Das aktuelle Erbrecht

Erbfolge – Testament – Steuern Malte B. Bartsch Das aktuelle Erbrecht DNWXDOLVLHUWH $XʴDJH Jahressteuergesetz: Neue Bewertung für Erbfälle ab 01.01.2023

Wie plane ich meinen Nachlass? Jede Lebenssituation ist anders. Dieser Ratgeber greift typische familiäre Konstellationen auf und beantwortet grundlegende erbrechtliche Fragen: · Testament, Erbvertrag oder gesetzliche Erbfolge? · :DQQ ZLUG GHU 3ʴLFKWWHLO HUJ¦Q]W RGHU ZLH NDQQ HU EHVFKU¦QNW ZHUGHQ" · Was wird aus dem digitalen Nachlass (z. B. Social-Media-Accounts, Online-Konten)? · Wie hoch ist die Erbschaftsteuer? · :HOFKH $XVZLUNXQJHQ KDW GLH (XURS¦LVFKH (UEUHFKWVYHURUGQXQJ" (UEHQ ʳQGHQ DX¡HUGHP ,QIRUPDWLRQHQ ]X (UEVFKHLQ 7RWHQI¾UVRUJH 6FKXOGHQ haftung und Ausschlagung. 3UD[LV 7LSSV %HUHFKQXQJVEHLVSLHOH )RUPXOLHUXQJVKLOIHQ XQG &KHFNOLVWHQ HUOHLFKtern die Umsetzung. Malte B. Bartsch 0%$ LVW 5HFKWVDQZDOW )DFKDQZDOW I¾U (UEUHFKW XQG *HSU¾IWHU :HUWHUPLWWOHU I¾U ,PPRELOLHQ (,$ (UIROJUHLFKHU )DFKDXWRU XQG 'R]HQW www.WALHALLA.de ,6%1 ȵ >'@ :,66(1 )ž5 ',( 35$;,6 • 9(567†1'/,&+ • $1:(1'81*625,(17,(57 • 0,7 35$;,6-7,336

Dieses E-Book enthält den Inhalt der gleichnamigen Druckausgabe, sodass folgender Zitiervorschlag verwendet werden kann: Malte B. Bartsch, Das aktuelle Erbrecht Walhalla Fachverlag, Regensburg 2023 Hinweis: Unsere Werke sind stets bemüht, Sie nach bestem Wissen zu informieren. Alle Angaben in diesem Werk sind sorgfältig zusammengetragen und geprüft. Durch Neuerungen in der Gesetzgebung, Rechtsprechung sowie durch den Zeitablauf ergeben sich zwangsläufig Änderungen. Bitte haben Sie deshalb Verständnis dafür, dass wir für die Vollständigkeit und Richtigkeit des Inhalts keine Haftung übernehmen. September 2023 WALHALLA Digital: Mit den WALHALLA E-Books bleiben Sie stets auf aktuellem Stand! Auf www.WALHALLA.de finden Sie unser komplettes E-Book-Angebot. Klicken Sie doch mal rein! Wir weisen darauf hin, dass Sie die gekauften E-Books nur für Ihren persönlichen Gebrauch nutzen dürfen. Eine entgeltliche oder unentgeltliche Weitergabe oder Leihe an Dritte ist nicht erlaubt. Auch das Einspeisen des E-Books in ein Netzwerk (z. B. Behörden-, Bibliotheksserver, Unternehmens-Intranet) ist nur erlaubt, wenn eine gesonderte Lizenzvereinbarung vorliegt. Sollten Sie an einer Campus- oder Mehrplatzlizenz interessiert sein, wenden Sie sich bitte an den WALHALLA-E-Book-Service unter 0941 5684-0 oder walhalla@walhalla.de. Weitere Informationen finden Sie unter www.walhalla.de/b2b. 22., aktualisierte Auflage © Walhalla u. Praetoria Verlag GmbH & Co. KG, Regensburg Dieses E-Book ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert, vervielfältigt oder verbreitet werden. Bestellnummer: 4171600

