Ansprüche kennen und geltend machen: Vor, während und nach der Behandlung Ralf Hauner Ihre Patientenrechte im Gesundheitswesen 2., aktualisierte Auflage Mit den neuen Regelungen der ePA für alle
| 5 Inhaltsverzeichnis Ihre Patientenrechte kennen ................................................. 8 Abkürzungen........................................................................... 10 1. Allgemein geltende Patientenrechte............................... 13 Altersspezifische Besonderheiten........................................... 14 Behinderung............................................................................ 14 Chronische Erkrankung.......................................................... 16 Digitale Gesundheitsanwendungen........................................ 18 Gemeinsamer Bundesausschuss. ............................................ 19 Geschlechtsspezifische Besonderheiten ................................ 20 Interessenvertretung der Patienten ....................................... 21 Lebensbedrohliche Krankheit ................................................ 22 Medizinischer Dienst.............................................................. 27 Menschenwürdige Behandlung. ............................................. 45 Patientenbeauftragter............................................................. 46 Patientenberatung.................................................................. 47 Patientenunterlagen............................................................... 49 Patientenverfügung................................................................ 52 Religiöse Bedürfnisse ............................................................. 54 Solidarität ............................................................................... 55 Datenschutz und Sozialgeheimnis.......................................... 55 2. Ihre Rechte gegenüber Ärzten........................................... 57 Ärztliche Behandlung ............................................................ 58 Arztwahl................................................................................. 62 Aufklärungs- und Informationspflichten des Arztes ............ 65 Behandlungsfehler und Konsequenzen ................................. 68 Fachärztliche Behandlung ..................................................... 78
6 | Hausarztbehandlung............................................................... 80 IGeL-Leistungen..................................................................... 83 Medikationsplan..................................................................... 87 Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ............... 89 Notfallbehandlung.................................................................. 91 Terminservicestellen.............................................................. 93 Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln................... 95 Wiedereingliederung in das Arbeitsleben .............................. 96 Zweitmeinung......................................................................... 99 3. Ihre Rechte bei stationärer Behandlung......................... 103 Anspruch auf Krankenhausbehandlung................................. 104 Begleitpersonen für Kinder..................................................... 111 Entlassmanagement................................................................ 112 Hospizbehandlung.................................................................. 114 Palliativversorgung................................................................ 120 Rehabilitation......................................................................... 124 Soziotherapie.......................................................................... 128 Übergangspflege im Krankenhaus......................................... 131 4. Ihre Rechte gegenüber Apotheken................................... 133 Anspruch auf Arzneimittel..................................................... 134 Festbeträge.............................................................................. 140 Pflichten der Apotheker gegenüber den Patienten ................ 141 5. Ihre Rechte gegenüber Krankenkassen.......................... 143 Belastungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung..... 144 Bearbeitungsfristen................................................................ 160 Familienversicherung............................................................. 161
| 7 Gesundheitskarte als Nachweis der Krankenkassenzugehörigkeit ................................................. 165 Krankenkassenwahlrecht....................................................... 169 Wahlrecht zwischen Sachleistungen und Kostenerstattung.. 172 Elektronische Patientenakte................................................... 176 6. Stichwortverzeichnis............................................................. 181
8 | Vorwort Ihre Patientenrechte kennen Ein Begriff, der immer wieder in der Gesundheitsdebatte auftaucht, ist der „mündige Patient“. Hierbei handelt es sich nicht etwa um ein Fabelwesen, sondern um einen wichtigen Terminus in der Debatte über Patientenrechte und Entscheidungshoheiten. Er spielt häufig eine Rolle, wenn der Dialog zwischen Patient und Arzt thematisiert wird. Aktuell tritt diese Formulierung vor allem im Zusammenhang mit der viel besprochenen Digitalisierung des Gesundheitswesens in den Vordergrund. Grund genug, sich mit dem mündigen Patienten und den Patientenrechten einmal genauer zu befassen. Ein „mündiger Patient“ ist in der Lage, selbstbestimmt über die zentralen Belange der eigenen Gesundheit zu entscheiden. Diese Stärkung des Patienten-Selbstverständnisses, der Patientenrechte und -befugnisse kann auch als „Empowerment“ beschrieben werden. Dieses Empowerment erfordert auch, dass der zu Behandelnde über Optionen und Konsequenzen gesundheitlicher Entscheidungen informiert ist und sich die, in diesem Zusammenhang ebenfalls häufig genannte, Gesundheitskompetenz aneignet. Gleichzeitig soll der Patient gesundheitsbewusste Entscheidungen treffen – sowohl im Alltag als auch bei ärztlichen Eingriffen wie einer Operation oder der Wahl einer Behandlungsmethode. Somit basiert eine „mündige“ Entscheidung im Optimalfall auf dem Zusammenspiel aus Entscheidungsfreiheit, ärztlicher Beratung und dem Grundverständnis des Patienten für Gesundheitsthemen (Gesundheitskompetenz). Ein Patient kann nur dann mündig handeln, wenn alle diese Voraussetzungen erfüllt sind. Um eine mündige Entscheidung treffen zu können, ist es für Sie wichtig, sowohl die entsprechenden Patientenrechte zu kennen und zu wissen, welche Ansprüche Ihnen gegenüber den Leistungserbringern (z. B. Ärzten, Krankenhäusern, Apotheken usw.) zustehen, als auch Ihre Rechte gegenüber der Krankenkasse, u. a. beim Thema Unterstützung bei Verdacht auf einen ärztlichen Behandlungsfehler, wahrzunehmen.
