Stellenbeschreibung für den öffentlichen und kirchlichen Dienst

Stellenbeschreibung für den öffentlichen und kirchlichen Dienst Annett Gamisch · Thomas Mohr Nach TVöD, TV-L, TV-H, TV-V, AVR, BAT-KF Praxis-Handbuch mit Musterformulierungen DNWXDOLVLHUWH $XʴDJH

Eingruppierungen erfolgreich vorbereiten! Die Stellenbeschreibung steht im Zentrum des Eingruppierungsrechts im öffentlichen und kirchlichen Dienst. Sie ist unerlässliche Grundlage für die tarifgerechte Ein- gruppierung nach den Entgeltordnungen von Bund, Ländern und Kommunen bzw. den Eingruppierungsbestimmungen des kirchlichen Dienstes. Zugleich stellt sie ein wichtiges Organisations- und Führungsmittel für die personalwirtschaftliche Arbeit dar. Anhand eines Formularmusters für die Praxis wird erklärt, wie tarifkonforme Stellenbeschreibungen aufgebaut werden und welche Angaben notwendig sind. BeispielsStellenbeschreibungen und weitere Formulierungsvorschläge helfen bei der erfolgreichen Einführung von Stellenbeschreibungen in der Organisation des Arbeitgebers. Zudem wird auf folgende Themen eingegangen: • 7DULʴLFKH 9RUJDEHQ ]XU %HVFKUHLEXQJ YRQ 6WHOOHQ • 9HUIDKUHQ 'DXHU XQG .RVWHQ GHU (QWZLFNOXQJ YRQ 6WHOOHQEHVFKUHLEXQJHQ • Hinweise zur Beschreibung der auszuübenden Tätigkeiten • Sicherstellung der Aktualität von Stellenbeschreibungen • Rechte der Arbeitnehmervertretungen „Klar formuliert und begrüßenswert praxisorientiert.“ Arbeit und Arbeitsrecht Annett Gamisch, Diplom-Betriebswirtin (BA) für öffentliche Wirtschaft; Trainerausbildung; langjährige Erfahrung in der Eingruppierung und Stellenbeschreibung für den öffentlichen und kirchlichen Dienst; Geschäftsführerin des Instituts für PersonalWirtschaft (IPW) GmbH in Fulda, das den öffentlichen und kirchlichen Dienst schult und personalwirtschaftlich berät. Thomas Mohr, Ass. jur., Studium der Rechtswissenschaft mit Schwerpunkt Öffentliches Recht, Referent für Tarifrecht des Instituts für PersonalWirtschaft (IPW) GmbH in Fulda, langjährige Erfahrung als Berater in Eingruppierungsfragen und in der Erstellung von Stellenbeschreibungen und -bewertungen für den öffentlichen und kirchlichen Dienst. ISBN 978-3-8029-1605-2 € 32,95 [D] • AKTUELL • PRAXISGERECHT • 9(567†1'/,&+ WISSEN FÜR DIE PRAXIS www.walhalla.de

Schnellübersicht 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 Grundlage für erfolgreiches Personalmanagement Abkürzungen 7 9 Einführung 13 Vorteile der Stellenbeschreibung 27 Nachteile und Risiken der Stellenbeschreibung 43 Die Entwicklung und Einführung von Stellenbeschreibungen 47 Sicherstellen der Aktualität von Stellenbeschreibungen 85 Tarifliche Vorgaben zur Beschreibung von Stellen 93 Der Aufbau einer tarifkonformen Stellenbeschreibung 149 Die tarifkonforme Sprache 171 Die Arbeit mit vorhandenen Stellenbeschreibungen 211 Die Rechte der Arbeitnehmervertretung 217 Literaturverzeichnis 229