 | 5 Inhaltsverzeichnis Vorwort....................................................................................... 11 Richtig erben und vererben..................................................... 11 1. Ihre Rechte bei gesetzlicher Erbfolge............................. 19 Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten.............................. 20 Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten................................. 25 Das Erbrecht des eingetragenen Lebenspartners................... 32 Das gesetzliche Erbrecht des nichtehelichen Kindes.............. 33 Der Erbverzicht. ...................................................................... 35 Die EU-Erbrechtsverordnung.................................................. 36 Checkliste: Gesetzliche Erbfolge............................................ 39 2. Ihre Rechte bei letztwilligen Verfügungen................... 41 Das Testament......................................................................... 42 Der Erbvertrag......................................................................... 68 Nichtigkeit und Anfechtung von Testament und Erbvertrag. 72 Wohin mit dem Testament?.................................................... 73 Der Pflichtteil.......................................................................... 74 Stundung des Pflichtteils........................................................ 85 Checkliste: Letztwillige Verfügungen.................................... 86 3. Weitere Vorsorgemöglichkeiten......................................... 89 Prüfen Sie die Angebote.......................................................... 90 Schenkungen........................................................................... 90 Lebensversicherungen............................................................ 92 Bankverfügungen................................................................... 93 Vollmachten............................................................................ 96

6 | Der Wert des Nachlasses......................................................... 98 Der digitale Nachlass.............................................................. 101 Rechtsschutzversicherung...................................................... 104 4. Wie der Fiskus kassiert.......................................................... 105 Erbschaftsteuer und Freibeträge............................................ 106 Weitere Steuerbefreiungen. .................................................... 107 Der Versorgungsfreibetrag. .................................................... 109 Steuertarife und Steuersätze.................................................. 109 Bewertung und Begünstigung des Grundvermögens............. 110 Bewertung und Begünstigung von Betriebsvermögen........... 115 Freibeträge mehrfach nutzen.................................................. 116 Die Banken müssen melden.................................................... 117 Auch der Notar muss melden.................................................. 117 Zugewinnausgleich bleibt schenkungsteuerfrei..................... 118 Checkliste: Erbschaftsteuer.................................................... 119 5. Alleinstehende ohne Abkömmlinge................................. 121 Wann sollten Sie ein Testament machen?.............................. 122 Werden Ihre Eltern Alleinerben?............................................ 122 Ist es sinnvoll, im Testament Vermächtnisse auszusetzen?... 123 Wo sollten Sie Ihr Testament hinterlegen?............................. 123 Checkliste: Was Sie tun können.............................................. 124 6. Alleinstehende mit Abkömmlingen.................................. 125 Haben Sie an die Zuwendungen zu Lebzeiten gedacht?......... 126 Welchen Anspruch haben nichteheliche oder adoptierte Kinder?.................................................................................... 126 Wie ist die Rechtslage bei Pflege- und Stiefkindern?............. 127 Was ist mit Erbschaftsteuer und Freibetrag?.......................... 128

 | 7 Checkliste: Was Sie tun können.............................................. 128 7. Verheiratete ohne Abkömmlinge...................................... 129 Wird Ihr Ehegatte Alleinerbe?................................................ 130 Wie vermeiden Sie Familienzwist?......................................... 130 Was wird aus dem Hausgrundstück?...................................... 131 Welche Vorteile hat das gemeinschaftliche Testament?........ 132 Wie hoch ist der Pflichtteil der Eltern?................................... 133 Wie hoch sind die Freibeträge?............................................... 133 Wie verringert sich der Nachlass?........................................... 134 Checkliste: Was Sie tun können.............................................. 135 8. Verheiratete mit Abkömmlingen....................................... 137 Wie wird der Nachlass aufgeteilt?........................................... 138 Miterbengemeinschaft: Problematisch?................................. 139 Können Sie Pflichtteilsansprüche vermeiden?....................... 141 Wann ist ein Testamentsvollstrecker zu benennen?.............. 141 Welche Ausgleichspflichten gelten bei Vorempfängen?......... 142 Checkliste: Was Sie tun können.............................................. 143 9. Nichteheliche Lebensgemeinschaft................................. 145 Wer steht bei gesetzlicher Erbfolge an erster Stelle?.............. 146 Wie können Sie Ihren Lebensgefährten beim Nachlass berücksichtigen?..................................................................... 148 Welche Rechte hat der eingetragene Lebenspartner?............ 148 Welche Ansprüche haben Abkömmlinge?.............................. 149 Sind Sie noch verheiratet?....................................................... 150 Was verlangt der Fiskus?......................................................... 151 Wie können Sie vorsorgen?..................................................... 151 Checkliste: Was Sie tun können.............................................. 152