1 1. Allgemein geltende Patientenrechte Altersspezifische Besonderheiten................................................. 14 Behinderung.................................................................................. 14 Chronische Erkrankung................................................................ 16 Digitale Gesundheitsanwendungen.............................................. 18 Gemeinsamer Bundesausschuss.................................................... 19 Geschlechtsspezifische Besonderheiten ....................................... 20 Interessenvertretung der Patienten ............................................. 21 Lebensbedrohliche Krankheit ...................................................... 22 Medizinischer Dienst..................................................................... 27 Menschenwürdige Behandlung..................................................... 45 Patientenbeauftragter................................................................... 46 Patientenberatung......................................................................... 47 Patientenunterlagen...................................................................... 49 Patientenverfügung....................................................................... 52 Religiöse Bedürfnisse ................................................................... 54 Solidarität ..................................................................................... 55 Datenschutz und Sozialgeheimnis................................................ 55
14 | Allgemein geltende Patientenrechte 1 Altersspezifische Besonderheiten Die Leistungsansprüche der Versicherten werden nicht durch ihr Alter beeinträchtigt. § 2b SGB V bestimmt, dass von den Krankenkassen altersspezifischen Besonderheiten Rechnung zu tragen ist. Leistungen dürfen nicht aufgrund des Lebensalters von Versicherten abgelehnt werden. Diese Regelung gilt auch für die Ansprüche im Krankenhaus. Wenn versucht wird, ältere Versicherte aus der gesetzlichen Krankenversicherung hinauszudrängen, dann ist dies ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes. Eine gesetzliche Krankenkasse darf sich nicht weigern, ein neues Mitglied aufzunehmen, dies wird auch Kontrahierungszwang genannt. Ein Krankenkassenwechsel ist für jeden gesetzlich Versicherten immer möglich. Praxis-Tipp: Sollten Sie der Meinung sein, dass Sie eine Leistung wegen Ihres Altes nicht erhalten haben, dann wenden Sie sich direkt an Ihre Krankenkasse und/oder den Patientenbeauftragten. Bei Beschwerden gegen die Krankenkasse selbst wenden Sie sich an das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS). Es führt die Rechtsaufsicht über die bundesunmittelbaren gesetzlichen Kranken- sowie die Renten- und Unfallkassen: Bundesamt für Soziale Sicherung Friedrich-Ebert-Allee 38 53113 Bonn Tel.: 02 28/6 19-0 www.bundesamtsozialesicherung.de Auch ein Blick in das Impressum der Homepage der jeweiligen Krankenversicherung lohnt. Dort ist die zuständige Aufsichtsbehörde des Landes aufgeführt. Behinderung Nach § 2a SGB V ist den besonderen Belangen behinderter Menschen Rechnung zu tragen. Das gilt sowohl im Vorfeld der Leistungsinan-
Behinderung | 15 1 spruchnahme (z. B. beim Aufsuchen der Krankenkasse) als auch bei der Leistungsgewährung selbst. Die Leistungsträger sind nach § 17 Abs. 1 SGB I verpflichtet, darauf zu achten, dass jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen erhält, nämlich ■ in zeitgemäßer Weise, ■ umfassend und ■ zügig. Der Zugang zu den Sozialleistungen muss möglichst einfach gestaltet werden, insbesondere durch Verwendung allgemein verständlicher Antragsvordrucke. Ausdrücklich vorgeschrieben ist auch, dass die Verwaltungs- und Dienstgebäude der Sozialleistungsträger frei von Zugangs- und Kommunikationsbarrieren sind und Sozialleistungen in barrierefreien Räumen und Anlagen ausgeführt werden. Nach § 17 Abs. 2 SGB I haben hörbehinderte Menschen das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, Gebärdensprache zu verwenden. Die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger (z. B. eine gesetzliche Krankenkasse) sind verpflichtet, die durch die Verwendung der Gebärdensprache und anderer Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen. Allgemein wird im gesamten Sozialrecht der Behindertenbegriff des § 2 SGB IX verwendet. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre ■ körperliche Funktion, ■ geistige Fähigkeit oder ■ seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen. Schwerbehindert sind Menschen, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 vorliegt. Voraussetzung ist, dass sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz rechtmäßig in Deutschland haben.