7 www.WALHALLA.de Grundlage für erfolgreiches Personalmanagement Über Sinn und Unsinn von Stellenbeschreibungen wurde und wird viel diskutiert. In Zeiten des Fachkräftemangels stehen eher Fragen des erfolgreichen Recruitings im Vordergrund. Wozu dann über Stellenbeschreibungen nachdenken? Egal um welche Personalmanagementfrage es geht, Basis sind die zu erledigenden Aufgaben und Strukturen in der Dienststelle bzw. im Betrieb. Diese Informationen liefert die Stellenbeschreibung. Im öffentlichen und kirchlichen Dienst steht die Stellenbeschreibung aber vor allem im Fokus, wenn es um Eingruppierungsfragen geht. Die Rechtsprechung zur Eingruppierung der letzten Jahre zeigt, dass sich auch die Arbeitsrichter (verstärkt) mit dem Instrument auseinandersetzen. Die Entscheidungen machen deutlich: Tarifkonforme Stellenbeschreibungen sind heute wie in Zukunft Voraussetzung für jede Eingruppierung. Innerhalb kurzer Zeit legen wir die 12. Auflage unseres Praxis-Handbuchs vor. Wir freuen uns, dass die Praktiker unser Buch so wohlwollend aufgenommen haben. Arbeitgeber des öffentlichen und kirchlichen Dienstes müssen in jedem Fall die tarif(vertrag)lichen Rahmenbedingungen und Vorgaben beachten. Das gilt für alle Eingruppierungen nach dem TVöD-VKA als auch nach dem TV-L, TV-H und TVöD-Bund. Für die Spartentarifverträge des öffentlichen Dienstes (wie z. B. TV-V und TV-WW/NW) sowie kirchliche Regelwerke (z. B. die Anlagen 30 ff. AVR.Caritas) gilt kein anderer, niedrigerer Standard. In bewährter Praxis verzichten wir weiterhin auf Theoriedebatten, um den praktischen Fragen genügend Raum zu geben. Wir wollen Praktiker des öffentlichen und kirchlichen Dienstes auf die Fallstricke hinweisen, die von Stellenbeschreibungen drohen, die ausschließlich unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten verfasst oder „vermarktet“ werden. Zugleich haben wir eine Lücke in der Literatur geschlossen, da dieses Thema in der Vergangenheit fast ausschließlich aus Sicht der Betriebswirtschaftslehre bzw. Arbeits- und Organisationspsychologie behandelt wurde. Die Ausblendung der rechtlichen Rahmenbedingungen führt zu vermeidbaren, aber kostenintensiven Fehlern in der Praxis.

8 www.WALHALLA.de Unseren Lesern möchten wir eine schnelle und zuverlässige Hilfe an die Hand geben. Ausschließlich im Interesse der Lesefreundlichkeit verwenden wir die männliche Sprachform. Annett Gamisch Thomas Mohr

1 Einführung 1. Sinn und Unsinn der Stellenbeschreibung........................ 14 2. Der Unterschied zur Arbeitsplatzbeschreibung............... 16 3. Das Funktionsdiagramm: Keine Alternative zur Stellenbeschreibung........................................................... 20 4. Die Stellenbeschreibung und ihre Aufgaben................... 22