8 | 10. Ihre Rechte als Erbe............................................................... 153 Hilft das Nachlassgericht?...................................................... 154 Sind Schulden vererbbar?........................................................ 155 Müssen Sie eine Erbschaft annehmen?................................... 156 Wie können Sie die Haftung auf den Nachlass beschränken?. 157 Können Sie die Ausschlagung einer Erbschaft später anfechten?............................................................................... 160 Brauchen Sie einen Erbschein?............................................... 160 Wer hat die Totenfürsorge?..................................................... 163 Können Sie Auskunft verlangen?............................................ 165 Checkliste: Was Sie tun können.............................................. 166 11. Den Pflichtteil verringern.................................................... 167 Auf den Pflichtteil verzichten................................................. 168 Anrechnung lebzeitiger Schenkungen................................... 168 Anrechnung von Schenkungen auf die Pflichtteilsergänzung............................................................. 169 Rechtzeitig schenken.............................................................. 170 Nachträglich ein Gehalt gewährt............................................ 170 Den Kaufpreis für das Eigenheim verrenten........................... 171 Das Konto umwandeln............................................................ 171 Lebensversicherung: Am Nachlass vorbei.............................. 172 Den Güterstand ändern........................................................... 172 Erneute Heirat......................................................................... 172 Adoption................................................................................. 173 12. Die Haftung des Erben für Sozialleistungen................. 175 Der Sozialhilferegress............................................................. 176 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld/Bürgergeld............................. 176

 | 9 Arbeitslosengeld I................................................................... 176 Sozialhilfe............................................................................... 177 Grundsicherung...................................................................... 177 BAföG...................................................................................... 177 Rückforderung der Sozialhilfe vom Erben.............................. 178 Rückforderung bei Schenkung zu Lebzeiten.......................... 178 Stichwortverzeichnis............................................................. 179

| 11 Richtig erben und vererben Über viele Jahre und Auflagen hinweg gab es in den Vorworten zu diesem Büchlein eine verlässliche Konstante: den Hinweis darauf, dass in Deutschland kaum noch vorstellbare Summen vererbt werden – in nur wenigen Jahren mehrere Billionen Euro (Betriebsvermögen außen vor gelassen). Dieses Mal kommt es zur Zäsur: Die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer sind seit jahrelangem Anstieg erstmals im Vergleich zum Vorjahr gesunken, wie das Statistische Bundesamt am 18.07.2023 mitteilte. Die Summe sank um rund 10 Prozent, was 8,1 Milliarden Euro entspricht. Die Einnahmen aus der Schenkungsteuer hingegen sind um satte 56,7 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro gestiegen. Denken Sie also rechtzeitig an die Regelung Ihrer Erbangelegenheiten und schieben Sie die notwendigen Schritte nicht auf! Sorgen Sie möglichst bald für Klarheit, was nach Ihrem Ableben mit Ihren Gütern geschehen soll. Sie ersparen vor allem Ihren Hinterbliebenen viel Kummer. Der Aufbau dieses Ratgebers hat sich bewährt: Zuerst werden die Grundsätze des Erbrechts anschaulich erläutert und anschließend anhand typischer familiärer Konstellationen dargestellt. Dies soll den Leserinnen und Lesern die Möglichkeit geben, umgehend Antworten auf die Fragen zu finden, die sie besonders interessieren. Ihre Rechte im Erbfall Dieses Buch weicht von der sonst üblichen Darstellungsweise ab, indem es von der Lebenssituation des Lesers ausgeht und hieraus Rat zu geben versucht. Es wird aufgezeigt, welche Konsequenzen die jeweilige Lebenssituation hat, wenn Sie nichts tun und die gesetzliche Erbfolge eintreten lassen, und Sie erfahren, welche Möglichkeiten Sie haben, diese Konsequenzen mit welchem Ergebnis zu vermeiden. Das alles finden Sie insbesondere in den Kapiteln 5 bis 9. In den vorangehenden Kapiteln werden einige Grundsätze unseres Erbrechts dargestellt, ohne die man die letzten Kapitel nicht verstehen kann. Dies ist keine vollständige Darstellung und kann es auch nicht sein; sie kann nur einen Überblick der Problematik geben, sollte Sie aber