16 | Allgemein geltende Patientenrechte 1 Chronische Erkrankung Nach § 2a SGB V ist den besonderen Belangen chronisch kranker Menschen Rechnung zu tragen. In den Chroniker-Richtlinien des G-BA wird näher definiert, wer als chronisch krank gilt: In § 1 Abs. 2 dieser Richtlinien wird bestimmt, dass die Feststellung, wonach Versicherte an einer schwerwiegenden chronischen Krankheit leiden, von der Krankenkasse getroffen wird. § 2 der Richtlinien beschäftigt sich mit dem Begriff der schwerwiegenden chronischen Krankheit. Zunächst heißt es hier, dass eine Krankheit im Sinne des § 62 SGB V ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand ist, der Behandlungsbedürftigkeit zur Folge hat. Eine Krankheit ist schwerwiegend chronisch, wenn sie wenigstens ein Jahr lang mindestens einmal pro Quartal ärztlich behandelt wurde (Dauerbehandlung). Außerdem muss eines der folgenden Merkmale vorhanden sein: ■ Es liegt Pflegebedürftigkeit des Pflegegrads 2 bis 5 nach dem SGB XI vor. ■ Es liegt ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 60 oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 60 Prozent vor. Der GdB bzw. die MdE müssen zumindest auch durch die obige Krankheit (Dauerbehandlung) begründet sein. ■ Es ist eine kontinuierliche Behandlung der Gesundheitsstörung erforderlich (ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung, Arzneimitteltherapie, Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln), ohne die nach ärztlicher Einschätzung eine lebensbedrohliche Verschlimmerung, eine Verminderung der Lebenserwartung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität zu erwarten ist. Die Dauerbehandlung wird durch eine ärztliche Bescheinigung nachgewiesen. In dieser werden die dauerbehandelte Krankheit und die kontinuierlichen Behandlungserfordernisse angegeben. In den Richtlinien wird darauf hingewiesen, dass zum Beleg für den Grad der Behinderung (GdB), die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) und den Pflegegrad des Versicherten die entsprechenden bestandskräftigen amtlichen Bescheide in Kopie vorzuliegen haben. Die
Chronische Erkrankung | 17 1 Krankheit muss in dem Bescheid zum GdB oder zur MdE als Begründung aufgeführt sein. Die weitere Dauer der chronischen Behandlung ist der Krankenkasse jeweils spätestens nach Ablauf eines Kalenderjahres nachzuweisen und vom Medizinischen Dienst (MD), soweit erforderlich, zu prüfen. Die jährliche Bescheinigung darf nur ausgestellt werden, wenn ein Arzt ein therapiegerechtes Verhalten des Versicherten feststellt. Ein solches therapiegerechtes Verhalten liegt beispielsweise bei Teilnahme an einem strukturierten Behandlungsprogramm nach § 137f SGB V (Disease-Management-Programm) vor. Versicherte, denen das Erfüllen der Voraussetzungen nicht zumutbar ist, sind davon ausgenommen. Unzumutbarkeit liegt insbesondere bei Bestehen von Pflegebedürftigkeit der Pflegegrade 2 bis 5 nach dem SGB XI oder bei einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 60 vor. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien. § 3 der Chroniker-Richtlinie bestimmt, dass der Arzt durch Ausstellung einer Bescheinigung bestätigt, dass sich Arzt und Patient über das weitere Vorgehen in Bezug auf eine Therapie verständigt haben und ein therapiegerechtes Verhalten des Patienten vorliegt. Ausgenommen von der Notwendigkeit der Feststellung des therapiegerechten Verhaltens sind – neben den vorstehend bereits aufgeführten Personen – Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Wichtig: Eine chronische Erkrankung kann Auswirkungen auf die Höhe Ihrer Zuzahlungen haben (siehe hierzu auch Kapitel 5, Stichwort: „Zuzahlungen“). Disease-Management-Programme Disease-Management-Programme (DMP) sind leitliniengeprüfte Programme und stellen für die Ärzte und Patienten konkrete Behandlungsleitlinien dar. Ziel ist es, die Versorgung der Patienten zu verbessern, und der Arzt agiert hier als Lotse im Rahmen der Behandlungskoordination.
Ansprüche kennen und durchsetzen Von Patienten wird erwartet, dass sie mündige Entscheidungen treffen können. Doch das setzt voraus, dass sie ihre Patientenrechte kennen und wissen, welche Ansprüche ihnen gegenüber Leistungserbringern zustehen und welche Rechte sie gegenüber der Krankenkasse wahrnehmen können. · Welchen Arzt darf man im Notfall aufsuchen? · Welche Informationspflichten hat der Arzt? · Wer unterstützt bei Verdacht auf einen ärztlichen Behandlungsfehler? · Welche Leistungen bezahlen die Krankenkassen? · Wann sind Zuzahlungen selbst zu tragen? · Welche Rechte gelten nach einem Krankenhausaufenthalt? · Wer darf Sozialdaten verarbeiten und nutzen? Vor dem Hintergrund der Digitalisierung des Gesundheitswesens gibt der Autor einen Überblick über digitale Anwendungen wie den elektronischen Medikationsplan oder die elektronische Patientenakte. Ralf Hauner ist Krankenkassenbetriebswirt, Dozent und Fachautor. WISSEN FÜR DIE PRAXIS • VERSTÄNDLICH • ANWENDUNGSORIENTIERT • MIT PRAXIS-TIPPS
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