Einführung 14 www.WALHALLA.de 1 1. Sinn und Unsinn der Stellenbeschreibung Über das Für und Wider, den Sinn und Unsinn von Stellenbeschreibungen wird viel gestritten: Für Kritiker sind sie ein bürokratischer und kostenintensiver Aufwand, der den Wandel im Unternehmen behindert und sonstige Nachteile mit sich bringt (siehe z. B. Gerlach, S. 71). Bei sich immer schneller verändernden Organisationen und Prozessen hätten sie deshalb ausgedient; Unternehmen könnten „sich heute zunehmend weniger den Luxus leisten, ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen nur das zu erlauben, was in deren Stellenbeschreibung festgelegt ist“ (Arnold, S. 6). Die Befürworter entgegnen, dass Stellenbeschreibungen nach wie vor ein unerlässliches Organisations- und Führungsmittel in der betrieblichen Praxis darstellen (siehe z. B. Umfrageergebnisse in Ulmer, S. 19 ff.). Gerade vor dem Hintergrund des permanenten Wandels – wir sprechen vom „Lebenslangen Lernen“ (vgl. § 5 Abs. 1 TVöD/TVL/TV-H) – sei es besonders wichtig, mit diesem Instrument zu arbeiten. Stellenbeschreibungen sollen Tätigkeiten nicht „zementieren“, sondern selbstständiges Arbeiten des Mitarbeiters ermöglichen (vgl. Knebel/Schneider, S. 11 ff.; Schwarz, S. 25 ff.). Dabei verbindet diese gegensätzlichen Meinungen regelmäßig ein gemeinsamer Aspekt: Stellenbeschreibungen werden (fast) ausschließlich aus Sicht der Betriebswirtschaftslehre bzw. Arbeits- und Organisationspsychologie betrachtet. Dementsprechend ist in Dienststellen der staatlichen Verwaltung regelmäßig nicht der Personal-, sondern der Organisationsbereich sachlich zuständig. Nur am Rande wird erwähnt, dass Stellenbeschreibungen für die Bestimmung des Arbeitsentgelts erheblich sein können. Praxis-Tipp: Im Anwendungsbereich des TVöD/TV-L/TV-H und vergleichbarer Regelungen ist dieser Gesichtspunkt aber entscheidend für das gesamte Verfahren der Stellenbeschreibung, Stellenbewertung und letztlich für die Ermittlung der korrekten Eingruppierung. Die Gedanken kreisen stattdessen regelmäßig um Fragen der Organisation, indem Stellenbeschreibungen in einem Atemzug mit Organisations- und Stellenbesetzungsplänen genannt werden. Ins-

1. Sinn und Unsinn der Stellenbeschreibung 15 www.WALHALLA.de 1 besondere bei der Neubesetzung von Arbeitsplätzen sind sie ein Thema. Vor diesem Hintergrund hat sich auch das BAG mit dem Begriff grundlegend auseinandergesetzt und festgestellt: BAG vom 31.01.1984 Eine Stellenbeschreibung legt die Funktion einer bestimmten Stelle innerhalb des betrieblichen Geschehens fest. Sie definiert die Aufgabe und die Kompetenz der Stelle und beschreibt, welche Tätigkeiten im Einzelnen zur Erfüllung dieser Aufgabe verrichtet werden müssen. Sie ist damit Teil der Organisation des betrieblichen Arbeitsablaufs, indem sie festlegt, an welcher Stelle welche Arbeit zu verrichten ist. Sie ist Teil der Personalplanung, indem die Gesamtheit der Stellenbeschreibungen ausweist, wie viel Personal benötigt wird. (BAG 31.01.1984, 1 ABR 63/81, AP Nr. 3 zu § 95 BetrVG 1972) Auch die aktuelle Rechtsprechung greift nach wie vor auf diese grundlegende Rechtsprechung zurück, siehe z. B. BAG 14.01.2014, 1 ABR 49/12, AP Nr. 10 zu § 94 BetrVG 1972. Viele Unternehmen bzw. Verwaltungen betreiben aber (noch) keine systematische Personalentwicklung. Vor diesem Hintergrund wird die Meinung vertreten, Stellenbeschreibungen seien nur sinnvoll, wenn das Unternehmen bzw. die Dienststelle eine bestimmte Größe erreicht, zum Beispiel mehr als 50 Mitarbeiter beschäftigt (vgl. Schwarz, S. 233). Praxis-Tipp: Im Geltungsbereich des TVöD/TV-L/TV-H und vergleichbarer Regelungen gilt das nicht: Denn die Anwendung dieser Tarifverträge führt faktisch zur Pflicht, tarifkonforme Stellenbeschreibungen zu verwenden (siehe nähere Ausführungen dazu in Kapitel 6).