12 | in die Lage versetzen, Ihre rechtliche Situation im Erbfall richtig einzuschätzen. Wenn es um schwierige Einzelheiten geht, wenn größere Vermögen zu vererben sind, oder wenn Sie sich – aus welchen Gründen auch immer – in einer ungewöhnlichen familiären Situation befinden, müssen Sie ohnehin ergänzenden Rat einholen. In einem solchen Fall sollten Sie die damit – zugegebenermaßen – verbundenen Kosten nicht scheuen: Ein verunglücktes Testament ist viel teurer, denn es beschäftigt Anwälte und Gerichte und kann die Familie entzweien. Das gesetzliche Erbrecht gilt, soweit Sie nicht durch Testament oder Erbvertrag anderes bestimmen (gewillkürte Erbfolge). Sie haben es somit in der Hand, durch „letztwillige Verfügungen“ andere Ergebnisse durchzusetzen. Vererbt wird, was zum Nachlass gehört. Das sollten insbesondere Ehegatten bedenken, die vermeiden wollen, dass das Vermögen des Längerlebenden einem vorzeitigen, übermäßigen Zugriff der Kinder ausgesetzt wird. Noch etwas: Ohne gewisse Grundbegriffe kommt man in einer so komplizierten Materie nicht aus. Für den Juristen sind Begriffe wie Erblasser, Pflichtteil, Nachlass, letztwillige Verfügung etc. unentbehrlich, weil sie einen bestimmten Sachverhalt präzise und nachvollziehbar umschreiben. Dem Nichtjuristen ist es überaus lästig, sich mit diesen Vokabeln vertraut machen zu müssen. In diesem Büchlein wird versucht, den Gebrauch dieser Begriffe so weit wie möglich einzuschränken; völlig auf sie zu verzichten, ist beim besten Willen nicht möglich. Die wichtigsten von ihnen sind im Vorspann aufgeführt und kurz erläutert. Das Erbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gilt in ganz Deutschland. Nach der Wiedervereinigung kam es aber zu einigen Besonderheiten, die für die neuen Länder galten. Diese Eigenheiten verlieren immer mehr an Bedeutung, weshalb sie – wenn überhaupt – nur noch am Rande erwähnt werden. Bei weitem wichtiger: Seit dem 17.08.2015 gilt die Europäische Erbrechtsverordnung mit gravierenden Auswirkungen! Malte B. Bartsch, MBA

| 13 Schnell zum richtigen Themenschwerpunkt Der folgende Gesamtüberblick soll Ihnen den Weg zu den Fragen, die Sie besonders interessieren, erleichtern. Ihre Rechte bei gesetzlicher Erbfolge Dieses Kapitel erläutert vor allem, wer erbt, wenn Sie keine letztwillige Verfügung hinterlassen, das heißt, wenn Sie ohne Testament oder Erbvertrag versterben. Das sollte unbedingt vermieden werden, insbesondere wenn Sie keine Abkömmlinge (Kinder oder Kindeskinder) haben. Es können sich unerwünschte Folgen ergeben! Was Sie besonders interessiert ■■ Wer gehört zu den Verwandten und wer erbt? ■■ Was erhält der überlebende Ehegatte und wie wirkt sich der Güterstand auf den Erbanteil (Erbquote) aus? Was gilt bei Scheidung? ■■ Was gilt für nichteheliche Kinder, nachdem sich die Rechtslage insbesondere durch ein 1998 in Kraft getretenes Gesetz geändert hat? ■■ Kann ein gesetzlicher Erbe auf seinen Erbteil verzichten? Ihre Rechte bei letztwilligen Verfügungen In diesem Kapitel geht es um das Testament und was man mit ihm regeln kann. Was Sie besonders interessiert ■■ Was bedeuten Erbeinsetzung, Teilungsanordnung, Vermächtnis, Auflage, Vor-, Nach-, Schluss- und Ersatzerbe, Testamentsvollstreckung? ■■ Privates und notarielles Testament. Vor- und Nachteile: Sonderformen wie das gemeinschaftliche und das „Berliner“ Testament ■■ Der Erbvertrag und seine Bindungen ■■ Wer hat Anspruch auf den Pflichtteil? Wie wird er berechnet, wann verjährt er?

