sind, an welchen Positionen sich Verknüpfungen von Theorie und Praxis wiederfinden. Andererseits kamen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Berührung mit neuen theoretischen Aspekten wie z. B. dem länderübergreifenden Lehrplan für angehende Erzieherinnen und Erzieher, den Lernfeldern für Erzieherinnen und Erzieher und dem Deutschen Qualifikationsrahmen. Innerhalb der Qualifizierung wurde die Kompetenzerweiterung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer deutlich in den Fokus gestellt sowie die kritische Selbstreflexion angeregt. Auffällig waren hier der zum Teil geringe Austausch und das nicht vorhandene Wissen über die Ausbildungsinhalte zwischen Schule und Praxisstelle, das stellt somit einen wesentlichen Qualifizierungsbaustein in dem Pilotprojekt dar. Dieser wird im Folgenden näher beschrieben. In der Ausbildung zur sozialpädagogischen Fachkraft werden sowohl methodisch-didaktische als auch theoretische Inhalte vermittelt. Eine wichtige Fähigkeit von sozialpädagogischen Fachkräften ist es, theoretisch beschriebene Sachverhalte in ihre praktische Arbeit einzubeziehen. Ebenso sind gute Impulse aus Studien und Konzepten in der praktischen Arbeit sichtbar bzw. transparent umzusetzen und gezielt zu nutzen, um sich im Sinne des lebenslangen Lernens eigenständig neues Wissen anzueignen und den beruflichen Alltag zu gestalten. Dazu gehört u. a. das Lesen von Fachbüchern und Fachzeitschriften, um sich z. B. über neue Entwicklungen in der Pädagogik zu informie-

1.2 Auszubildende in der pädagogischen Praxis professionell anleiten 29 www.WALHALLA.de 1 ren. All dies gilt es, als Praxisanleitung den angehenden Nachwuchskräften zu vermitteln, sie dabei zu begleiten und zu unterstützen – auch bei steigenden eigenen pädagogischen Anforderungen. Die verschiedenen personifizierten Wissenskompetenzen (eigene Darstellung) Bessere Rahmenbedingungen Um die Qualität in der Anleitung von Nachwuchskräften wirksam und kompetenzorientiert wachsen zu lassen, benötigt es erhebliche personelle, sachliche und finanzielle Ressourcen, aber auch gleichermaßen rechtlich-politische Rahmenbedingungen. Gleichwohl bedarf es besserer Rahmenbedingungen und Strukturen, Lern- und Lehrpläne in den Ausbildungen etc., um hier effektive Impulse und Ansätze gut verankern zu können. 1.2.4 Die anleitende Person als Vorbild Die Vorbildfunktion ist nicht ausschließlich bezogen auf die Kommunikations- und Beziehungsgestaltung zu Kindern, Eltern, Teammitgliedern und weiteren Beteiligten, sondern ebenso auf die Ar-

Führung und Leitung 30 www.WALHALLA.de 1 beitsbeziehung zur Nachwuchskraft. Prägend sind dabei die eigene pädagogische Haltung und die berufliche Identität sowie die Normen und Werte ebenso wie die Kompetenz der Selbstreflexivität. Hilfreich ist hier, sich als Praxisanleiter oder Praxisanleiterin selbst an dieser Position zu fragen: 1. Wann hat mich im Leben jemand geführt? Welches Vorbild gab es für mich? Welche Personen waren mir nah und fördernd? Welche Personen waren eher fern und hindernd? 2. Wo habe ich selbst schon einmal geführt? Wo liegen hier meine Erfahrungen? Was war hier von Bedeutung? 3. Welche Gründe haben mich zu meinem Berufswunsch geführt? 4. Könnten diese Erfahrungen meine berufliche Situation als Praxisanleitung beeinflussen, und wenn ja, wie? Rückblick in die eigene KiTa-Zeit Meine Erinnerungen an die eigene KiTa-Zeit: → Was habe ich am liebsten gemacht? → Was haben die Erzieherinnen und Erzieher mit uns gemacht? → Woran kann ich mich überhaupt noch erinnern? Rückblick in die eigene Ausbildungszeit Meine Erinnerungen an meine Ausbildungszeit: → Mit wem habe ich in der Ausbildung in der KiTa zusammengearbeitet? Mit wem hatte ich zu tun? → Wie habe ich mich gefühlt, am Anfang und am Ende? → Welche Erwartungen hatte ich an meine Mentorin/meinen Mentor? Wurden diese erfüllt? In welcher Beziehung standen wir zueinander? → Welche Erfahrungen habe ich gemacht (– und +)? → Wie habe ich den Wechsel von der Schülerin oder dem Schüler zu der oder dem Auszubildenden wahrgenommen? Gab es hier für mich einen Unterschied?