Einführung 16 www.WALHALLA.de 1 2. D er Unterschied zur Arbeitsplatzbeschreibung Dabei erinnert viele Praktiker allein schon der Begriff „Stellenbeschreibung“ an große Organisationseinheiten, formales Denken und Handeln sowie Bürokratie am Arbeitsplatz. Und so spiegelt sich die Zu- oder Abneigung in der gewählten Bezeichnung wider. Um den ungeliebten Begriff zu vermeiden, wird stattdessen von Positionsbeschreibung, job description, position guide, Arbeitsplatz- oder Funktionsbeschreibung, Pflichtenvorgabe bzw. -heft, Tätigkeits-, Aufgaben- oder Arbeitsbeschreibung gesprochen. Neuerdings tauchen Begriffe wie Stellenbild und Rollenprofil auf (vgl. Schwarz, S. 19 m. w. N.; Hofstetter, S. 14; Ulmer; Wilk, S. 60), die eine moderne Form der Umetikettierung sind. In der Praxis des öffentlichen und kirchlichen Dienstes haben sich diese Bezeichnungen nicht durchgesetzt. Mehrheitlich wird heute nach wie vor zu Recht von der Stellenbeschreibung gesprochen. In der Landes- und Bundesverwaltung wird demgegenüber der Begriff der Tätigkeitsdarstellung verwendet. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass sie auch personenbezogene Daten enthält (vgl. z. B. BMI-Formular, abrufbar unter der Rubrik „Praxisbeispiele“ unter: www.orghandbuch.de bzw. unter www.bmi.bund.de Rubrik Service/Rundschreiben unter dem Aktenzeichen D5-31003/2#4, Anlage 2). Allein der Begriff der Arbeitsplatzbeschreibung hat sich in der Praxis als Synonym zu dem der Stellenbeschreibung behaupten können. Auf Basis von Arbeitsplatzanalysen definiert die Arbeitsplatzbeschreibung die Anforderungen, die an einem Arbeitsplatz zu erfüllen sind. Dabei ist der Arbeitsplatz der Tätigkeitsbereich eines Mitarbeiters. So enthält die Arbeitsplatzbeschreibung im Wesentlichen diese Angaben: Bezeichnung des Arbeitsplatzes, Name und Dienstrang des Arbeitsplatzinhabers, organisatorische Eingliederung, Stellvertreterregelung, Ziele, Aufgaben und Befugnisse sowie Anforderungen an den Aufgabenträger (Mitarbeiter) und besondere Belastungen am Arbeitsplatz mit Beurteilungsmaßstäben (vgl. Eichhorn, Stichwort: Arbeitsplatzbeschreibung; mit der von uns vorgeschlagenen Verbindung der Stellenbeschreibung mit der Gefährdungsbeurteilung). Wesentliche Elemente der Stellenbeschreibung sind damit auch in der Arbeitsplatzbeschreibung enthalten. Unterschiede bestehen im

2. Der Unterschied zur Arbeitsplatzbeschreibung 17 www.WALHALLA.de 1 Personenbezug: Die Stellenbeschreibung ist ein personenunabhängiges, organisationsbezogenes Dokumentationsmittel. Die Arbeitsplatzbeschreibung enthält hingegen personenbezogene Angaben (Name und Dienstrang des Arbeitsplatzinhabers) und informiert über besondere Belastungen, denen der Arbeitsplatzinhaber im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung ausgesetzt ist (als Ergebnis der arbeitswissenschaftlichen Untersuchungen). Wir verwenden in unserer Praxis bewusst den Begriff der Stellenbeschreibung, der grundsätzlich durch die Literatur aus betriebswirtschaftlicher Sicht definiert und durch das BAG konkretisiert wurde. Definition: Stellenbeschreibung Eine Stellenbeschreibung ist die verbindliche, schriftliche, personenunabhängige Fixierung der organisatorischen Eingliederung einer Stelle im Hinblick auf: ▪▪ Ziele ▪▪ Aufgaben ▪▪ hierarchische Einordnung ▪▪ Kompetenzen ▪▪ Beziehungen zu anderen Stellen Definition: Stelle Unter einer Stelle versteht man die „kleinste organisatorische Handlungs- und zugleich Dispositions-, Planungs-, Kontroll- und meist örtliche Einheit, der im Rahmen der Gesamtorganisation (…) auf Dauer ein bestimmter Aufgabenkomplex oder Aufgabenbereich zur selbstständigen Erfüllung übertragen ist“ (Knebel/Schneider, S. 214). Mit dieser Definition wird der entscheidende Unterschied zur Aufgabenbeschreibung/job description deutlich gemacht, die lediglich eine Aufzählung der Aufgaben enthält: Die Stellenbeschreibung geht über diese Beschreibung von Tätigkeiten hinaus, indem sie auch die Beziehungen zu anderen Stellen darstellt. Dieser wichtige (theoretische) Unterschied wird in § 12 Abs. 1 Satz 2 AVR.Diakonie und § 32 Abs. 1 Satz 2 AVR.Bayern verkannt.