14 | Nutzen Sie weitere Vorsorgemöglichkeiten! Es gibt weitere Möglichkeiten, für den Todesfall vorzusorgen und den Hinterbliebenen damit das (Über-)Leben zu erleichtern. Was Sie besonders interessiert ■■ Schenkungen zu Lebzeiten können besondere Freude bereiten und zudem Steuern sparen. Aber: Können Sie sich die Schenkung wirklich leisten? ■■ Lebensversicherungen, Bankverfügungen und Vollmachten können für die Planung genutzt werden. ■■ Bitte immer daran denken: Sie können nur verteilen, was Ihnen gehört. Anders ausgedrückt: Sind Sie Alleineigentümer der Vermögenswerte? Oder gehört dem überlebenden Gatten ohnehin die Hälfte des Hauses? Wie der Fiskus kassiert Die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist schon in der Vergangenheit immer wieder geändert worden. Das am 01.01.2009 in Kraft getretene Reformgesetz brachte weitere wesentliche Neuerungen mit sich, die durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz zum 01.01.2010 schon wieder korrigiert worden sind (Stichwort: Unternehmensnachfolge). Auch die bisher vergleichsweise günstige Bewertung von Immobilien gehört der Vergangenheit an; hier sei insbesondere das Jahressteuergesetz 2022 erwähnt. Zwar wäre es übertrieben, zu behaupten, das gesamte System der Erbschaftsteuer sei umgekrempelt worden, doch es hat sich einiges deutlich geändert – und ist durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 (Az. 1 BvL 21/12) abermals teilweise als verfassungswidrig erklärt worden. Was Sie besonders interessiert ■■ die Reform der Erbschaftsteuer und das Wachstumsbeschleunigungsgesetz ■■ Grundsätze der Erbschaftsteuer und die Freibeträge

24 | Ihre Rechte bei gesetzlicher Erbfolge 1 † Onkel Otto † Eltern Ursulas Tante Traute 1/3 † Erblasserin Ursula Tante Thea 1/3 Carla 1/6 Claudia 1/6 3. Ordnung 2. Ordnung 1. Ordnung 2. Ordnung 3. Ordnung † Großeltern Ursulas Cousin Claus Wichtig: Nicht zu den Verwandten, die durch das gesetzliche Erbrecht begünstigt werden, gehören Angeheiratete (Schwiegersohn und -tochter, Schwiegereltern, Schwager und Schwägerin sowie deren Verwandte), Stief- und Pflegekinder oder auch der nichteheliche Lebensgefährte. Ausgleich für Pflegeleistungen Hat ein Abkömmling den Erblasser während längerer Zeit gepflegt, kann er hierfür bei der Auseinandersetzung unter den Miterben im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge einen Ausgleich beanspruchen (§ 2057a BGB). Bis Ende 2009 wurde zusätzlich verlangt, dass der Abkömmling wegen der Pflege auf berufliches Einkommen verzichtet hat; diese Voraussetzung ist mit der Reform des Erbrechts Anfang 2010 entfallen. Die Pflege ist (im Zweifel) auch auszugleichen, wenn der Erblasser ein Testament hinterlassen und die Abkömmlinge in Höhe ihrer gesetzlichen Erbteile eingesetzt hat (§ 2052 BGB). Beispiel: Der Nachlass beträgt 100.000 EUR; ein Testament hat der verwitwete Erblasser nicht hinterlassen. Er wird beerbt von seinen beiden Söhnen