1.2 Auszubildende in der pädagogischen Praxis professionell anleiten 31 www.WALHALLA.de 1 Im Pilotprojekt wurde an dieser Stelle den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bewusst, dass sie selbst eine große Verantwortung tragen und welche Grenzen und welchen Vorbildcharakter sie hier einnehmen. Intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Werten, Normen und Rollen ist für eine gelingende Ausübung in der Praxisanleitung unabdingbar. Eine gute Praxisanleiterin/ein guter Praxisanleiter kennt ihre/seine Rolle und nimmt sie wahr, kann Lernziele festlegen und kommunizieren. Die Praxisanleiterin/ein guter Praxisanleiter kennt ihre/seine Lernenden und plant eine angenehme, aktivierende Lernumgebung mit ausreichenden Zeitressourcen ein. Eine gute Praxisanleiterin/ein guter Praxisanleiter hat aktuelles pä-

Mentorenposition in der Praxis entwickeln – einführen – etablieren 126 www.WALHALLA.de 2 2.6 Mentoring-Tools für den gelingenden Umbruch In diesem Abschnitt werden Grundkenntnisse und Fertigkeiten angesprochen, die es braucht, um eine selbstsichere, kompetente Praxisanleitung anbieten zu können. Wenn ich mich selbst nicht kenne, kann ich kein gutes Vorbild abgeben. Es geht darum, lebenslanges Lernen zu leben, auf beiden Seiten. Diese Tools kann die Praxisanleitung an die Anzuleitende oder den Auszubildenden weitergeben. Um sich selbst gut auf die herausfordernden, neuen Wege vorbereiten zu können, gilt es, den Blick auf folgende Punkte zu richten: 1. Bestimmen Sie Ihren eigenen Standort. 2. Welche Gegebenheiten wollen/müssen/können Sie annehmen? 3. Wagen Sie den Mutausbruch zu neuen Ufern. 4. Machen Sie sich Ihre Haltung bewusst. 5. Stärken Sie Ihren Selbstwert. 6. Wie können Sie Ihr Potenzial (Ihre Werte, Ihre Haltung) ins Team bringen? Die aktuelle Zeit schüttelt jede Einzelne und jeden Einzelnen ordentlich durch. Informationen, Abläufe, Absprachen usw. sind schnell nicht mehr gültig oder verändert. Jede und jeder von uns ist gefordert, schnell, flexibel und kompetent auf die neuen Herausforderungen zu reagieren und sie im besten Fall im Vorfeld zu erkennen, um gut agieren zu können. Dies ist aufgrund von Schnelllebigkeit und schnell eintretenden Veränderungen kaum möglich. Es ist daher ratsam, mit dem eigenen Handwerkszeug gut für sich zu sorgen. Die besten Voraussetzungen dafür sind: ▪▪ Bei sich selbst bleiben. ▪▪ Sich der eigenen Ressourcen bewusst sein. ▪▪ Im offenen und ehrlichen Austausch mit anderen sein. ▪▪ Die eigenen Grenzen erkennen, achten und erweitern.

2.6 Mentoring-Tools für den gelingenden Umbruch 127 www.WALHALLA.de 2 2.6.1 Den eigenen Standort bestimmen Um sich neuen Herausforderungen stellen zu können, ist es wichtig, sich seines eigenen Standpunktes klar zu werden. Stellen Sie sich folgende Fragen, notieren Sie sich wichtige Gedanken und Impulse. (Eigene Darstellung) Nutzen Sie diese Übungen auch an weiteren Tagen. Stellen Sie sich immer wieder die abgebildeten Fragen. Sie werden erkennen, dass Sie je nach Tagesform, Arbeitsaufkommen usw. unterschiedliche und auch gleiche Gedanken und Impulse notieren. Dies ist hilfreich, um bei sich selbst zu bleiben und so die Veränderungen transparent und umsetzbar werden zu lassen.

Mentorenposition in der Praxis entwickeln – einführen – etablieren 128 www.WALHALLA.de 2 2.6.2 Wollen – Können – Müssen Der erste Schritt ist bereits getan. Ebenso ist nun auch von großer Wichtigkeit, sich den eigenen Grenzen bzw. der Frage nach dem „Warum drückt mir etwas auf dem Magen?“ bzw. „Warum kreisen Gedanken in meinem Kopf?“ zu nähern. Stellen Sie sich die drei Fragen in der folgenden Abbildung. Sie dürfen diese Fragen Ihrem beruflichen Kontext widmen, d. h., welchen beruflichen Anforderungen Sie gerecht werden können/müssen/ wollen, aber auch Ihrem privaten Bereich, d. h., welchen privaten Anforderungen Sie gerecht werden können/müssen/wollen. ▪▪ Wo liegen im beruflichen wie auch im privaten Kontext Möglichkeiten zur Entfaltung und zur Eingrenzung vor? ▪▪ Welchen Gegebenheiten, Vorgaben, Zwängen etc. sind Sie ausgesetzt? ▪▪ Wo entdecken Sie Spiel- und Handlungsräume für sich selbst? (Eigene Darstellung)