Einführung 18 www.WALHALLA.de 1 Dementsprechend enthält sie folgende Kernangaben: ▪▪ die Stellenbezeichnung des Stelleninhabers, der unmittelbaren Vorgesetzten, der direkt unterstellten Stellen ▪▪ eine Beschreibung der Tätigkeit des Stelleninhabers unter Berücksichtigung der zuvor genannten Kriterien (Aufgabenbeschreibung) ▪▪ eine Beschreibung der Art und des Umfangs der Aufgabengebiete, Verantwortung, Befugnisse und Arbeitskontrolle ▪▪ die Gültigkeit und Gültigkeitsdauer der Stellenbeschreibung ▪▪ evtl. Sondervereinbarungen ▪▪ Weisungsbefugnisse und Personalverantwortung ▪▪ spezielle und spezifische Befugnisse im Unternehmen/in der Dienststelle ▪▪ ggf. Tätigkeiten in Gremien und Ausschüssen usw. Diese können beispielsweise durch Anforderungsmerkmale ergänzt werden: ▪▪ Kompetenzen des Stelleninhabers (fachliche, soziale, methodische, persönliche) ▪▪ spezielle berufliche Qualifikationen (Ausbildungen, Fort- und Weiterbildungen usw.) Gemeinsam ist der Arbeitsplatz- und Stellenbeschreibung, dass der Arbeitsplatz bzw. die Stelle, nicht aber der Arbeitsplatz-/Stelleninhaber beschrieben wird. Wesentliche Bestandteile der Stellenbeschreibung Wesentliche Bestandteile der Arbeitsplatzbeschreibung Stellenbezeichnung Bezeichnung des Arbeitsplatzes Name des Arbeitsplatzinhabers Dienstrang des Arbeitsplatzinhabers Ziele Ziele Aufgaben Aufgaben Hierarchische Einordnung Organisatorische Eingliederung Stellvertretung Stellvertretung Befugnisse Befugnisse

2. Der Unterschied zur Arbeitsplatzbeschreibung 19 www.WALHALLA.de 1 Wesentliche Bestandteile der Stellenbeschreibung Wesentliche Bestandteile der Arbeitsplatzbeschreibung Kompetenzen (fachliche, soziale, methodische, persönliche) Anforderungen an den Aufgabenträger (Mitarbeiter) Spezielle/erforderliche berufliche Qualifikationen Besondere Belastungen am Arbeitsplatz mit Beurteilungsmaßstäben Die Stellenbeschreibung ist auf die einzelne Stelle bezogen und muss vom Mitarbeiter „auf der Stelle“, dem Stelleninhaber bzw. Stellenträger, unterschieden werden. In der Praxis bestehen allerdings Mischformen. So enthalten Stellenbeschreibungen im öffentlichen bzw. kirchlichen Dienst üblicherweise personenbezogene Angaben über den jeweiligen Mitarbeiter, wofür im Hinblick auf die Ermittlung der korrekten Eingruppierung zum einen gute – tarifrechtliche – Gründe sprechen; zum anderen kann die Stellenbeschreibung dann auch für eine gezielte Personalentwicklung (vgl. § 5 Abs. 3 TVöD/TV-L/TV-H/BAT-KF) eingesetzt werden. Praxis-Tipp: Vor diesem Hintergrund fällt der Stellenbeschreibung im öffentlichen und kirchlichen Dienst eine Doppelrolle zu: Sie ist einerseits ein Instrument der Organisation und andererseits Grundlage zur Ermittlung der korrekten Eingruppierung.