110 | Wie der Fiskus kassiert 4 Steuerpflichtiger Wert in EUR bis … % in Steuerklasse I II III Tarifstufen alt = neu bis 31.12. 2008 bis 31.12. 2009 ab 01.01. 2010 alt (bis 31.12. 2008) neu (ab 01.01. 2009) Altes Recht Neues Recht 52.000 75.000 7 12 30 15 17 30 256.000 300.000 11 17 30 20 23 30 512.000 600.000 15 22 30 25 29 30 5.113.000 6.000.000 19 27 30 30 35 30 12.783.000 13.000.000 23 32 50 35 41 50 25.565.000 26.000.000 27 37 50 40 47 50 darüber 30 40 50 43 50 50 Die Höhe der Erbschaftsteuer richtet sich nach dem steuerpflichtigen Erwerb (nach Abzug des Freibetrags) und der Steuerklasse. Wichtig: Wenn Sie erben, entscheidet über die Höhe Ihres steuerpflichtigen Erwerbs Ihre Erbquote (auch wenn Sie mit den Miterben beschlossen haben, ganz anders zu verteilen, was möglich ist). Das muss bei Verhandlungen zur Verteilung des Nachlasses berücksichtigt werden. Bewertung und Begünstigung des Grundvermögens Mit der vergleichsweise günstigen Bewertung und Besteuerung von Immobilien ist es vorbei. Bisher unterlagen Grundstücke und Eigentumswohnungen meist nur in Höhe von 60 Prozent ihres Verkehrswerts der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Die Bewertung ist in den §§ 176 bis 197 des Bewertungsgesetzes (BewG) geregelt. Dabei wird unterschieden zwischen bebauten und unbebauten Grundstücken, wobei es auch Regelungen zu Sonderfällen gibt (z. B. Erbbaupacht).

168 | Den Pflichtteil verringern 11 Auf den Pflichtteil verzichten Ein Abkömmling kann durch Vertrag mit dem künftigen Erblasser auf den Pflichtteil verzichten. Das muss geschehen durch einen notariellen Vertrag. Meist gewährt der Erblasser eine Gegenleistung; dem Abkömmling ist die frühzeitige Zahlung lieber, als den Todesfall abzuwarten. Wichtig: Verzichtet wird vernünftigerweise nur auf den Pflichtteil, nicht aber auf den Erbteil. Der Verzicht auf den Erbteil erhöht die Erb- und Pflichtteile der übrigen Abkömmlinge bzw. gesetzlichen Erben. Der Erbteil kann durch Testament entzogen werden, so dass der Pflichtteilsverzicht regelmäßig ausreichend ist. Anrechnung lebzeitiger Schenkungen Wer zu Lebzeiten Vermögenswerte unentgeltlich auf die Kinder überträgt, sollte klarstellen, dass dies „unter Anrechnung auf den Pflichtteil“ geschieht. Nur wenn der Schenkende dies vor oder spätestens bei der Schenkung erklärt, kann es später berücksichtigt werden (§ 2315 Abs. 1 BGB). Der Beschenkte soll selbst entscheiden können, ob er die Schenkung zu Lebzeiten unter diesen Umständen annimmt (siehe auch nachfolgenden Abschnitt). Die Erklärung, die Schenkung sei auf den Pflichtteil anzurechnen, kann formlos geschehen; sie muss dem Beschenkten aber zugegangen und im Erbfall nachweisbar sein. Wer es richtig machen will, müsste sich eine entsprechende Erklärung vom Beschenkten unterschreiben lassen, die dann in den Unterlagen für die Erben abzuheften wäre. Auch ein Brief oder der Hinweis auf einem Überweisungsträger kann genügen, wenn der Empfang nachweisbar ist.