2.6 Mentoring-Tools für den gelingenden Umbruch 129 www.WALHALLA.de 2 Ziehen Sie ein Fazit: ▪▪ Wo erkennen Sie Schnittstellen? Werfen Sie einen Blick auf Ihre Notizen aus den ersten beiden Übungen. ▪▪ Wo gelangen Sie an Grenzen, wenn Sie Ihre Herzensangelegenheit mit den Anforderungen in Verbindung bringen? ▪▪ Wie fest ist Ihre Basis und, sollte Ihre Basis wackelig sein, an welchen Anforderungen können Sie etwas ändern, damit sie sich wieder festigt? 2.6.3 Den Mutausbruch wagen Mut aufbringen und etwas Neues zu wagen bedeutet, sich aus seiner Komfortzone heraus zu begeben. Man verlässt seine Sicherheiten, gewisse Annehmlichkeiten und Gewohnheiten, um Neues zu entdecken, auszuprobieren und sich selbst und seine Ressourcen weiterzuentwickeln. Es ist nicht leicht, einen Aufbruch zu wagen, aber doch lohnenswert. Wichtig ist, die intrinsische Motivation, den Willen bzw. die Erkenntnis in sich zu tragen, dass eine Veränderung nun ansteht und die eigene Komfortzone vielleicht an einigen Stellen etwas unbequem geworden ist. Wenn Sie sich mit Ihrer Anforderung intensiv beschäftigt haben, könnte es sein, dass Sie gerade das Gefühl haben, etwas ändern zu wollen, weil es nicht mehr zu Ihnen, zu Ihrem Herzensprojekt passt. Dieses Gefühl oder auch das Streben nennt man den „Bounceforward-Effekt“. Dieser Effekt verändert das System (beruflich wie auch privat) nachhaltig. Es entsteht ein neues Gleichgewicht, eine neue Funktionalität und eine neue Chance. Es gibt eine Weiterentwicklung, d. h. man kann langfristig gestärkt aus Krisen hervorgehen. Es handelt sich um das Gefühl des Geschützt-/Gestützt-/Gestärktseins. Das Ziel des „Bounce-forwardEffekts“ ist eine kontinuierliche Anpassung an neue Bedingungen. Diesen Anpassungen muss sich jeder in der aktuellen Zeit stellen können. Widmen Sie sich den Fragen in der folgenden Abbildung und erweitern Sie Ihre Komfortzone.

Mentorenposition in der Praxis entwickeln – einführen – etablieren 130 www.WALHALLA.de 2 Eigene Darstellung in Anlehnung an das Distanzzonenmodell nach Hall Ziehen Sie ein Fazit: ▪▪ Haben Sie weitere Erkenntnisse über sich, Ihre Gedanken und Ihr Handeln sammeln können? ▪▪ Haben Sie ein Aha-Erlebnis gehabt? ▪▪ Inwieweit deckt sich Ihr jetziger Aufschluss mit den Gedanken aus der ersten Übung? ▪▪ Ist Ihre Herzensangelegenheit einen möglichen Aufbruch wert? Oder gibt es sogar eine Eingebung, dass Sie in einer anderen Richtung unterwegs sind? ▪▪ Oder befinden Sie sich bereits in einem Aufbruch? Wenn ja, in welcher Zone bewegen Sie sich? 2.6.4 Die eigene Haltung erkennen Auf dem Weg in die Veränderung bzw. in der sich ständig verändernden Zeit ist es elementar, sich der eigenen Haltung bewusst

2.6 Mentoring-Tools für den gelingenden Umbruch 131 www.WALHALLA.de 2 zu sein. Die eigene Haltung zu erkennen, bedeutet, mehr Handlungsoptionen zur Verfügung zu haben. Welche Haltung jeder und jedem Einzelnen zur Verfügung steht, hängt meist davon ab, welche Ressourcen und Kompetenzen vorhanden und trainiert worden sind. Eine neue Haltung birgt immer auch eine andere Wirklichkeitswahrnehmung. Das bedeutet, dass ein äußerer Wandel auch immer einen inneren Wandel mit sich bringt. Der Beginn einer Veränderung ist immer mit Druck verbunden, welcher die Wirkung hat, die Haltung zu erweitern und sich mit den inneren und äußeren Widersprüchen und Ansprüchen auseinanderzusetzen. Darauf folgt der Wunsch nach der eigenen Entwicklung. Setzen Sie sich mit Ihrer Haltung auseinander. Es gibt drei Phasen der Entwicklung einer Haltung: (Eigene Darstellung) Stellen Sie sich zu den drei Phasen folgende Fragen:

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