Einführung 20 www.WALHALLA.de 1 3. Das Funktionsdiagramm: Keine Alternative zur Stellenbeschreibung Die betriebswirtschaftliche Literatur ist nicht einheitlich. Sie verwendet die Begriffe Funktionen- und Funktionsdiagramm. In der Sache besteht aber kein Unterschied (vgl. z. B. Olfert/Rahn/Zschenderlein, Rn. 353; Knebel/Schneider, S. 182 f.). Funktionsdiagramme bilden ab, wie Aufgaben auf die einzelnen Stellen einer Organisation verteilt sind. Strukturbeispiel eines Funktionsdiagramms Aufgaben an der Aufgabenerfüllung beteiligte Stellen Stelle 1 Stelle 2 Stelle 3 Stelle 4 Stelle … Aufgabe 1 Aufgabe 2 Aufgabe 3 Aufgabe 4 Aufgabe … Welche Aufgabe (= Funktion) die einzelne Stelle dabei konkret wahrzunehmen hat, wird in den jeweiligen Zellen durch Aufgabenkürzel abgebildet: Kürzel Aufgabenstellung (= Funktion) P Planung (Entscheidungsvorbereitung) E Entscheidung EM Mitentscheidung EK Kollektiventscheidung (z. B. in Ausschüssen) EN Entscheidung im Normalfall EA Entscheidung im Ausnahmefall EG Grundsatzentscheidung A Ausführung AM Mitwirkung bei der Ausführung AV Ausführungsvorbehalt für wichtige Fälle K Kontrolle KE Ergebniskontrolle KV Verfahrenskontrolle (vgl. Schulte-Zurhausen, S. 571 ff.; Träger, S. 87)

3. Das Funktionsdiagramm 21 www.WALHALLA.de 1 Aus der Sicht der Organisationslehre wird regelmäßig gefragt, ob das Funktionsdiagramm nicht eine sinnvolle Alternative zur Stellenbeschreibung ist. In unserer Praxis stellen wir immer wieder fest, dass Praktiker (anwaltlichen) Beratern Funktionsdiagramme vorlegen und um die Prüfung der Eingruppierung bitten. Aus arbeits- und tarifrechtlicher Sicht muss klargestellt werden, dass diese keine Stellenbeschreibungen sind oder ersetzen können. Dementsprechend werden sie weniger zur Information der Beschäftigten, sondern vielmehr zur Darstellung der Verteilung der einzelnen Aufgaben auf Organisationseinheiten verwendet. Sie sind so vor allem ein Instrument für Organisatoren, um beispielsweise Organisations- und Stellenpläne zu erstellen. In diesem Zusammenhang können sie auch beim Verfassen von Stellenbeschreibungen helfen. Praxis-Tipp: Matrixförmige Funktionsdiagramme ersetzen keinesfalls (tarifkonforme) Stellenbeschreibungen. Sie stellen insbesondere keine Grundlage für korrekte Eingruppierungen dar. Es muss daher stets berücksichtigt werden, für welchen Zweck die Stellenbeschreibung verwendet werden soll.