Anrechnung von Schenkungen auf die Pflichtteilsergänzung | 169 11 Anrechnung von Schenkungen auf die Pflichtteilsergänzung Anders ist es nur, wenn ein Pflichtteilsberechtigter einen finanziellen Ausgleich beansprucht für lebzeitige Schenkungen durch den Erblasser an andere Personen. Beispiele: ■■ Witwe W hat zwei Kinder. Sie wurde von ihrer Tochter T bis an ihr Lebensende gepflegt; der Sohn hat sich nicht sehen lassen. W hat die T deshalb durch Testament zur Alleinerbin bestimmt. Kurz vor ihrem Tod überschreibt W ihr Grundstück auf die Tochter. Dadurch ist der Nachlass praktisch leer. Wenn das Grundstück noch vor dem Tod der W auf die Tochter umgeschrieben wurde, gehört es nicht zum Nachlass. Der Sohn könnte aber einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen. Der Pflichtteilsanspruch des Sohnes berechnet sich dann so, als ob das Grundstück nicht verschenkt worden wäre. Auf die Pflichtteilsergänzung, nicht auf den Pflichtteil, muss sich der Fordernde anrechnen lassen, was er selbst als Geschenk erhalten hat. Das gilt (nur in diesem Fall!) auch, wenn bei der Schenkung keine Anrechnung angeordnet worden ist (siehe oben). ■■ Im vorigen Beispiel erhielt der Sohn vor 20 Jahren selbst 20.000 EUR von seiner Mutter. Diese Summe muss er sich auf die Pflichtteilsergänzung anrechnen lassen. Dabei spielt es keine Rolle, wann die Schenkung erfolgte! Die 20.000 EUR von damals sind sogar um die Kaufkraftverluste zu bereinigen (indexieren), so dass sich der damalige Betrag signifikant erhöhen kann; aus 20.000 EUR im Januar 2003 werden bis Januar 2023 beispielsweise 29.120 EUR. Je länger der Schenkungszeitpunkt zurückliegt, desto höher fällt der anzurechnende Betrag aus. ■■ Witwer W hatte sein umfangreiches Grundstück zu Lebzeiten dem S, seinem einzigen Abkömmling, geschenkt. Später hatte er sich mit S zerstritten und deshalb seine Nichte N zur Alleinerbin eingesetzt. Ein halbes Jahr vor seinem Tod hat er seine umfangreichen Sparguthaben

170 | Den Pflichtteil verringern 11 durch Vereinbarungen mit seiner Bank auf seine Nichte übertragen, mit Wirkung zum Todesfall. Der Nachlass ist leer, weil die Sparguthaben, wenn es richtig vereinbart wurde, durch „Vertrag zugunsten Dritter“ unmittelbar auf die N übergehen. N erhält die Werte als Schenkung, nicht als Erbschaft. Bis zu seinem Tod kann W nach Belieben über die Werte verfügen; N ist auf das gesetzt, was beim Tod noch übrig ist. Aber: S muss sich auf seine Pflichtteilsergänzung den Wert des Grundstücks, bereinigt um die Inflationsrate, anrechnen lassen. Rechtzeitig schenken Wer es sich leisten kann, sollte schon zu Lebzeiten Vermögenswerte verschenken, denn was verschenkt wurde, gehört nicht mehr zum Nachlass. Vergehen zwischen der Schenkung und dem Tod mehr als zehn Jahre, gibt es bei der Pflichtteilsergänzung keinen Ausgleich. Das Alles-oder-Nichts-Prinzip gehört seit 01.01.2010 der Geschichte an; seither gilt das sogenannte Abschmelzungsmodell des § 2325 Abs. 2 BGB. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn die Schenkung auch erfüllt worden ist. Beim Grundstück ist das die Umschreibung des Grundbuchs. Und: Die Frist läuft nicht, wenn sich der Schenker den Nießbrauch am Grundstück vorbehält. Auch andere Rechte, die sich der Schenker vorbehält, können den Fristlauf unter Umständen hemmen (zu denken wäre z. B. an ein Wohnungsrecht). Bei Schenkungen unter Eheleuten beginnt die Frist ebenfalls erst mit Auflösung der Ehe (§ 2325 Abs. 3 Satz 3 BGB). Nachträglich ein Gehalt gewährt Jede berechtigte Forderung gegen den Nachlass verringert das vererbte Vermögen und damit auch den Pflichtteil. Die Rechtsprechung hat es in Einzelfällen beispielsweise anerkannt, wenn der verstorbene Ehemann seiner Frau, die jahrelang im selben Betrieb des Mannes beschäftigt war, nachträglich ein Gehalt gewährt hat.

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