Einführung 22 www.WALHALLA.de 1 4. Die Stellenbeschreibung und ihre Aufgaben Die Stellenbeschreibung als Organisationsmittel Sie ist zunächst ein Organisationsmittel des Arbeitgebers, der im Rahmen seiner unternehmerischen Freiheit (Art. 2, 12 GG) bzw. seines hoheitlichen Handelns (Art. 33 GG) bestimmt, welche Aufgaben er in welcher Organisationsform ausübt. Beispiel: Dementsprechend entscheidet er kraft seiner Organisationsgewalt, ob er höherwertige Tätigkeiten auf einer Stelle konzentrieren will, was zu einer höheren Eingruppierung führt, oder diese auf verschiedene Arbeitsplätze verteilt, um die Eingruppierung entsprechend niedriger zu halten. Diese organisatorische Entscheidung kann gezielt zur Personalentwicklung eingesetzt werden. So wird beispielsweise in Kommunalverwaltungen versucht, durch sogenannte Bürgerdienste bestimmte Tätigkeiten anzureichern und zu erweitern (sog. job enrichment und job enlargement), um die Arbeit interessanter zu gestalten und eine höhere Eingruppierung für den Mitarbeiter zu erzielen, um letztendlich dessen Zufriedenheit zu steigern. Vor diesem Hintergrund erfüllt die Stellenbeschreibung verschiedene Aufgaben: ▪▪ Eine Stellenbildung kann im Hinblick auf die aufbau- und ablauforganisatorischen Regelungen leichter vorgenommen werden. ▪▪ Sie dient der Personalplanung, insbesondere der Personaleinsatz- und -beschaffungsplanung. ▪▪ Die Stellenbeschreibung unterstützt die Planung auch im Hinblick auf alters- und leidensgerechte Arbeitsplätze für ältere und behinderte Mitarbeiter. ▪▪ Sie liefert die Informationen für interne sowie externe Ausschreibungen von Stellen, die Auswahl von Bewerbern oder den Inhalt von Personalauswahlverfahren (z. B. Assessment-Centern). Hervorzuheben ist, dass sie die Frage der Stellvertretung rechtssicher regelt.

4. Die Stellenbeschreibung und ihre Aufgaben 23 www.WALHALLA.de 1 Die Stellenbeschreibung als Führungsmittel Als Führungsmittel kann die Stellenbeschreibung eine wertvolle Grundlage für eine diskriminierungsfreie Stellenausschreibung, ergebnisorientierte Vorstellungsgespräche, die Arbeitsvertragsgestaltung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter sein. Ein wichtiger – tariflicher – Aspekt ist zudem seit 2005 deren Qualifizierung: TVöD/TV-L und TV-H gehören zu den ersten Tarifverträgen in einer volkswirtschaftlich wichtigen Branche, die Regelungen über die Fort- und Weiterbildung von Beschäftigten treffen (siehe § 5 TVöD/TV-L/TV-H). Die Beschäftigten haben gemäß § 5 Abs. 4 TVöD/TV-L/TV-H einen Anspruch auf ein regelmäßiges Gespräch mit der jeweiligen Führungskraft, in dem festgestellt wird, ob und welcher Qualifizierungsbedarf besteht. Sofern keine abweichende Vereinbarung gilt, muss dieses Gespräch jährlich geführt werden. Vor dem Hintergrund dieser neueren Rechtspflicht helfen Stellenbeschreibungen, das Gespräch vorzubereiten, durchzuführen und zu einem Ergebnis zu bringen. Das gilt entsprechend für die leistungsorientierte Bezahlung im TVöD/TV-L/TV-H (vgl. § 17 Abs. 2 TVöD/TV-L/TV-H; § 18 TVöD; § 6 Abs. 5, 6 TV-V; siehe auch § 34 AVR.Bayern). Unabhängig davon, ob sich die Betriebspartner für ein System von systematischen Leistungsbewertungen oder Zielvereinbarungen entscheiden, brauchen sie objektivierbare Grundlagen für die Bewertung der Leistung, einschließlich der durchzuführenden Mitarbeitergespräche (vgl. Gamisch/Mohr, StI; Richter/Gamisch, RiA 2008, S. 49 ff.). Ein weiterer Gesichtspunkt ist, dass Stellenbeschreibungen im Rahmen von Qualitäts-Management-Systemen oder aufgrund bankenrechtlicher Vorgaben eingesetzt werden (müssen). Gleichzeitig werden arbeitsrechtliche Pflichten der Arbeitgeber im Hinblick auf das Nachweisgesetz (vgl. § 2 NachwG) und Betriebsverfassungsgesetz (§ 81 BetrVG) erfüllt. Schließlich liefert die Stellenbeschreibung Informationen für die Abfassung von Arbeitszeugnissen gemäß § 109 GewO (vgl. § 35 TVöD/TV-L/TV-H; § 34 BAT-KF; § 37 AVR.Diakonie; AT § 20 AVR.Caritas).

Einführung 24 www.WALHALLA.de 1 Die Stellenbeschreibung als Instrument der Eingruppierung Über diese organisatorischen und personalwirtschaftlichen Funktionen hinaus ist die Stellenbeschreibung im öffentlichen und kirchlichen Dienst ein Instrument zur Ermittlung der Eingruppierung. Das Eingruppierungsrecht des TVöD-VKA macht – wie schon der BAT (§ 22) – mit der Vorschrift des § 12 TVöD-VKA die Einführung von Stellenbeschreibungen faktisch erforderlich, ohne ausdrückliche Vorgaben zu machen. Gleiches gilt für das Eingruppierungsrecht des TV-L, TV-H und TVöDBund, das mit § 12 TV-L/TV-H/TVöD-Bund ebenfalls im Wesentlichen die Regelungen des § 22 BAT übernommen hat (zum Eingruppierungsrecht des TV-L siehe Gamisch/Mohr, EG TV-L; zum TVöD-Bund siehe Gamisch/Mohr, EG TVöD-Bund; zum Eingruppierungsrecht des TVöD-VKA siehe Gamisch/Mohr, EG TVöD-VKA). Die Inhalte werden aber mittelbar über die tariflichen Regelungen festgelegt: So muss die Stellenbeschreibung zwingend Arbeitsvorgänge mit Zeitanteilen enthalten. Damit machen die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes die Einführung von Stellenbeschreibungen faktisch zur Arbeitgeberpflicht. Diese Feststellung gilt entsprechend für andere Spartentarifverträge des öffentlichen Dienstes (TV-V; TV-WW/NW) und vergleichbare Regelungen im kirchlichen Bereich (BAT-KF; AVR.Caritas). In § 12 Abs. 1 Satz 2 AVR.Diakonie und § 32 Abs. 1 Satz 2 AVR.Bayern wird dies seit 2007 ausdrücklich klargestellt. Eine Stellenbeschreibung kann aber nur dann als Eingruppierungsgrundlage genutzt werden, wenn sie die konkret auszuübenden Tätigkeiten ausreichend wiedergibt (vgl. BAG 30.11.2022, 4 AZR 195/22, AP Nr. 48 zu §§ 22, 23 BAT-O, ZTR 2023, S. 345 ff.; BAG 20.03.2024, 4 AZR 154/23, AP Nr. 49 zu §§ 22, 23 BAT-O, ZTR 2024, S. 506 ff.). Fordert zum Beispiel ein Tätigkeitsmerkmal bestimmte Fachkenntnisse, muss die Stellenbeschreibung ausreichende Bezüge/ Prüfpunkte dazu herstellen (vgl. BAG 21.03.2012, 4 AZR 292/10, AP Nr. 322 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG 16.11.2011, 4 AZR 773/09, AP Nr. 67 zu § 611 BGB-Kirchendienst; BAG 18.11.2015, 4 AZR 534/13 m. w. N., AP Nr. 61 zu § 1 TVG; BAG 10.06.2020, 4 AZR 142/19, Rn. 15, AP Nr. 3 zu § 12 TVöD, ZTR 2020, 528 ff.).

4. Die Stellenbeschreibung und ihre Aufgaben 25 www.WALHALLA.de 1 Praxis-Tipp: Fehlende Stellenbeschreibungen führen regelmäßig zu übertariflichen Eingruppierungen. In der Praxis ergänzen sich die dargestellten Funktionen von Stellenbeschreibungen: Die systematische Bewertung eines ganzen Unternehmens bzw. einer Dienststelle vermittelt über die Kenntnis der Wertigkeiten der auszuübenden Tätigkeiten hinaus auch Informationen über organisatorische Mängel in den Arbeitsabläufen, fragwürdige Hierarchiestufen oder die Wahrnehmung überflüssiger Arbeiten.

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